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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht
Autoren: Claudia Walter
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Gestammel, dass ich das nicht verdient habe, wischt sie mit einer
verächtlichen Handbewegung vom Tisch. Und ich bin endgültig überzeugt, dass sie
wirklich ein Engel ist.
     

Epilog
    Clarissa
     
    Wie eine
wunderschöne Melodie prasselt der Regen in dicken Tropfen gegen die Scheiben
und läuft dann in Bächen an ihnen herunter. Ich blicke hinaus in die endlose, samtschwarze
Dunkelheit, und je weiter das Flugzeug mich nach Norden bringt, desto höher schlägt
mein Herz. Ich nähere mich dem Ziel meiner Träume. Einer Hochzeit.
     
    „Wenn ich mit
Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich
ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden
könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben,
so dass ich Berge versetzen könnte und hätte die Liebe nicht, so wäre ich
nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib
verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir´s nichts nütze. Die Liebe
ist langmütig und freundlich; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft
alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf.“
    Die Stimme des
Priesters hallt feierlich durch die Kirche, aber ich höre ihm kaum zu. Ich habe
nur Augen und Ohren für den Jungen neben mir. Arik. Ich kann es immer noch
nicht fassen, dass ich ihn wiederhabe. Dass er mit mir zusammen sein will.
Immer noch. Und für immer. Ich bin so glücklich wie noch nie. Und so dankbar.
Und so voller Liebe. Genau wie das Paar vor uns am Altar.
     
    Nach den
dramatischen Ereignissen in Schottland hatten wir zunächst gedacht, dass uns
ein Leben auf der Flucht bevorstand. Dass uns die Wächter auf der Spur sein
mussten und nun erst recht nicht in Ruhe lassen würden. Doch bevor wir alle
Zelte abbrachen und auf Nimmerwiedersehen verschwanden, hatte Claire darauf
bestanden, sich erst noch einmal umzusehen. Was sie herausfand, erstaunte uns
alle. Denn sie entdeckte – nichts. Die Wächter schienen wie vom Erdboden
verschwunden. Claire fand keine Spur von ihnen, zu keiner Zeit und an keinem
Ort. Und auch ich spürte Jay nicht mehr. Nirgendwo. Das Band zwischen uns
schien nicht mehr zu existieren. Es war unverständlich. Außer, wenn man
tatsächlich glauben wollte, dass sie bei der Explosion ihres Hauptquartiers
alle vernichtet worden waren. Nach langem Hin und Her beschlossen wir, es
darauf ankommen zu lassen. Solange die Wächter verschwunden waren, gab es für
uns keinen wirklichen Grund, dasselbe zu tun. Und wenn sie irgendwann doch
wieder auftauchen sollten, dann waren wir nicht mehr allein. Wir waren wie sie.
Wir waren schon mehrmals mit ihnen fertig geworden. Warum sollten wir das nicht
noch einmal schaffen können?
    Arik hatte mich
wieder nach Deutschland zurück gebracht, und zwar so, dass meine Mutter noch
nicht einmal merkte, dass ich weg gewesen war. Aber es war nur eine Rückkehr auf
Zeit, gerade so lange, wie ich brauchte, Amanda zu überreden, mir ein Schuljahr
im Ausland zu ermöglichen. Natürlich in Schottland. Trotzdem wurden die wenigen
Wochen bis zu den Sommerferien die längsten meines Lebens. Ich zählte die
Stunden, bis ich endlich ich wieder in den Flieger steigen und meinem Herzen
hinterher reisen konnte.
     
    Raphael und
Claire heiraten an einem regnerischen Sommertag, und nie haben die beiden
schöner ausgesehen. Ihr Glück erfüllt die ganze Kirche und strahlt mit unserem
um die Wette. Und niemandem außer Patti, Mike, Arik und mir fällt auf, dass ihr
Kuss ungewöhnlich lange dauert und beide danach leicht verändert wirken.
     
    „Die Liebe hört
niemals auf.“ Arik sieht mir tief in die Augen.
    Es ist früher
Morgen, die Feier seit Mitternacht vorbei, wie sich das für eine ordentliche schottische
Hochzeit gehört, das Brautpaar längst unterwegs zu ihrem unbekannten Honeymoon .
Nachdem alle anderen verschwunden sind, fragt Arik mich, ob ich Lust auf einen
Trip mit dem Motorrad hätte. Er wolle mir „unseren Ort“ zeigen. Wir kurven ein
paar Stunden durch die Highlands. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Fahrt ewig
dauern würde, und bin fast enttäuscht, als er in einem Märchenwald voller
uralter Bäume anhält. Er streckt mir die Hand entgegen, die ich sofort wie eine
Ertrinkende ergreife, dann lächelt er plötzlich verschmitzt.
    „Vertraust du
mir eigentlich?“
    Ich habe mal
wieder, wie so oft mit ihm, das Gefühl eines starken Déjà-vus. „Hast du mich
das schon mal gefragt?“
    Er grinst.
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