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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht
Autoren: Claudia Walter
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wiederholen
das Manöver anschließend noch ein paar Mal, bis wir endlich in einer Zeit
landen, in der der Motor erfunden ist. Dort gelingt es uns, in einem Dorf in
der Nähe einen sehr frühen Verwandten unserer Maschine zu stehlen, den wir ein
paar weitere Jahrzehnte später gegen seinen jüngeren Bruder und dann noch ein
weiteres Mal eintauschen. So gelangen wir auf Umwegen, aber ohne entdeckt zu
werden, wieder ins einundzwanzigste Jahrhundert. Wir mieten irgendwo zwei
Hotelzimmer. Und dann schlafen wir erst einmal den Schlaf der Erschöpfung.

Verdammt
    Clarissa
     
    Du hättest
alles haben können, Clarissa! Alles! Du warst eine von uns! Ich habe mein Leben
mit dir geteilt! Ich habe dir vertraut!
    Mir ist, als
erwache ich aus einem tiefen Schlaf. Jay ist irgendwo in meinem Zimmer, aber ich
kann ihn nicht sehen. Es ist zu dunkel. Ich will aufstehen und zu ihm gehen,
aber meine Beine gehorchen mir nicht.
    Und was tust
du? Du machst alles kaputt! Warum, Clarissa? Warum hast du das getan?
    Langsam kehrt
meine Erinnerung zurück. Arik… Claire… die Klippen…
    Weil ich ihn
liebe. Ich höre selbst die Verwunderung in meiner Stimme. Ich liebe ihn!
    Plötzlich steht Jay
direkt vor mir und sieht mich an. Seine Augen sprühen Flammen. Wie kannst du
so jemanden lieben? Nach allem, was du weißt und wer du bist?
    Keine Ahnung. Ich möchte die Schultern zucken, aber es geht nicht. Ich weiß es nicht. Aber
das ist auch egal. Ich liebe ihn einfach. Und ich werde es immer tun. Ich hatte
es nur vorübergehend vergessen.
    Ich merke, wie
mir Tränen in die Augen steigen und will sie wegwischen, aber ich spüre meine
Hände nicht. Eigentlich spüre ich gar nichts. Nur Jay und seine Gedanken. Ein
anderes Bild schiebt sich in meine Erinnerung. Arik und Claire, aufgehängt und
leblos. Panik steigt in mir auf. Was ist mit mir? Was habt ihr mit mir
gemacht?
    Jay sieht mich
ausdruckslos an. Du hast uns verraten. Zum zweiten Mal. Du hast den Tod
verdient.
    Die Angst, die
seine Worte in mir auslösen, macht mich stumm.
    Als ich nichts
entgegne, fährt er fort: Die anderen wollen deinen Tod. Aber sie können dich
nur töten, wenn ich es will. Du bist ein Teil von mir und ich von dir. Und ich
glaube immer noch nicht, dass du böse bist. Nur fehlgeleitet. Verwirrt. Er
sieht mich zornig an. Du hättest mich nie verraten, wenn er nicht gewesen
wäre! Nie hätten wir damit gerechnet, dass überhaupt einer von uns dazu in der
Lage ist. Menschen, ja. Engel, vielleicht. Aber nicht ein Wächter. Nicht,
nachdem er das Bündnis eingegangen ist. Niemals! Hätte ich gewusst, zu was du
in der Lage bist, hätte ich dich niemals hierher gebracht! Seine Stimme
wird immer lauter. Sie dröhnt in meinem Kopf.
    Ich möchte mir
die Ohren zuhalten, aber ich bin wehrlos. Ich kann noch nicht einmal die Augen
schließen oder den Kopf von ihm abwenden. Ich bin ihm vollständig ausgeliefert.
Trotzdem hallt ein Wort besonders in mir wider. Ich starre ihn an. Hat er
gerade… Hast du Engel gesagt?
    Sein Ausdruck
wird noch zorniger und seine Stimme noch lauter. Er fährt mich an: Ja. Wir
sind Engel. Gefallene Engel. Für immer aus dem Himmel verbannt, weil wir den
Menschen nicht dienen wollten. Es sei denn, es gelingt uns, Gott zu überzeugen,
uns zu verzeihen. Aber so sehr wir uns auch bemühen, er bleibt hart. Und jetzt
hast du erst recht alles verdorben! Er sieht mich so mörderisch an, dass
ich glaube, mein letztes Stündlein hat geschlagen. Dann jedoch scheint er sich
mühsam zusammenzureißen. Etwas leiser fährt er fort: Sie misstrauen mir
jetzt auch. Deshalb haben sie dich absolut sichergestellt. Diesmal ist keine
Flucht möglich. Selbst ich könnte dir nicht helfen. Du wirst hier bleiben, bei
mir. So lange ich es will. Und dann wirst du sterben. Er sagt das so kalt,
dass ich mich frage, auf was er noch wartet. Wozu es hinauszögern?
    Aber ich frage
ihn nicht. Sondern nur: Sichergestellt?
    Statt einer
Antwort taucht ein Bild in meinem Kopf auf. Ich sehe einen flachen,
rechteckigen Käfig, armdicke Gitterstäbe, massiv. Keine Tür. Und darin liegt
jemand auf dem kahlen Steinboden. Alle vier Gliedmaßen stecken in dicken
Eisenmanschetten, die mittels Ketten jeweils in einer Ecke des Käfigs
festgeschmiedet sind. Die ganze Konstruktion sieht nicht so aus, als sei
beabsichtigt, sie jemals wieder zu lösen. Das Mädchen in dem Käfig liegt
bewegungslos auf dem Rücken. Ihre Augen sind weit aufgerissen und sie starrt
blicklos an die Decke. In diesem Moment wird mir
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