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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Autoren: Leif GW Persson
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hatte auch schon die eine oder andere hinter sich, aber wenn es um Polizistinnen ging, dann gab es dabei eine Komplikation, die auf der Hand lag. Fast alle Polizistinnen waren mit Polizisten zusammen, und da in der Truppe auf jede Frau zehn Männer kamen, war der Druck von der Käuferseite her gigantisch und unersättlich. Johanssons ältester Bruder war Immobilienmakler und Autohändler. Er war reich, gerissen, ungebildet und vulgär, und er durchschaute Freund und Feind gleichermaßen. Einmal hatte Johansson ihn mit seiner schönen blonden Sekretärin aufgezogen. Na? Was da denn nun genau laufe?
    »Ich geb dir einen guten Rat«, hatte sein älterer Bruder mit ernster Miene gesagt. »Scheiß niemals an der Stelle, an der du frisst.«
    Höchste Zeit für einen so genannten Durchbruch, dachte Johansson. Das funktionierte auch bei Verbrechern, und nichts sprach dagegen, dass es auch bei einer stellvertretenden Kriminaldirektorin aus Sundsvall wirken könnte.
    »Etwas ganz anderes«, sagte Johansson und lächelte entspannt. »Wie geht es eigentlich deinem Freund? Den habe ich schon lange nicht mehr gesehen.«
    Sie reagierte gekonnt. Verbarg ihre Überraschung mit Hilfe ihres Weinglases. Schaute ihn an und lächelte dann mit leicht gerunzelter Stirn.
    »Dem geht es sicher sehr gut. Ich wusste gar nicht, dass ihr euch kennt.«
    »Hat er denn diese Stelle bekommen, um die er sich beworben hatte?«, fragte Johansson, der so schnell wie möglich wieder festen Boden unter den Füßen haben wollte.
    »Als stellvertretender Bezirkspolizeichef, meinst du?« Die Stirn war wieder glatt.
    Johansson nickte.
    »Die hat er im Sommer angetreten. Und fühlt sich absolut wohl dabei. Ich weiß nicht, ob es an der Entfernung zwischen Växjö und Sundsvall liegt … Ich kann nicht behaupten, dass unsere Beziehung dadurch neue Impulse erhalten hat, aber das war vielleicht auch nicht der Sinn der Sache.« Jetzt lächelte sie wieder.
    »Wir kennen uns nicht näher.« Johansson hob sein Glas. Wie kannst du es nur mit diesem Trottel aushalten?, dachte er.
     
    *
     
    Auf dem Bürgersteig unterhalb des Studentenwohnheims hatten Bäckström und Wiijnbladh ihre Untersuchungen energisch aufgenommen. Zuerst hatte Wiijnbladh einige Fotos gemacht, dann die Kamera sinken lassen und etwas Unhörbares in ein kleines Tonbandgerät genuschelt, während Bäckström die Kleidung des Toten untersucht hatte. Das war rasch geschehen. Der Tote trug Bluejeans, ein weißes T-Shirt und darüber einen dunkelgrauen Pullover mit V-Ausschnitt, am rechten Fuß eine Socke und einen kräftigen kurzen Stiefel, am linken Fuß nur eine Socke. In der rechten Seitentasche der Jeans fand Bäckström eine Brieftasche. Er sah den Inhalt durch und schnalzte glücklich mit der Zunge.
    »Jetzt seht euch das mal an, Jungs!« Bäckström winkte Stridh und Oredsson zu. »Ich glaube, wir können hier von einem ermittlungstechnischen Durchbruch sprechen.«
    Bäckström hielt einen in Plastikfolie eingeschweißten Ausweis mit Foto hoch.
    »John P. Krassner … b Punkt … das soll sicher borned heißen … July fifteen nineteenhundredfiftythree«, verkündete Bäckström in gebrochenem Englisch. »John P. Krassner, geboren am 15. Juli 1953«, übersetzte er gebildet. »Offenbar ein Scheißami, der den Löffel abgeben wollte. So ein mieser ewiger Student, der sich zwischen all seinen Büchern verirrt hat.«
    Stridh und Oredsson begnügten sich mit einem neutralen Nicken, doch Bäckström ließ nicht locker. Er beugte sich vor und hielt den Ausweis neben den Kopf des Toten. Der Kopf hatte beim Fall offenbar am meisten abbekommen. Er schien schräg von oben her zerbrochen zu sein, von der Schädelspitze zum Kinn, Gesicht und Haare waren von verkrustetem Blut überdeckt, das Gesicht zerquetscht und die Gesichtszüge nicht mehr zu erkennen. Bäckström grinste glücklich.
    »Was sagt ihr, Jungs? Ich möchte behaupten, dass die sich ähneln wie ein Ei dem anderen.«
    Stridh verzog angewidert das Gesicht, sagte aber nichts. Oredsson starrte Bäckström an, ohne eine Miene zu verziehen. Schwein, dachte er.
    »Na gut.« Bäckström richtete sich auf und schaute auf die Uhr. Schon halb zehn, dachte er. Jetzt müssen wir Schwung in die Spieluhr bringen. »Wenn ihr Jungs die Leiche zur Gerichtsmedizin schafft, dann werfen Wiijnbladh und ich einen Blick in seine Wohnung.«
    »Was sollen wir mit dem Schuh machen?«, fragte Oredsson.
    »Steck ihn in eine Tüte und gib sie dem Leichnam mit«, entschied
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