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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
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als er gewesen und hatten das Telefon Telefon sein lassen und ihre Piepser im Büro vergessen.
    Deshalb saß Brischinsky nun in seinem Ausgehanzug in seinem Büro und schob zähneknirschend Notdienst. Seine Füße mit den neuen Schuhen ruhten auf der einzigen freien Fläche auf seinem Schreibtisch und er blätterte missmutig in der erstbesten Kochzeitschrift, die er an einer Tankstelle erworben hatte. Aber auch die konnte ihn nicht ablenken. Mit jeder Minute verschlechterte sich seine Laune. Sein Dienst würde erst morgen Mittag enden. Das Wochenende war gelaufen.
    Kommissar Heiner Baumann, sein Assistent und ohnehin planmäßig im Einsatz, versuchte, Brischinsky keine Angriffsfläche zu bieten. Baumann war der berechtigten Auffassung, sich nur bedingt als Ventil für die Wutausbrüche von Hauptkommissaren zu eignen.
    Brischinskys Telefon klingelte. Es war halb zehn.
    »Geh schon ran«, maulte er.
    Baumann musste einige Verrenkungen machen, um an den Akten und den Schuhen seines Vorgesetzten vorbei das Telefon erreichen zu können.
    »In Ordnung. Wir kommen sofort«, sagte er und legte auf.
    »Was ist?«, wollte Brischinsky wissen, machte aber keine Anstalten, seine Körperhaltung zu verändern, obwohl Baumann schon mit der Türklinke in der Hand auf ihn wartete.
    »Eine Gasexplosion. In Suderwich.«
    »Und? Was haben wir damit zu tun?«
    »Ist sonst keiner da«, stellte Heiner Baumann lakonisch fest.
    Brischinsky schwenkte seine Beine vom Schreibtisch. Sein Stuhl knirschte unter der Belastung der fast zwei Zentner.
    »Gasexplosion«, schnaubte der Hauptkommissar.
    »Demnächst helfe ich bei der Verkehrspolizei aus.« Er stand langsam auf. »Na gut. Du fährst.« Er warf seinem Assistenten die Schlüssel für den Passat zu. »Aber vernünftig.«
    Baumann schenkte sich eine Entgegnung.
    Die Schulstraße war vor und hinter dem Explosionsort weiträumig abgesperrt. Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen schleuderten blaue Blitze in die Nacht. Uniformierte Polizeibeamte hielten die zahlreichen Schaulustigen auf Distanz.
     
    »Kaum kracht es irgendwo, strömt das sensationsgeile Volk auf die Straße«, knurrte Brischinsky, während sie im Schritttempo durch die gaffende Menge fuhren. »Wie im alten Rom. Brot und Spiele. Und am interessantesten ist es, wenn Menschen ums Leben kommen. Daumen runter, Rübe ab.
    Widerwärtig.«
    Baumann stoppte den Wagen nach fünfzig Metern. Weiter konnten sie nicht fahren, ohne in der engen Straße die Arbeit der Rettungstrupps zu behindern.
    Helle Scheinwerfer tauchten die Unglücksstelle in ein unwirkliches Licht. Es sah aus wie nach einem Bombeneinschlag. Die vordere Hausfront fehlte fast vollständig, sodass man in das Innere des Gebäudes blicken konnte. Die Apotheke im Erdgeschoss war verwüstet.
    Brischinsky identifizierte umgestürzte, noch leicht qualmende Regale. Die zerfetzte Verkaufstheke lag halb auf der Straße.
    Und im hinteren Teil des Ladenlokals klaffte im Boden ein großes Loch. Dagegen erschien der erste Stock seltsam unberührt, wenn man von der fehlenden Fassade absah. Selbst die Aktenordner in dem Büroraum standen, Rücken an Rücken, noch in den Regalen.
    Steinstaub hing in der Luft. Der Hauptkommissar spürte ihn zwischen den Zähnen. Seinen Anzug würde er postwendend wieder der Reinigung übergeben müssen. Wenn nur die Schuhe nicht…
    »Herr Hauptkommissar?«
    Er drehte sich zu dem Feuerwehrmann hin, der ihn angesprochen hatte. »Ja?«
    »Hauptbrandmeister Meier.«
    Sie gaben sich die Hände.
    »Die Explosion hat sich im Keller ereignet. Die Seitenwände und Teile der Rückwand stehen noch. Sonst wäre hier nur noch ein Schuttberg zu sehen. Trotzdem müssen meine Leute extrem vorsichtig sein. Hier vorn«, der Brandexperte zeigte auf die Überreste des Hauses, »scheint alles standfest zu sein. Was man so standfest nennen kann. Hinten sieht es schon anders aus. Wir müssen erst die Decken abstützen und sichern, bevor wir das Gebäude betreten können. Nach der Explosion ist ein Brand ausgebrochen, den meine Leute jedoch schnell unter Kontrolle hatten. Die Gasleitung, die die Straße versorgt, ist gesperrt. Um diese Zeit wird sich sowieso keiner mehr ein Mittagessen zubereiten wollen.«
    Zehn Meter entfernt von ihnen waren Beamte damit beschäftigt, Fotoreporter am weiteren Vordringen auf das Gelände zu hindern.
    »Personenschäden?«, erkundigte sich der Hauptkommissar.
    »Bis jetzt noch nicht. Glücklicherweise. In dem Haus war nur eine Wohnung bewohnt. Da
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