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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande
Autoren: E Kellison
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konnten, um sich auszuziehen, einzutauchen und zu …
    Warte. Custo wich zurück, erschauderte und holte tief Luft.
    Nicht so. Sie verdiente Zärtlichkeit. Sanftes Streicheln. Eine unvergessliche Demonstration von Dankbarkeit und Liebe und seinem Glück.
    Er legte seine Stirn an die raue Rinde des Baumes. Verdammt, er zitterte. Und er keuchte wie ein Hund. Das war ein Problem. Er schloss fest die Augen und gestand ihr die Wahrheit. »Ich weiß nicht, ob ich mich unter Kontrolle habe, Liebes. Was dich angeht, traue ich mir selbst noch überhaupt nicht.«
    Daraufhin biss Annabella in sein Ohrläppchen. »Wenn du dich das wenigstens fragst, reicht mir das als Sicherheit.«
    Annabella spürte, wie Custo das Gewicht verlagerte und sie gegen den Baum drückte. Ihr Körper kribbelte erwartungsvoll, ihre schmerzenden Muskeln entspannten sich und machten sich bereit. Die Umarmung war ihr vertraut, der Druck und alles andere fühlte sich ganz wie Custo an. Ihr Herz schlug heftig vor Erleichterung. Sie hatten überlebt. Und er gehörte immer noch ihr. Mit dem Rest konnte sie sich nicht befassen, dazu fehlte ihr die Kraft.
    Custo wich zurück, zögerte, seufzte tief und ließ schließlich zu, dass sie ihm direkt ins Gesicht sah. Das Grün in seiner Iris hatte sie nicht getäuscht – er war zurück und wirkte gequälter als je zuvor, während er auf ihre Reaktion wartete. Sein Teint hatte sich verändert, die Adern unter seiner Haut verrieten, dass er von Schatten durchdrungen war. Was vermutlich sehr interessant werden würde. Aber es war immer noch er, immer noch Custo, der einen sehr schlechten Tag hatte.
    Sie blinzelte gegen die aufsteigenden Tränen an und drohte mit gespielter Ernsthaftigkeit: »Muss ich dich erst wieder verführen?«
    Seine Augen zeigten ein schwaches Lächeln, in das sich tiefe Reue mischte. Sie spürte, wie seine Brust von einem Knurren vibrierte.
    »Ich will versuchen, gut zu sein. Ehrlich«, sagte er müde. Mit dem Daumen wischte er eine Träne von ihrer Wange.
    Trotz allem musste sie jetzt lächeln und hob ihr Gesicht, um ihn zu küssen. »Versuch es nicht zu sehr.«

22
    »Mom, ich weiß, dass ich ihn erst seit ein paar Tagen kenne.« Annabella hatte das Telefon zwischen Schulter und Ohr geklemmt, während sie ein paar Kartons durchwühlte, die Soldaten aus Segue ihr aus ihrer Wohnung gebracht hatten. Anscheinend hatte Adam sie beim Wort genommen, als sie gesagt hatte, nie mehr dorthin zurückzugehen.
    Die Wohnung, die sie mit Custo in Segue teilte, war mit braunen Kartons vollgestellt und roch nach Pappe und Packband. Es herrschte völliges Chaos, Annabella hatte bei ihrer Sucherei überall Kleiderhaufen und diverse andere Dinge auf dem Boden hinterlassen. Und nachdem Custo und sie nun beschlossen hatten umzuziehen, musste sie alles wieder einpacken.
    Wenn sie nicht bald ihren Vorrat an Spitzenschuhen fand, kam sie zu spät zur Probe. Venroy hatte sie ohnehin schon auf dem Kieker, weil sie vor zwei Tagen so früh den Empfang verlassen hatte. Nur gut, dass man sie in den Fernsehberichten über die Auseinandersetzung in der Stadt nicht erkannte. Auf den Videoaufnahmen von Mobiltelefonen war sie weniger unscharf, aber Adam kümmerte sich darum.
    Den gestrigen Tag hatte sie mit Custo im Bett verbracht und sich mit ihm gemeinsam ›erholt‹, aber jetzt war es Zeit, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Sie musste sich einen Namen machen.
    »Dann ist es eindeutig zu früh, um zu ihm zu ziehen«, sagte ihre Mutter. »Du kennst den Mann doch kaum.«
    Annabella wusste, dass Custo gut und stark und gefühlvoll war. Bei ihm fühlte sie sich sicherer als irgendwo anders auf der Welt – oder jenseits von ihr. Er half ihr, ihre Gabe zu beherrschen, genau wie sie ihm half, seine neuen Fähigkeiten zu kontrollieren. Wenn sie nicht tanzte, halfen sie gemeinsam, weitere Grenzüberschreitungen zwischen den Welten zu verhindern.
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich zu ihm ziehe.« Was der Wahrheit entsprach. Custo besaß keine Wohnung. »Ich wohne bei seinem Freund, bis ich etwas gefunden habe. Ich kann nicht mehr in meiner Wohnung schlafen, nachdem ich weiß, dass nebenan jemand ermordet wurde.«
    »Schlaft ihr in einem Bett?«
    Verdammt, ihre Mutter war schlau. Annabella hatte damit gerechnet, dass die Sache mit dem Mord sie sicher wieder so aufregen würde, dass sie nur noch von den Gefahren des Großstadtlebens reden würde.
    »Das geht dich nichts an«, erklärte Annabella etwas zugeknöpft.
    »Dann wohnst du mit ihm
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