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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Autoren: Leif GW Persson
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sich. Es war ein gutes Zeichen. Wenn eine Frau in ihrem Essen herumstocherte, dann war das ein schlechtes Zeichen, in jeder Hinsicht.
    Sie waren in der Pause zwischen seinen beiden Vorlesungsstunden miteinander ins Gespräch gekommen. Sie hatten über die Traurigkeit gesprochen, die sich ganz natürlich einstellte, wenn man in Stockholm in einem Hotel wohnte, während man doch ein Leben, ein Zuhause und Freunde in Sundsvall hatte. Und dann waren sie zur Sache gekommen.
    »Wenn du am Freitagabend noch nichts Besseres vorhast, dann weiß ich ein sehr gutes Restaurant bei mir in der Nähe.« Johansson nickte zur Bestätigung und schaute in seinen weißen Kaffeebecher aus Kunststoff. Sein norrländischer Akzent machte sich etwas stärker bemerkbar als sonst.
    »Ich dachte schon, du würdest nie fragen. Wo, wann und wie?«
    Und jetzt saß sie da. Eine halbe Armlänge von ihm entfernt.
    Eigentlich müsste ich etwas über meine Einsamkeit sagen, dachte Johansson. Sie warnen, für den Fall, dass ich mich schrecklich in sie verliebe und sie sich in mich.
    »Pasta, Olivenöl, Basilikum, Tomaten, Krustentiere und ein paar Pilze. Was ist eigentlich an Reibekuchen und gebratenem Speck auszusetzen? Damit bin ich schließlich großgezogen worden.«
    Johansson nickte und ließ seine Gabel sinken.
    »Ich glaube, das weißt du. Sonst säße ich doch nicht hier.«
    Sie hatte ihre Gabel hingelegt und sah ziemlich begeistert aus.
    Na gut, dachte Johansson. Schüttelte den Kopf und hob sein Weinglas.
    »Ich hab nicht die geringste Ahnung. Ich bin nur ein schlichter Knabe vom Lande. Erzähl.«
     
     
    *
     
     
    Um sieben nach acht, nur zwei Minuten, nachdem sie sich auf den Alarm hin gemeldet hatten, erreichten Stridh und Oredsson den Schauplatz des Unglücks. Oredsson war auf den Bürgersteig gefahren, der sich parallel zum Valhallavägen oberhalb des Parkplatzes hinzog, und ehe er anhielt, schaltete er das Fernlicht ein. Einige Meter vor dem Wagen saß ein älterer Mann mit Schirmmütze und dunklem Mantel. Er wiegte den Oberkörper hin und her, in seinen Armen hielt er einen Hund, der aussah wie ein klein geratener Schäferhund, und er schien das Eintreffen der Polizei gar nicht zu bemerken. Etwa ein Dutzend Meter weiter, genau auf der Grenze zwischen dem Bürgersteig und dem mit Gras bewachsenen Hang, der zum nächstgelegenen Haus hoch führte, lag ein lebloser Körper. Eine Blutlache mit einem Radius von etwa einem halben Meter umgab seinen Kopf und funkelte im Scheinwerferlicht wie geschmolzenes Zinn.
    »Ich seh mal nach, ob er noch lebt.« Oredsson schaute Stridh fragend an und öffnete zugleich seinen Sicherheitsgurt.
    »Wenn es dir unangenehm ist, kann ich das auch übernehmen.« Stridh nickte mit einem gewissen Nachdruck. Schließlich war er hier ja der Chef.
    Oredsson schüttelte den Kopf und öffnete die Wagentür.
    »Ist schon gut. Ich habe wirklich schon Schlimmeres gesehen.«
    Stridh begnügte sich mit einem Nicken. Er fragte nicht, wo ein vierundzwanzig fahre alter Dienstanwärter solche Erfahrungen wohl gemacht haben konnte.
    Irgendwo musste es ja passiert sein. Als er sich einige Minuten später bei der Einsatzzentrale meldete, drückte er sich kurz und bündig aus, und seine Stimme klang nicht im Geringsten bewegt. Hier vor ihnen liege ein Toter, ein Krankenwagen sei deshalb nicht vonnöten. Die umfassenden Verletzungen und die Lage des Leichnams wiesen daraufhin, dass der Mann wohl aus einer der höher gelegenen Wohnungen im benachbarten Haus gesprungen oder gefallen sei. Es sei ein Hochhaus mit mindestens zwanzig Etagen, das Studentenwohnungen enthielt und aus unerfindlichen Gründen Nyponet, Hagebutte, genannt wurde. Es sei auch ein Zeuge zugegen. Ein älterer Mann, der mit seinem Hund unterwegs gewesen sei. Kollege Stridh spreche gerade mit ihm. Es wäre hervorragend, wenn jemand von der Kripo und jemand von der Spurensicherung kommen könnte, Oredsson werde dann das Gebiet um den Toten absperren lassen, weitere Verstärkung brauche er jedoch nicht.
    »Ja. So sieht’s hier aus«, endete Oredsson. Ich brauch denen ja wohl nicht auf die Nase zu binden, dass die Töle auch tot ist, dachte er.
     
     
    *
     
     
    Im Pausenzimmer auf der Wache saß Inspektor Bäckström und glotzte den Fernseher an; bisher war alles gut gegangen. Für einen Freitagabend war es ungewöhnlich ruhig, und als ein Einsatzkommando eine halbe Stunde zuvor einen Straßenboxer herein getragen hatte, hatte Bäckström die Gefahr rechtzeitig
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