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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Autoren: Leif GW Persson
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seinem miesen Englisch angefangen, mit dem Kanaken zu palavern. Dann hatte sich auch die Nutte noch eingemischt, abwechselnd auf Schwedisch und auf Englisch, und das Elend war erst richtig losgegangen. Er habe sich nie und nimmer umgebracht, er sei ein toller Typ gewesen und überhaupt kein Kind von Traurigkeit, blablabla.
    Am Ende hatte er hart durchgreifen müssen. Er hatte gesagt, sie sollten am Montag anrufen, und ihnen sicherheitshalber Namen und Durchwahl eines Kollegen von der Kripo gegeben, der auf Grund seiner schweren Alkoholprobleme um diese Jahreszeit fast immer krankgeschrieben war. Und endlich waren sie losgekommen, nachdem ein Viertel seines Lebens zur Hölle gefahren war.
    Als er sich dann endlich hinter seinen Schreibtisch setzen konnte, um alle losen Fäden in dieser traurigen Geschichte miteinander zu verknüpfen, war der nächste Idiot aufgetaucht. Dieser fette Penner Stridh hatte seine Aufgaben offenbar falsch verstan- den und das Protokoll seiner Zeugenvernehmung vorbeigebracht. Zwei eng mit der Maschine beschriebene Seiten, für etwas, bei dem zehn Zeilen gereicht hätten, außerdem von vorne bis hinten komplett unverständlich. Nach Aussage des Zeugen, des Frührentners Gustav Adolf Nilsson, hatte offenbar nicht er, sondern seine Töle gehört, wie dieser Trottel Krassner aus dem Fenster gehüpft war. Die Töle, die trotz ihres guten Gehörs von einem auf geheimnisvolle Weise vom Himmel fallenden Schuh erschlagen worden war.
    Wieso denn Frührentner?, dachte Bäckström. Sozialschwedisch für einen Suffkopp, der seine Pflicht nicht tun will und trotzdem irgendeinen naiven Sozialarsch an der Nase herumgeführt hat. Du kannst mich mal kreuzweise, dachte Bäckström und wählte Vindelns Telefonnummer.
    Eine Viertelstunde danach war alles vollbracht, wie es immer geht, wenn ein echter Profi zulangt. Bäckström zog das Protokoll aus der Schreibmaschine und korrigierte mit Kugelschreiber, während er den kurzen und erklärenden Text durchlas, in dem übrigens nicht die geringste Spur eines noch nicht begrabenen Hundes zu finden war.
    »Bei der telefonischen Vernehmung gibt der Zeuge Nilsson folgende Zusammenfassung. Gegen 19.50 hielt er sich unterhalb des Studentenwohnheims Nyponet im Körsbärsvägen auf. Der Zeuge gibt an, aus einem der oberen Stockwerke ein Geräusch gehört zu haben. Als er hoch schaute, konnte er den Körper eines Mannes beobachten, der aus einem Fenster sprang, an der Hausfassade nach unten stürzte und nur wenige Meter vom Standpunkt des Zeugen entfernt auf den Boden aufschlug. Das Protokoll wurde dem Zeugen telefonisch vorgelesen und von diesem gebilligt.«
    Das Letzte war eine pure Lüge, aber da Nilsson seine Telefongespräche wohl kaum auf Band aufnahm, spielte das keine Rolle. Außerdem hatte der alte Arsch sich total verwirrt angehört, als Bäckström mit ihm gesprochen hatte. Der soll doch dankbar sein, dass jemand seiner Erinnerung auf die Sprünge geholfen hat, dachte Bäckström, steckte das Blatt in eine Plastikhülle und fügte einen handgeschriebenen Infozettel für den Wachhabenden in Östermalm hinzu.
    Bäckström schaute auf die Uhr. Fünf nach eins, aber noch war die Kuh nicht vom Eis. Er hatte sogar noch Zeit, eine kleine Idee in die Tat umzusetzen, die ihm während Nilssons Vernehmung gekommen war. Kleinvieh macht auch Mist, dachte Bäckström, faltete seinen Mantel zusammen und versteckte ihn in einem leeren Ordner, den er im Regal gefunden hatte. Bäckström nahm den Ordner unter den Arm, die Plastikhülle in die Hand, schlich sich diskret in die Rezeption und legte die Plastikhülle ganz unten in den Stapel im Postfach für Östermalm. Danach schaute er ins Zimmer des wachhabenden Kommissars.
    »Es geht um den Selbstmord, zu dem du mich geschickt hast.« Bäckström nickte dem Ordner unter seinem Arm zu.
    »Gibt’s da irgendwelche Probleme?« Der Kommissar runzelte die Stirn.
    »Nein. Es ist einwandfrei ein Selbstmord, aber es geht um einen Staatsbürger der USA, und das kann doch brisant sein. Ich würde gern ein paar Daten überprüfen.«
    »Was ist denn das Problem?« Der Kommissar sah ihn an, aber seine Stirn war jetzt wieder glatt.
    »Ich dachte an die Überstunden. Ich hätte schon vor über einer Stunde gehen sollen.«
    »Ist schon gut. Stell die Zeit, die du brauchst, in Rechnung.«
    Was sollte denn das?, dachte der Kommissar und schaute Bäckströms enteilendem Rücken hinterher. Dieser Mauschler, ausgerechnet. Vielleicht ist er fromm
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