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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Autoren: Leif GW Persson
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zwanzig Minuten gedauert, von der Wache in Kungsholmen zum Parkplatz vor der Kreuzung Valhallavägen und Frejgatan zu fahren, wo sie ihren Wagen dann abgestellt hatten.
    »Was ist denn das, zum Teufel?«, sagte Bäckström und zog verdrossen am Absperrband vor der Leiche. »Ist hier irgendein Scheißkrieg ausgebrochen, oder was?« Er starrte die beiden uniformierten Kollegen an.
    »Das ist ein Absperrband«, antwortete Oredsson gelassen. Seine blauen und seltsam blassen Augen musterten Bäckström. Er stand breitbeinig und unbeweglich da und ließ die groben Arme nach unten hängen. »Wir haben noch eine ganze Rolle im Auto, wenn du mehr brauchst.«
    Verdammte Scheiße, was für ein krankhafter Arsch, dachte Bäckström. Das ist gar kein Polizist, der sieht doch aus wie einem alten Nazifilm entsprungen. Wen zum Henker lassen die denn heutzutage bei der Truppe zu? Er beschloss, ganz schnell das Thema zu wechseln.
    »Es war die Rede von einem Zeugen. Wohin hat der sich denn verkrochen?« Sauer starrte er die beiden Uniformierten an.
    »Den hab ich vor einer halben Stunde nach Hause gefahren«, teilte der ältere, um einiges fettere Penner neben dem jungen Nazitypen mit. »Er stand unter einem leichten Schock und wollte nach Hause, und ich habe schon mit ihm gesprochen. Ich kann dir Namen und Adresse geben, wenn du ihn vernehmen willst.«
    »Das findet sich schon, das findet sich schon«, sagte Wiijnbladh begütigend. »Ohne den Ereignissen vorgreifen zu wollen, finde ich, dass das hier verdächtig nach Selbstmord aussieht. Wissen die Herren übrigens, dass in dieser Stadt hier auf einen Mord zwanzig Selbstmorde kommen?«
    Dem Kopfschütteln der anderen war zu entnehmen, dass sie über diesen Sachverhalt nicht informiert waren, sie schienen aber auch kein besonderes Interesse daran zu haben, sich in diese Frage zu vertiefen.
    »Im fünfzehnten oder vielleicht auch sechzehnten Stock steht ein Fenster offen. Kommt drauf an, wie man rechnet.« Oredsson zeigte an der Hausfassade nach oben. »Es stand schon offen, als wir gekommen sind. Trotz der Kälte.«
    »Aber das klingt doch ganz hervorragend«, erwiderte Wiijnbladh mit echter Wärme in der Stimme. »Meine Herren, dann wollen wir uns die Leiche mal ansehen. Wenn wir Glück haben, hat er vielleicht etwas in den Taschen. Holst du mal eben meine Kamera?« Wiijnbladh nickte Oredsson aufmunternd zu. »Die liegt auf dem Rücksitz, und bring auch die Tasche aus dem Kofferraum mit.«
    Oredsson nickte, ohne zu antworten. Mit solchen wie dir werden wir noch früh genug aufräumen, dachte er, aber bis auf weiteres bin ich nur ein einfacher Soldat und habe im Glied zu bleiben und nicht aufzufallen. Aber mein Tag wird kommen.
     
    *
     
    Hier stimmt etwas nicht, dachte Johansson. Er hatte über italienische Küche gesprochen, über eine längere Reise nach Südostasien, die er kürzlich unternommen hatte, auf eine direkte Frage hin hatte er von seiner Kindheit in Norrland erzählt. Er hatte das originell und humoristisch gemacht, und für alle, die zwischen den Zeilen lesen konnten, lag es auf der Hand, dass Lars Martin Johansson gebildet, begabt und sympathisch war, beruflich erfolgreich, mit Geld auf der Bank und – vor allem – unverheiratet und frei und überaus fähig, was das rein physische Beisammensein von Mann und Frau angeht.
    Sein Gast wirkte auch belustigt und interessiert, ihre Signale waren durchaus deutlich, aber trotzdem stimmte etwas nicht. Sie hatte im Gegenzug ihre eigene Herkunft offenbart, Tochter eines Anwalts aus Östersund, die Mutter Hausfrau, eine ältere und eine jüngere Schwester, Jurastudium in Uppsala, sie war einige Zeit bei der Staatsanwaltschaft tätig gewesen, hatte dann ihr Interesse an der Polizeiarbeit entdeckt und sich an der Polizeischule beworben. Und für alle, die Augen hatten, um zu sehen, und Ohren, um zu hören, war absolut offenkundig, dass sie schön und gebildet, begabt und sympathisch war, und sicher war sie auch eine überaus angenehme Partnerin, was das rein physische Beisammensein von Frau und Mann angeht.
    Du hast einen Kerl, dachte Johansson, und du willst nicht über ihn reden, weil du ein wenig zu gut erzogen bist, ein wenig zu konventionell und ein wenig zu sehr auf Sicherheit bedacht. Du könntest dir eine diskrete Affäre vorstellen, aber ehe du dich aus der Deckung traust, willst du sicher sein, dass du am Ende mehr bekommst, als du jetzt schon hast.
    Johansson konnte sich ebenfalls eine diskrete Affäre vorstellen, er
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