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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
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den Verursacher. Eines der Nachbarkinder schlug mit einem Messer Äste ab und riskierte damit vermutlich erheblichen Ärger mit seinen Eltern. Nicht sein Problem.
    Das Telefon schellte. Am Apparat war Kirsten, Bauers Tochter, die in der Nähe von Dülmen wohnte. Kirsten feierte morgen ihren dreißigsten Geburtstag.
    »Willst du es dir nicht noch überlegen?«, fragte sie. »Wenn du den nächsten Bus zum Hauptbahnhof nimmst, kannst du den Zug noch erreichen. Stefan würde dich in Dülmen am Bahnhof abholen.«
    Kirsten hatte ihn eingeladen, das Wochenende mit ihnen gemeinsam zu verbringen. Er hatte erst zugesagt und seine Abwesenheit Lehmanns schon angekündigt, dann aber die Einladung seiner Tochter doch wieder abgelehnt. Natürlich erwarteten seine Vermieter nicht von ihm, dass er sich ständig im Haus aufhielt. Sein Sinneswandel hatte andere Gründe.
    Theo Bauer kannte den Rummel, den seine Tochter und ihr Mann bei Geburtstagsfeiern veranstalteten. Fünfzig Gäste und mehr, die bis in die frühen Morgenstunden lautstark feierten, waren der Normalfall. Und für solche Feste mit Musik, Tanz und Alkohol fühlte er sich zu alt. Da zog er es vor, den Sommerabend auf seinem Balkon zu verbringen, leise seine alten Schlager zu hören und das eine oder andere Bierchen zu zwitschern.
    »Nein, feiert lieber ohne mich. Außerdem habe ich bereits den Grill angezündet«, log er. »Viel Spaß.«
    »Wie du meinst.« Kirsten war nicht wirklich enttäuscht.
    »Was ist mit nächstem Freitag? Kommst du?«
    »Vielleicht.«
    Als sie ihr Gespräch beendet hatten, warf er einen Blick in das Fernsehprogramm. Trotz der dreißig Kanäle wurde nichts ins Kabelnetz eingespeist, was ihn interessierte.
    Vielleicht sollte er seine Notlüge von eben in die Tat umsetzen. In seiner Tiefkühltruhe lagerten noch Bratwürstchen, die er in der Mikrowelle auftauen konnte.
    Zudem war gestern etwas Salat übrig geblieben, Grillkohle befand sich noch im Keller.
    Theo Bauer holte die Würstchen aus der Truhe. Bis sie aufgetaut waren, konnte er sich noch einen Moment auf seiner Liege gönnen. Zwei Minuten später war er fest eingeschlafen.
    Als er erwachte, dämmerte es bereits. Er sah auf die Uhr.
    Kurz vor neun. Aber immer noch war die Luft sehr warm. Also blieb es beim Grillen.
    Theo Bauer schlüpfte in seine Sandalen und griff zum Wohnungsschlüssel. Der Rentner verzichtete darauf, das Dielenlicht einzuschalten. Er konnte noch genug erkennen. Er stieg die Treppe hinab und ging durch den unteren Flur nach hinten, wo sich der Eingang zum Keller befand. Dort war es merklich finsterer. Deshalb benötigte Bauer einen Moment, um den richtigen Schlüssel zu finden, schenkte sich aber den Weg zurück nach vorn, zum Lichtschalter für die Kellerbeleuchtung. Er hätte den Weg mit verbundenen Augen gehen können.
    Als er die Treppe hinunterstieg, schnupperte er. Es roch seltsam. Ein bisschen wie nach faulen Eiern. Und etwas zischte leise. Ein Wasserrohrbruch?
    Theo Bauer beschloss, nun doch das Licht anzuschalten, um der Sache nachzugehen. Er ging Richtung Hinterausgang, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Dabei stieß er mit dem Fuß gegen ein Teil, das metallisch klappernd über die Fliesen rutschte. »Verdammt«, fluchte der Rentner und griff zum Schalter. »Können die Mädchen denn nicht…«
    Das war das Letzte, was Theo Bauer in seinem Leben sagte.
    Die Explosion hörte er sowieso nicht mehr.
     
    2
    Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky von der Kriminalpolizei Recklinghausen haderte mit seinem Schicksal, den Dienstplänen und seinen Vorgesetzten. Seit seiner Scheidung vor einigen Jahren war er nicht mehr im Theater gewesen. Für diesen Samstagabend aber hatte er sich endlich eine Karte für Starlight Express in Bochum besorgt, um sich das Musical anzuschauen, bevor es abgesetzt wurde. Er hatte sich für diesen Anlass sogar ein paar neue Schuhe gegönnt und seinen besten Anzug in die Reinigung gebracht. Um sechs Uhr wollte er losfahren. Um fünf vor klingelte das Telefon.
    Und er Idiot musste ja den Hörer abnehmen. Jemand aus dem Präsidium. Zwei Kollegen hatten auf einer Dienstfahrt einen Unfall gehabt. Nichts Ernstes, meinten die Ärzte des Knappschaftskrankenhauses, aber die beiden Beamten mussten über das Wochenende zur Beobachtung in der Klinik bleiben.
    Das allein hätte genügt, die Dienstpläne durcheinander zu kegeln. Aber es war Urlaubszeit und die Personaldecke dementsprechend dünn. Und vermutlich waren alle anderen Hauptkommissare schlauer
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