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Zur Liebe verurteilt

Titel: Zur Liebe verurteilt
Autoren: Jude Deveraux
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zog, wußte sie, daß es ihr passen würde. Ja, es paßte wirklich. Tief einatmen durfte sie zwar nicht, weil es in der Taille sehr eng saß. Aber was machte ihr diese Kleinigkeit schon aus? Ein Mieder war in der Tat kaum vorhanden. Jedenfalls war es so tief ausgeschnitten, daß ihre Brüste praktisch oben herauskullerten. Doch sie fand, daß das dunkle Rot einen reizvollen Kontrast zu ihrer elfenbeinfarbenen Haut bildete.
    Zu ihrer freudigen Überraschung ließ sich das Kleid an der Vorderseite schließen. Es mochte mehr als 100 Ösen und Haken haben. Zuerst wunderte sie sich, daß es vorn und nicht, wie üblich, hinten zu schließen war. Doch dann fiel ihr ein, daß die Trägerin sich so viel schneller an- und ausziehen konnte. Und das war natürlich auch der wahre Grund für diese Anordnung.
    Sie schlüpfte noch in die hübschen kleinen Schuhe und trat dann hinter dem Felsen hervor. Vier Männer glotzten sie sprachlos an.
    Und ihr wurde warm ums Herz.
    Wie oft hatte sie erlebt, daß Rowena ins Zimmer kam und alle Männer sie wie versteinert anstarrten! Alle verstummten, Frauen wie Männer. Selbst Kinder wurden beim Anblick ihrer Schwester still und rührten sich nicht mehr von der Stelle.
    Bei Dorie war so etwas nie passiert. Sie hätte hinter einer Blaskapelle auf dem Rücken eines weißen Elefanten einherreiten können - niemand hätte von ihr Notiz genommen. Das hatte sie jedenfalls immer geglaubt.
    »Na, steht es mir einigermaßen?« fragte sie schüchtern. Genauso schüchtern hatte Rowena diese Frage immer den Anwesenden gestellt. Dorie hatte darum wie alle anderen geglaubt, daß sie bescheiden wäre. Deshalb sagte man ja auch stets: »Ist sie nicht zum Anbeten? Sie ist wunderschön und weiß es nicht einmal! Sonst würde sie doch nicht wie jede normale Frau fragen: Na, steht es mir einigermaßen?« Erst jetzt erkannte Dorie, was für eine nette Frau Rowena war. Sie hätte ja nicht so zu fragen brauchen. Sie konnte es in den Augen der anderen wie in ebenso vielen Spiegeln erkennen, wie wunderbar sie aussah. Mit ihrer Frage wollte sie erreichen, daß die Menschen nicht in Ehrfurcht vor ihrer Schönheit erstarrten, sondern sich ganz normal benahmen. So ließ Rowena die Leute in dem Glauben, daß sie zwar atemberaubend aussah, es aber gar nicht wußte.
    Nun spielte Dorie zum erstenmal im Leben dieses Spiel. »Will es mir denn keiner sagen?« fragte sie mit der ganzen Unschuld einer Vierzehnjährigen, die sich in ihrem ersten Partykleid vorstellt.
    Aber Cole stand da wie angewurzelt. Wie die vier anderen Männer starrte er sie sprachlos an. Dorie war nicht so schön wie ihre Schwester, aber in ihrer Art noch viel atemberaubender. Die losen Haare, die tagelang Wind und Sonne ausgesetzt gewesen waren, schwebten ihr wie eine weiche, volle verführerische Wölke um den Kopf. Das herzförmige kleine Gesicht sprach von Unschuld und hoher Intelligenz. Der Glanz in ihren Augen rührte nicht vom Sonnenschein her, sondern verriet, daß ihr wunderbarer kleiner Verstand Tag und Nacht tätig war. Der hübsche Mund, klein, aber mit vollen Lippen, darunter das energische Kinn, und darunter...
    Cole ballte die Fäuste. Er war kein Mensch, der es auf Besitz abgesehen hatte. Er hatte ja niemals etwas besessen und verlangte auch nicht danach. Und er war noch nie auf den Gedanken gekommen, einen anderen Menschen als seinen Besitz anzusehen. Aber nun mußte er auf einmal daran denken, daß alles, was Dorie den Blicken dieser Männer preisgab, ihm gehörte. Und sie stellte es in aller Öffentlichkeit zur Schau, bevor er es unter vier Augen zu Gesicht bekommen hatte!
    Bei ihrer ersten Begegnung hatte er gedacht, sie hätte keine Figur. Einen ganz netten Busen, nun ja. Doch was er jetzt sah, war sehr viel mehr als eine »nette« Figur. Sie hatte einen langen, anmutigen Hals, dem es gebührte, im Schmuck von Edelsteinen zu strahlen. Die leicht abfallenden Schultern waren vollkommen geformt. Darunter die schönen Brüste, die sich köstlich rund über den Samt erhoben. Schließlich die erlesene schmale Taille.
    Wenn er sie mit einem Wort beschreiben sollte, so hätte er das Wort »elegant« gewählt. Sie verstand es, dieses Kleid so zu tragen, als könnte sie darin zum Tee bei einer Königin erscheinen. Jede andere Frau würde darin wie eine Hure aussehen. Wie sie das fertigbrachte, blieb ihm unerfindlich. Vielleicht spiegelten sich all die Bücher, die sie gelesen hatte, in ihren Augen wider. Vielleicht war es auch ihre edle Haltung.
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