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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
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oben, im ersten Stock. Ein Mann namens Theo Bauer ist dort gemeldet. Wir können nicht sagen, ob er sich noch im Gebäude befindet. Seine Räumlichkeiten wurden verhältnismäßig wenig in Mitleidenschaft gezogen.
    Wenn er sich dort aufgehalten hat, kann er die Explosion überlebt haben. Möglicherweise steht er unter Schock und hat das Gebäude fluchtartig verlassen.«
    »Konnte er das denn?«
    »Ja. Die Treppe wurde nicht zerstört.«
    »Und die Explosionsursache?«
    Der Hauptbrandmeister zuckte mit den Schultern. »Das ist noch zu früh. Wir müssen erst in den Keller hinein.«
    »Wie lange brauchen Sie?«
    »Etwa eine halbe Stunde. Vielleicht etwas länger.«
    Die Männer betraten den Parkplatz hinter der Apotheke.
    »Passen Sie auf. Hier liegen überall Steine und Gebäudeteile herum«, warnte der Feuerwehrmann.
    Brischinsky nickte. In diesem Moment wurde ein weiterer Scheinwerfer in Betrieb genommen. Für einige Sekunden war der Hauptkommissar geblendet. Er hielt sich eine Hand vor die Augen und ging weiter. Prompt stieß er mit dem rechten Fuß gegen einen Stein und geriet ins Straucheln. Um nicht zu fallen, machte er zwei, drei hektische Ausfallschritte nach vorn, spürte plötzlich einen kurzen, stechenden Schmerz im Außenrist und schrie auf: »Verdammter Mist!«
    Der Hauptkommissar hob das Bein und hüpfte einige Meter zurück, bis er sich an einem der Fahrzeuge abstützen konnte.
    Er besah sich den Schaden. Ein spitzer Gegenstand hatte das Leder seines Schuhs aufgerissen und den Fuß verletzt. Die Wunde blutete.
    Zwei Feuerwehrleute griffen Brischinsky unter die Arme und wuchteten ihn ins Fahrzeuginnere. Kurz darauf kam ein Rettungssanitäter.
    »Nicht weiter schlimm«, beruhigte der Mann den Hauptkommissar, als er den Schnitt verband. »Zwei, drei Tage tut es beim Gehen etwas weh. Den Schuh allerdings können Sie wegschmeißen. Wann haben Sie Ihre letzte Tetanusimpfung erhalten?«
    »Woher soll ich das wissen?«, blaffte Brischinsky los.
    »Ich…«
    Der Sani war die Ruhe selbst. Schlecht gelaunte Hauptkommissare waren das kleinste Problem, mit dem er fertig werden musste. »Machen Sie Ihren Oberarm frei. Ich gebe Ihnen eine Spritze.«
    Nach fünf Minuten packte der Sanitäter seine Sachen und Rüdiger Brischinsky war bedient. Er zwängte seinen bandagierten Fuß in den zerstörten Schuh. Vierhundert Euro zum Teufel! Dabei hatte er die handgefertigten italienischen Treter heute zum ersten Mal getragen.
    Gern hätte er jetzt eine geraucht. Seit sechs Monaten – oder in Gewichtseinheiten ausgedrückt: seit zehn Kilo rauchte er nicht mehr. Während der ersten drei Wochen seines Nikotinentzuges hatten ihn Baumann und seine Kollegen auf Knien angefleht, sein Laster wieder aufzunehmen. Das hatte sich in den letzten Monaten gegeben. Brischinskys Gemütslage war nun dauerhaft so mies, dass die vor Beginn seiner Zeit als Nichtraucher geradezu als Hochgefühl bezeichnet werden musste.
    »Baumann!«, brüllte er erfolglos gegen den Lärm der Aggregate an, die den nötigen Strom für das schwere Räumgerät und die Beleuchtung lieferten. »Baumann!«
    Sein Assistent blieb verschwunden. Vorsichtig versuchte er, seinen Fuß zu belasten. Es ging halbwegs. Er humpelte zu dem zerstörten Haus zurück. Dieses Mal achtete er aber darauf, wohin er trat.
    Mittlerweile hatten die Rettungskräfte das Gebäude so weit gesichert, dass ein Betreten der Ruine ohne größere Gefahr möglich war. Die Männer begannen, das Kellergeschoss zu durchsuchen. Nach einigen Minuten kehrten zwei Feuerwehrleute ins Freie zurück, um kurz darauf mit einer Trage wieder im Inneren zu verschwinden.
    Brischinsky wandte sich an Hauptbrandmeister Meier, der einige Meter von ihm entfernt in sein Funkgerät sprach.
    »Was ist los?«
    »Wir haben einen Toten gefunden. Beziehungsweise das, was von ihm noch übrig ist.«
    »Den Bewohner?«
    »Möglich.«
    Heiner Baumann bog um die Hausecke.
    »Wo hast du gesteckt?«, wollte der Hauptkommissar wissen.
    Baumann hob entschuldigend beide Hände. »Bei der Feuerwehr in Recklinghausen wurde heute Abend um fünf vor zehn ein Anruf aufgezeichnet. Der Anrufer gab an, vor dem Gebäude der Heiligen-Apotheke in der Schulstraße den Geruch von ausströmendem Gas wahrzunehmen.«
     
    »Sag das noch einmal!«
    »Um fünf…«
    Brischinsky winkte ab. »Quatsch. Das war nicht wörtlich gemeint. Wann war die Explosion?«
    Hauptbrandmeister Meier schaltete sich ein: »Gegen neun.
    Wir wurden von Anwohnern um drei Minuten
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