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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande
Autoren: E Kellison
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Gebäude, Blitze zuckten am Himmel.
    In seinem Kopf ertönte ein gieriges, ungeduldiges Knurren. Der Sturm sollte losbrechen, und die Straßen sollten sich rot färben.
    Im Bewusstsein, ihr dadurch blaue Flecken zuzufügen, packte Custo Annabellas Arme und zwang sie, ihn loszulassen. Sie bebte und schluchzte, aber ihr Griff löste sich. »Ich lass dich nicht gehen« verschmolz zu einer Lassdichnichtgehen -Litanei, die sie durch ihre zusammengebissenen Zähne presste. Sie glitt an seinem Körper herab auf ihre Knie, lehnte die Stirn gegen seine Hüfte und umklammerte ihn erneut.
    Sie war so damit beschäftigt, ihn festzuhalten, dass sie Adam und seinen Soldaten freie Bahn gab. Custos Kopf und Brust waren vollkommen ungeschützt. Die Gefahr, Annabella mit einem Schuss zu treffen, gering.
    Das war der Moment.
    Er senkte den Blick, um ein letztes Mal tröstend über ihre Haare zu streichen, doch seine Hände hatten sich verändert; seine Finger waren dick, grau marmoriert und endeten in gefährlichen scharfen schwarzen Krallen. Es juckte ihn, damit jemanden zu zerquetschen, zu zerreißen oder zu durchbohren. Diese Finger eigneten sich nicht für Zärtlichkeiten.
    Custo ballte fest die Fäuste, auch sein Herz krampfte sich zusammen. Er würde diese Hände nicht auf ihren Kopf legen. Solange nur ein Stück seiner Seele übrig war, würde er Annabella nicht wehtun. Seine Liebe zu ihr wandelte sich in den festen Entschluss, der Bestie ihre wachsende Blutlust zu nehmen.
    In einer entwaffnenden Geste streckte er die Arme aus, wobei er die Nägel in seine Handflächen bohrte. Er war wieder am Ausgangspunkt angelangt, erneut bereit, sich dem Tod zu stellen. Dieses Mal war der Tod eine endgültige, unendliche, alles verschlingende Dunkelheit.
    Heulen kam nicht infrage.
    Custo suchte Adams Blick und fand ihn. Das Gesicht seines Bruders war von Kummer und Leid gezeichnet. Er zog die Mundwinkel nach unten, als wollte er einen schlechten Geschmack ausspucken. Dennoch fühlte sich der bevorstehende Tod diesmal viel besser an als bei diesem Mistkerl Spencer. Wie eine Gnade, ein Geschenk.
    Custo nickte kurz und knapp, schieß jetzt , während der Wolf in ihm wütend und bereit zum Kampf knurrte. Er wollte die Frau als Schutzschild benutzen und – falls sie nach der Flucht noch lebte – besteigen und vö…
    Er hob die Hände an den Kopf, um die Impulse zu unterdrücken.
    Hunger vernebelte seinen Verstand, es war die Gier eines Killers. Er empfand brennende Lust zu töten, zu jagen, zu wüten. Sein Blick verdunkelte sich, ein heftiger Sturm peitschte durch den Tag, löschte alles Licht und schaltete jedes Zeitgefühl aus. Die Straße war grau, der Wind trieb den Staub aus dem Turm durch die Luft. Es sah aus wie kleine wirbelnde Teufel, die auf den Ausbruch der Gewalt warteten.
    Schieß. Bring es zu Ende.
    Sein Blick wurde scharf. In der Dämmerung zeichneten sich deutlich die Umrisse der Männer ab, seiner Beute. Er konnte sie einzeln riechen, ihr Blut und ihr Schweiß bildeten ein finsteres Bouquet. Mit der Zunge tastete er einen scharfen Reißzahn, der sich aus seinem Zahnfleisch schob. Wie einfach es wäre …
    Heiße Tränen liefen seine Wangen hinunter, denn seine Kraft bekam feine Risse.
    Bitte, Adam! Custo konnte es nicht aussprechen. Annabella, deren Schluchzen heiser klang, würde begreifen und aufstehen. Ihn mit ihrem Leben schützen, während er vom Morden träumte.
    Adam brütete mit zusammengebissenen Zähnen über einer Entscheidung.
    Mach schnell. Es bleibt keine Zeit. Custo wartete, dass die erste Kugel einschlug. Sehnte sich nach der Erlösung, während ein Blitz den Himmel teilte.
    Er wartete. Aber nichts passierte.
    »Abtreten«, sagte Adam, den Blick zu den Trümmern gewandt, und ließ seine Waffe sinken.
    »Sir?«, fragte ein Soldat.
    »Abtreten, habe ich gesagt.«
    Custo starrte ihn ungläubig an. Sein Blick zuckte zu Luca, der wissen musste, welche Grausamkeiten sich in seinem Kopf abspielten und dass er seinen Willen kaum noch zähmen konnte.
    Bitte! Er konnte durchhalten, bis Luca zehn Schritte nach vorne gekommen war und ihn durchbohrt hatte. So lange musste er durchhalten.
    Aber Lucas Blick verfinsterte sich, und er ließ die Klinge sinken. Eine Staubwolke stieg auf. Ich kann das nicht. Ich werde das nicht tun.
    So viel zur Familie. Custo war verlassen, allein und wieder durch und durch ein Mistkerl.
    Zumindest der Tod, hart wie Stein, machte keinen Unterschied.
    Schattenmann?
    Der Tod hob den Hammer, den
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