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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht
Autoren: Dean R. Koontz
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fühlte sich unverkennbar wohler in den tiefen Teichen der Dunkelheit. Geduckt huschte er von einer Deckung zur anderen und schaute sich häufig um, ohne mich jedoch zu erspähen oder meine Nähe zu spüren.
    Ich folgte ihm geräuschlos auf der Rückseite von Fahrgeschäften, Spielbuden und Erfrischungsständen, beobachtete ihn im Schutz von Generatoren, Lastwagen und sonstigem sperrigem Zubehör. Sein Ziel war der Autoskooter. Dort machte er halt, warf einen letzten forschenden Blick in die Runde, stieg die beiden Holzstufen hinauf, öffnete das Sperrgitter und bewegte sich geschickt zwischen den Kleinautos hindurch, die kreuz und quer herumstanden, so wie die letzten Fahrgäste sie verlassen hatten.
    Vielleicht hätte ich mich in der Nähe verstecken und ihn eine Zeitlang beschatten sollen, um zu wissen, was er vorhatte. Das wäre vermutlich die klügste Vorgehensweise gewesen, denn damals wußte ich vom Feind viel weniger als heute und hätte selbst die kleinste zusätzliche Erkenntnis gut gebrauchen können. Aber mein Haß gegen die Trolle — das war die einzige Bezeichnung, die mir für diese Wesen einfiel — wurde von meiner Angst noch übertroffen, und ich befürchtete, daß mein Mut dahinschwinden könnte, wenn ich die Konfrontation hinausschob. Daß es mir gelang, den Autoskooter-Pavillon lautlos zu erreichen und mich unbemerkt hineinzuschleichen, hatte nichts mit meinen übersinnlichen Gaben zu tun, sondern lag einfach daran, daß ich siebzehn war, ein geschmeidiger Bursche in ausgezeichneter körperlicher Verfassung.
    Die Zweisitzer waren klein, kaum höher als meine Knie. Eine Stange führte vom hinteren Teil jedes Wagens zur Decke, wo ein elektrisch geladenes Gitter den Strom für die Fortbewegung der von Hand gesteuerten Fahrzeuge lieferte. Wenn sich unzählige Besucher auf dem Rummelplatz tummelten, ging es bei den Autoskootern immer besonders laut zu, weil der Reiz der Sache darin bestand, heftige Zusammenstöße zu inszenieren. Jetzt aber herrschte hier eine genauso unnatürliche Stille wie drüben bei den mitten im Sprung erstarrten Karussellpferden. Sich auf den Holzplanken zu bewegen, ohne daß die Schritte dumpf widerhallten, war alles andere als einfach, und die niedrigen Kleinautos boten keinerlei Sichtschutz.
    Erleichtert wurde dieses schwierige Unterfangen zum Glück allerdings dadurch, daß mein Feind sich völlig auf seine Arbeit konzentrierte, worin diese nun auch immer bestehen mochte. Offenbar wähnte er sich in Sicherheit, seit er sein Ziel ungestört erreicht hatte. Er kniete etwa in der Mitte des langen rechteckigen Pavillons hinter einem der Autos und machte sich im Schein einer Taschenlampe daran zu schaffen.
    Diese Lichtquelle bestätigte mir beim Näherkommen, daß es sich wirklich um einen sehr großen Mann mit Stiernacken und breiten Schultern handelte. Unter dem gelb-braun-karierten Hemd zeichneten sich eindrucksvolle Muskelpakete ab.
    Außer der Taschenlampe hatte er eine Werkzeugtasche aus Stoff mitgebracht, die jetzt geöffnet neben ihm auf dem Boden lag. Er arbeitete flink und machte dabei nur wenig Lärm, aber das leise Kratzen und Quietschen von Metall auf Metall ermöglichte es mir doch, den Abstand zwischen uns langsam aber sicher zu verkleinern.
    Ich wollte mich bis auf zwei Meter an ihn heranschleichen, mich sodann auf ihn stürzen und ihm das Messer in den Nacken rammen, um seine Halsschlagader zu durchtrennen, bevor er überhaupt wußte, wie ihm geschah. Doch ich war noch vier oder fünf Meter von ihm entfernt, als er plötzlich gespürt haben mußte, daß er beobachtet wurde. Er blickte von seiner geheimnisvollen Arbeit auf, wandte den Kopf und starrte mich entgeistert an.
    Die Taschenlampe, die auf der dicken Gummistoßstange des Autos lag, beleuchtete sein Gesicht unregelmäßig von unten her, wodurch die Züge gespenstisch verzerrt wurden. Die Partie über den hervortretenden Backenknochen lag mehr oder weniger im Schatten, wodurch seine leuchtenden Augen tief in die Höhlen eingesunken wirkten. Doch sogar ohne diese grotesken Lichteffekte hätte er mit seiner knochigen Stirn, den zusammengewachsenen Brauen über einer breiten Nase, dem vorspringenden Kinn und dem schlitzartig schmalen Mund hart und grausam ausgesehen.
    Zum Glück stand ich gerade so, daß das Messer in meiner an die Hüfte gepreßten Hand seinen Blicken verborgen blieb. Er begriff deshalb noch immer nicht, in welcher Gefahr er schwebte, und versuchte mich kühn zu bluffen, wobei ihm das allen
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