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Zweimal ist einmal zuviel

Zweimal ist einmal zuviel

Titel: Zweimal ist einmal zuviel
Autoren: Janet Evanovich
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abgeschnitten haben.«
    Ich nahm den Kopf zwischen die Schultern und kämpfte mich bis in den Saal durch, wo Joe Loosey aufgebahrt war. Ich drängte mich bis zum Sarg und zur Witwe Loosey vor. Eigentlich hatte ich erwartet, Grandma in dem für die engsten Angehörigen reservierten Bereich vorzufinden. Nachdem sie Joes Penis gesehen hatte, würde sie sich fast als Familienmitglied fühlen.
    »Mein herzliches Beileid«, sagte ich zu Mrs. Loosey. »Haben Sie Grandma Mazur gesehen?«
    Sie machte ein erschrecktes Gesicht. »Edna ist hier?«
    »Ich habe sie vor ungefähr zehn Minuten draußen abgesetzt. Ich dachte, Sie wollte zu Ihnen, um Ihnen ihr Beileid auszusprechen.«
    Mrs. Loosey legte schützend die Hand auf den Sarg. »Ich habe sie nicht gesehen.«
    Ich kämpfte mich wieder zurück und sah auf einen Sprung zu Andy Roches falschem Bruder hinein. Eine Handvoll Leute stand hinten im Saal. Dem Geräuschpegel nach zu urteilen, debattierten sie den großen Penisskandal. Ich erkundigte mich, ob jemand Grandma Mazur gesehen hatte. Niemand. Ich ging in die Eingangshalle zurück. Ich sah in der Teeküche, in der Damentoilette und auf der Veranda nach. Ich fragte jeden, der mir begegnete.
    Niemand hatte eine kleine alte Dame in einem weiten blauen Mantel gesehen.
    Allmählich begann ich, mir Sorgen zu machen. Es sah Grandma ganz und gar nicht ähnlich, einfach zu verschwinden. Sie war gern unter Menschen. Ich hatte selbst gesehen, wie sie das Bestattungsinstitut betreten hatte, also mußte sie eigentlich noch im Haus sein. Daß sie schon wieder gegangen war, hielt ich nicht für wahrscheinlich. Sonst hätte ich sie sicher auf der Straße gesehen, als ich nach einem Parkplatz suchte. Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, daß sie sich Joe Looseys Anblick hätte entgehen lassen.
    Ich ging in den ersten Stock hinauf, wo Särge und Akten gelagert wurden. Ich öffnete die Bürotür und knipste das Licht an. Das Büro war leer. Die Toilette war leer. Der Wandschrank mit den Büroartikeln war leer.
    Als ich wieder nach unten kam, bemerkte ich, daß Roche nicht mehr neben dem Teetischchen stand. Dafür fand ich Spiro, der mit säuerlichem Gesicht neben dem Eingang wartete.
    »Ich kann Grandma Mazur nicht finden«, sagte ich zu ihm.
    »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Das ist nicht witzig. Ich mache mir Sorgen.«
    »Verständlich. Sie ist ja auch verrückt.«
    »Haben Sie sie gesehen?«
    »Nein. Und das ist das erste Positive, was mir in den letzten beiden Tagen passiert ist.«
    »Ich hätte gerne mal in den hinteren Räumen nachgesehen.«
    »Sie ist nicht hinten. Solange wir Publikumsverkehr haben, sind die Türen abgeschlossen.«
    »Grandma Mazur kann ziemlich einfallsreich sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat.«
    »Sie würde es sowieso nicht lange dort aushalten. Fred Dagusto liegt auf Tisch eins, und er ist kein hübscher Anblick. Ein Fleischberg von dreihundertundzehn Pfund. Speck, soweit das Auge reicht. Den muß ich erst mit Öl einschmieren, damit ich ihn überhaupt in den Sarg quetschen kann.«
    »Ich möchte die hinteren Räume trotzdem sehen.«
    Spiro sah auf die Uhr. »Sie müssen schon warten, bis wir schließen. Ich kann diese Spinner nicht allein lassen. Bei so einem Andrang kann es passieren, daß der eine oder andere ein Souvenir mitgehen läßt. Wenn man die Tür unbewacht läßt, nehmen sie alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist.«
    »Ich brauche keinen Fremdenführer. Ich brauche bloß den Schlüssel.«
    »Kommt nicht in Frage. Ich bin für meine Toten verantwortlich. Seit der Sache mit Loosey ist mir das viel zu riskant.«
    »Wo ist Louie?«
    »Er hat heute frei.«
    Ich ging auf die Veranda hinaus und starrte auf die andere Straßenseite. Die Fenster der für die Überwachung angemieteten Wohnung waren dunkel. Sicher lag Roche dort drüben auf der Lauer. Vielleicht war Morelli bei ihm. Ich machte mir zwar Sorgen um Grandma Mazur, aber ich wollte nicht unbedingt Morelli damit behelligen. Fürs erste war es besser, wenn er das Gebäude von außen im Auge behielt.
    Ich wanderte zum Nebeneingang und ließ den Blick forschend über den Parkplatz wandern, bis hin zu den Garagen hinter dem Haus. Ich sah durch die getönten Scheiben in die Leichenwagen, überprüfte die offene Ladefläche des Blumentransporters und klopfte auf den Kofferraumdeckel von Spiros Lincoln.
    Die Kellertür war verriegelt, aber der Lieferanteneingang zur Küche stand offen. Ich ging hinein, drehte noch eine Runde durch das
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