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Zwergensturm

Zwergensturm

Titel: Zwergensturm
Autoren: Oliver Mueller-Hammerschmidt
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Finscha wurde starr vor Entsetzen, Jonn schrie panisch und versuchte erfolglos, sich loszustrampeln. Der Ork brüllte ohrenbetäubend, seine Finger krallten sich in das Fleisch des Körpers, der auf seinem Bein lag, und er spannte die Oberarmmuskeln an. Finscha wollte aufschreien, doch der Schrei blieb in ihrem Hals stecken. Sie wollte wegschauen, doch wie gebannt blieb ihr Blick an der entsetzlichen Szene haften.
    Finscha hörte ein leises Surren, und genau in dem Moment, in dem sie erwartete, dass der riesige Angreifer den Körper des Menschen zerreißen würde, traf ein langer, schwarzer Pfeil den Ork in den Kopf. Augenblicklich brach er zusammen. Finscha drehte sich um. Auf der Mine stand Lok’thodar und blickte Richtung Jonn. Der hatte sich vom leblosen Körper des Orks befreien können, das Wurfschwert aus dem Bein gerissen und hinkte in Richtung des Waldrandes davon. Der Dunkelelf visierte einen weiteren Ork auf dem Minengelände an, während sein Kamerad Pfeil um Pfeil Richtung Osten abfeuerte, von wo die Masse des Orkheeres heranstürmte.
    Finscha hörte ein lautes Grunzen hinter sich, und es klang näher, als ihr lieb war. Sie schaute über ihre Schulter und erblickte einen Ork, der auf sie zustürmte. Das grüne Monster hatte eine Kettenrüstung an und hielt in beiden Händen eine Art Morgenstern, eine Eisenkugel mit zahlreichen Dornen, die mit einer Kette an einem Holzstab befestigt war. Sie war sich sofort bewusst, dass der Ork mit dieser Waffe leicht ihren Schädel zertrümmern konnte. Sie wollte wegrennen, doch die Geschwindigkeit, mit der der Ork auf sie zustürmte, war zu groß – sie würde ihm nicht entkommen. Nie in ihrem Leben hatte sie Stolz empfunden, doch in diesem Moment wollte sie dem Ork und der ganzen Welt zeigen, dass so mancher Mensch immer noch erhobenen Hauptes in den Tod gehen würde. Sie richtete sich auf, straffte die Schultern und hob den Kopf. Sie blickte dem anstürmenden Monstrum direkt in die blutunterlaufenen Augen. Ihr Blick verfinsterte sich, und je mehr Sekundenbruchteile sie standhielt, umso entschlossener wurde sie.

    Duradon war mittlerweile an der Spitze der linken Flanke in das Minengebiet eingefallen. Seine Streitkraft stieß gleichzeitig rechts und links an dem Minenberg vorbei auf das Gelände vor. Die ersten der 850 Orks waren bereits dabei, die Mine von den Arbeitern zu säubern, und machten schnelle Fortschritte. Duradon selbst hielt sich zurück und genoss das Schauspiel. Der Geruch frischen Blutes stieg ihm in die Nase und erfüllte ihn mit tiefer Zufriedenheit – und Hunger. „Nur zwei Wachen – wie kläglich“, dachte er bei sich. Die beiden Langbogenschützen der Dunkelelfen standen oben auf dem Minenberg und feuerten auf seine Krieger, doch Duradon wusste, dass sich die Oger um sie kümmern würden. Die Oger waren so groß gewachsen, dass sie leicht an sie herankommen und ihnen den Garaus machen würden. Duradon wunderte sich nur über eines: Er war sich des Sieges absolut sicher, und ihm war klar, dass auch die Arbeiter in der Mine um ihren Untergang wussten. Trotzdem bewaffneten sich einige mit Spitzhacken, Schaufeln und was sich sonst noch bot und wehrten sich gegen die hochüberlegenen und perfekt ausgerüsteten Orks. Tatsächlich gelang es den Arbeitern, einige der Angreifer zu verletzen, einzelne sogar zu töten. Derartigen Heldenmut hatte er nicht erwartet. Duradon sah zur Mine und erblickte eine junge Menschenfrau, die stolz und erhaben einfach dastand und einen seiner Orkkrieger anblickte, der auf sie zustürmte und sie in wenigen Augenblicken niederstrecken würde. Warum versuchte sie nicht wegzulaufen? Warum überhaupt war sie nicht in Panik? Er widmete ihr keinen weiteren Gedanken und sah stattdessen, dass der Ork nur noch drei Schritte von der Frau entfernt war, als ihn ein Pfeil der verdammten Dunkelelfen in der Brust traf. In vollem Lauf brach der Ork zusammen und rutschte leblos direkt vor die Füße der Menschenfrau. Die kniete nieder und nahm dem Ork einen seiner Morgensterne ab! Sie stand wieder auf, sah sich um und rannte weg, Richtung Westen, wo sich ein paar Hundert Schritte entfernt ein kleines Waldstück auftat. Duradon lachte auf. „Da sieh mal einer an, so ein kleines Wesen kann den Morgenstern eines ausgewachsenen Orkkriegers tragen.“ Duradon schenkte der Frau nicht länger seine Aufmerksamkeit. Auch mit einem Morgenstern bewaffnet würde eine Menschenfrau keine, aber auch wirklich überhaupt keine Gefahr für ihn, sein
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