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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht
Autoren: Claudia Walter
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was in mir vorgeht, denn er macht keinen weiteren Versuch, mich
aufzuziehen. Stattdessen sagt er: „Ehrlich gesagt, wir haben noch nicht über
irgendwelche Pläne gesprochen. Wir wollten zuerst auf dich warten.“
    „Toll.“ Erst
jetzt fällt mir ein, dass ich mich ja noch gar nicht für ihr unerwartetes
Auftauchen, das uns wahrscheinlich das Leben gerettet hat, bedankt habe. „Äh,
danke. Wie kommt ihr überhaupt hierher? Und auch noch mit ihr?“ Ich deute auf
Patti, die prompt rot wird.
    „Ist eine lange
Geschichte“, entgegnet Mike. „Und ohne Patti“, er sieht sie an, „hätten wir
euch wohl kaum rechtzeitig gefunden.“ Dann schildert er mir in Kurzform alles,
was passiert ist. Im Gegenzug berichte ich ihm, was ich weiß. Zusammen ergibt
das ein einigermaßen klares Bild. Nur was Clarissa zur Wächterin gemacht hat, versteht
nach wie vor keiner von uns. Aber eigentlich ist das auch erstmal nicht so
wichtig. Viel wichtiger ist die Frage, ob es irgendeine Möglichkeit gibt, sie
da wieder rauszuholen. Und, was noch wichtiger wäre, ihre Verbindung mit den
Wächtern rückgängig zu machen. Ich schaue unwillkürlich Claire an, die sich
offenbar lange genug von ihrem wiedergefundenen Liebsten losgerissen hat, um
die Frage zu hören.
    Wie ich es schon
befürchtet habe, schüttelt sie den Kopf. „Das Bündnis ist dauerhaft. Wer es
einmal eingegangen ist, kann es nicht rückgängig machen. Selbst wenn ein
Wächter stirbt, wie in deinem Fall“ – sie schaut Patti an – „und die Zeit
verändert wird, besteht es trotzdem noch. Du bist noch eine Wächterin“,
versichert sie Patti, „du hast noch ihre Fähigkeiten. Die Menschen können immer
nur eine Zeitschiene sehen und glauben, alle anderen existierten nicht. Bei uns
ist das anders. Für uns existieren alle Zeiten parallel. Deshalb können wir uns
darin bewegen. Und sind in jeder Zeitschiene tot, wenn wir getötet
werden. Und weil wir nicht materiell sind, können wir unsere Energie, unseren
Geist, verbinden, aber nur dann in das Leben der Menschen eingreifen, wenn wir
durch ihre Berührung oder ein dauerhafteres Bündnis mit ihnen zu einem Teil von
ihnen werden.“ Nun sieht sie Raphael an. „Solange du mich festhältst, kann ich
bei dir bleiben. Aber wenn du mich loslässt, kann ich es nicht, bis du mich
wieder hältst.“ Sie wendet sich wieder uns zu. „Ihr drei dagegen tragt die
Eigenschaften beider Gruppen in euch. Du, Patti, weil du aus freiem Willen zur
Wächterin geworden bist, und ihr beide, weil ihr unsere Söhne seid. Deshalb
fürchten euch die Wächter. Sie glauben, nur sie dürften die besten
Eigenschaften von Menschen und Engeln in sich tragen, weil sie sich an die
Gebote halten. Sie erkennen nicht, dass sie gerade damit die schlimmste Sünde
begehen. Hochmut. Sie halten sich für besser als alle anderen. Und dabei
missachten sie das größte Geschenk, das Gott uns allen mitgegeben hat. Die
Liebe.“ Sie seufzt tief. „Aber ich verstehe sie. Denn auch ich habe eine
Ewigkeit geglaubt, dass wir Engel euch Menschen bei weitem überlegen sind. Dass
Gott einen Fehler gemacht haben muss und wir unschuldig für diesen Fehler
büßen. Ich musste erst dich“ – nun gilt ihr Blick Raphael, und sie strahlt –
„treffen, um meinen Fehler zu erkennen. Und ich habe lange dafür gebüßt. Wir
büßen immer noch, wir alle. Aber ich bereue es nicht. Denn dass wir jetzt hier
zusammen sein können, ist es wert.“
    Mike und ich
starren beide in unterschiedliche Richtungen und ich habe den starken Verdacht,
dass er genau so verstohlen versucht, seiner Gesichtszüge wieder Herr zu
werden, wie ich. Wobei für ihn noch erschwerend die Enthüllung, wer er wirklich
ist, hinzu kommen muss, während ich das ja schon immer wusste.
    „Ich fürchte
nur, die Wächter werden uns nicht in Ruhe lassen. Selbst, wenn wir nicht
versuchen sollten, Clarissa zu befreien. Sie werden nicht ruhen, bis sie uns
haben. Und wir werden den Rest unseres Lebens damit verbringen, vor ihnen zu
fliehen.“ Sie sieht uns ernst an.
    Ich weiß, dass
alles stimmt, was sie sagt. Aber eigentlich macht das die Sache nur leichter.
„Okay, dann gibt es ja keinen Grund, Clarissa nicht da rauszuholen“,
stelle ich fest. „Wenn sie uns sowieso jagen…“
    „Außer, dass es
vielleicht nicht gerade das Schlaueste ist, ihnen freiwillig in die Arme zu
laufen“, erwidert Patti nüchtern. Sie steckt das alles offensichtlich am coolsten
weg.
    „Du kommst
sowieso nicht mit.“ Mike sieht sie
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