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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse
Autoren: Werner Schrader
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ins Haus schickt, der dich befragt, warum du weggelaufen bist. Die Polizei erscheint bestimmt auch wieder bei euch. Da genügt doch ein Wort von dir, und dein Vater wird peinlich verhört und du eventuell in ein Heim gebracht. Glaube mir, jetzt, da die Öffentlichkeit auf dich und deine Probleme aufmerksam geworden ist, wird es nie mehr so sein wie vor eurer Abreise.“
    „Das wär ja zu schön, um wahr zu sein!“ knurrte Joachim. „Aber leider gibt’s dafür keine Garantie.“
    „Natürlich nicht“, sagte Herr Tepel. „Aber die Wahrscheinlichkeit spricht dafür.“
    „Laß uns zurückfahren, Joachim“, sagte Lutz. „Denk doch mal an meine Oma!“
    Joachim winkte ab.
    „Entschuldige, daß ich vor allen Dingen an meinen Vater denke! Du wirst mit offenen Armen empfangen, wenn du zu Hause wieder aufkreuzt, aber mich erwartet die Hölle!“
    „Nein, diesmal nicht!“ rief Herr Tepel dazwischen.
    Er schob den Teig in den Ofen und räumte den Tisch ab. „Kommt, helft mit bei der Abwäsche. Die Füllung machen wir erst, wenn der Biskuit fertig ist.“
    „Angenommen, wir würden wirklich fahren“, sagte Joachim, „da müßte noch einiges geklärt werden! Der Auto-Reise-Zug fährt nämlich auf dem Rückweg nicht nach Bremen, sondern über Hannover nach Hamburg. Wir hätten die Wahl, ihn schon in Hannover zu verlassen oder bis Hamburg mitzufahren. Für den Rest der Strecke fehlt uns in beiden Fällen das Reisegeld. Außerdem müßte ich noch mal nachfragen, wann der Zug in München startet. Das habe ich mir gar nicht erst gemerkt, weil für mich eine Rückreise nicht in Frage kam.“
    „Ich habe die nötigen Erkundigungen schon eingezogen“, sagte Herr Tepel.
    „Was denn, Sie wissen, wann der Zug fährt?“
    „Nein, aber ich weiß, wann das Auto fährt, das euch bis nach Bremen mitnimmt!“
    „Auto? Wieso?“
    „Ich war in Regensburg bei einer Speditionsfirma, während ihr im Gefängnis wart“, erklärte Herr Tepel, „und hab’ gefragt, wann wohl die nächste Fracht nach Bremen ginge. Nach Bremen in der nächsten Zeit keine, sagte man mir, aber nach Bremerhaven. Gut, sagte ich, ob man dann nicht zwei Ausreißer mitnehmen und an der Bremer Autobahn absetzen könne. Ja, das wolle man wohl tun. Ich müßte allerdings einiges über euch erzählen, weil die Firma kein Risiko eingehen wolle. Tja, und das habe ich dann auch getan. Ich habe euch als zwei sehr anständige Jungen geschildert, die versucht hätten, ihre Probleme ohne die Hilfe Erwachsener zu lösen.“
    Herr Tepel sah die beiden an.
    „Morgen abend geht es los. Und wenn ihr übermorgen aufwacht, seid ihr in Bremen.“
    „Oh, das ist ja prima!“ rief Lutz. „Mit so einem dicken Brummer wollte ich immer schon mal fahren!“
    „Na ja“, grunzte Joachim, „wenn’s denn schon beschlossen ist, will ich mich nicht sträuben. Einmal muß die Sache hier ja doch zu Ende gehen.“

 
     
    Die Torte gelang Herrn Tepel wunderbar. Als sie gefüllt und garniert war, wirkte sie wie das Gesellenstück eines Konditors. Die Jungen aßen und aßen. Herr Tepel merkte ihnen an, daß sie sich mehr und mehr von der Last der Unsicherheit und Ungewißheit befreit fühlten und auch Joachim im Grunde froh darüber sein mochte, daß das Abenteuer sich seinem Ende näherte.
    Am Morgen des nächsten Tages holten sie ihre Umhängetaschen und Parkas aus der Höhle und wunderten sich darüber, daß die Sachen das schwere Gewitter einigermaßen unbeschädigt überstanden hatten. Danach spannte Herr Tepel das Pony vor den Kutschwagen und machte eine Herrenpartie mit den Jungen. Dabei wurde der Rest der Torte aufgegessen, die auch Ferdinand sehr schmackhaft fand. Herr Tepel erzählte aus seiner Kindheit und seinen Streichen in Schlesien, Joachim von seinen Streichen in Bremen, und Lutz schwärmte immerzu von seinem Vater und davon, was er alles mit ihm unternehmen würde, wenn er erst in Bremen wäre.
    Kurz vor neunzehn Uhr fuhren sie mit dem Motorrad nach Regensburg. Als sie in Schönach an der Ampel vorbeikamen, gackerte Joachim dem Schutzmann zu und rief: „Vorsicht, Herr Wachtmeister, heute haben wir den Anhänger voller Hühner! Bitte nicht anfassen, sonst fliegen sie weg!“ Der Polizist drohte ihnen lächelnd mit dem Finger. Der Lastzug, auf dem sie mitfahren sollten, bestand aus einem Motorwagen und einem Hänger und hatte eine geräumige Kabine mit einer doppelten Schlafkoje. Die Jungen verabschiedeten sich von Herrn Tepel, bedankten sich für seine Freundlichkeit
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