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Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)

Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)

Titel: Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)
Autoren: Daniela Herbst
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das stumm zu ihm spricht, stärkere Kontraste bildet und dann verschwindet. Ihre entfernte Stimme, die nach einem Krankenwagen bettelt. Ein Klicken. Sein eigenes gurgelndes Würgen. Die Waffe, deren Mündung in ihr Haar taucht. Das Geräusch von Sirenen. Ihr Zeigefinger, der den Abzug betätigt. Öliger Rauchgeruch. Ihre schockiert leeren Augen, als ihr Kopf zur Seite fliegt ...
     
    * * *
     
    Durch die Fensterscheibe ergießt sich helles Licht auf die Laken. Zeichnet goldene Streifen auf Stephan Sommerstedts bleiches Gesicht, das sich sacht zu regen beginnt.
    Begleitet vom beschleunigten Piepen der Geräte tropft pastellige Flüssigkeit über Plastikschläuche in seinen Arm und füttert die Kanülen mit ihrem Medikamentenstrom.
    Seine Lider flackern, als erwache er widerwillig aus einem Traum. Die blutige Binde, die seinen Brustkorb einschnürt, spannt sich und zaghaft öffnet er die Augen. Um sie gleich darauf überfordert wieder zusammenzukneifen.
    Das grelle Weiß der Wände blendet ihn. Verursacht ihm Kopfschmerzen. Und auf seiner Zunge schmeckt er den bitteren Rest einer Erinnerung.
    »Ausgeschlafen?«
    Sein Blick wandert zu dem Stuhl in der Ecke. Da sitzt sie, seine Erinnerung ... Lächelt ihn an mit ihren Mahagoniaugen und den seidig braunen Locken; nicht mehr bitter, sondern honigsüß.
    Ihre zarten Züge sind zur Hälfte in den Schatten eines breitkrempigen Hutes gehüllt. Wahrscheinlich das Erbstück irgendeiner Verwandten. Mit seinen opulenten Ausmaßen verleiht er ihr ein geheimnisvoll deplatziertes Aussehen.
    Trotzdem gelingt es dem Bekleidungsstück nicht, die Bandage gänzlich zu verbergen. Diesen kunstvoll drapierten Turban aus Gaze, der ihre Stirn bedeckt und von dem ein feines Karmesinrinnsal über ihre Schläfe kriecht.
    »Es heilt bereits …«, lässt sie ihn mit einem Schulterzucken wissen.
    Die wahnsinnige Furie hat sich verabschiedet. Sie wirkt wieder wie die starke Frau, die den Tod ihres Mannes betrauert und zu der er sich hingezogen fühlt.
    Mit trockener Zunge formt er ihren Namen: »Lara.«
    Sie tritt zu ihm. Streichelt seinen Arm. Ihr Mund küsst schüchtern seine Wange, als bäte sie ihn stillschweigend um Vergebung. Er möchte sie ebenfalls küssen. Sie streicheln. Sie in den Arm nehmen. Aber dafür ist es zu früh.
    Irgendwann vielleicht ...
    Über Zeit mussten sie sich vermutlich keine Sorgen machen. Das Haus wollte sie nicht sterben lassen, soviel begreift sein müder Geist - auch wenn er nicht ansatzweise versteht, wie dies möglich sein konnte. Oder auf welche Weise sich sein übersinnliches Duplikat in das Ganze einfügte.
    Eigentlich weiß er fast gar nichts. Warum lebte er? Warum lebte Lara? Gab es von ihr das gleiche Geisterecho? Hieß das, sie würden nie älter werden? Nie krank? Waren sie überhaupt die Einzigen? Nichts davon weiß er. Geschweige denn, was das alles in letzter Instanz für sie beide bedeuteten mochte.
    Doch all diese Fragen verschiebt er für den Moment. Er will nur aus diesem Zimmer, raus an die frische Luft, diesen Tag abschließen. Und endlich eine rauchen.
     

Wie ich zum Vampir wurde
     
    Dieses Kapitel stellt um ehrlich zu sein das mit Abstand peinlichste und gleichzeitig einschneidendste Erlebnis meines gesamten Unlebens dar. Einen Schandfleck in meiner Biografie, den ich seit fast vier Jahrhunderten zu verdrängen suche; der aber nichtsdestoweniger zu mir gehört wie die spitzen Eckzähne und der fahle Teint. Blutsauger erkenne dich selbst!
    Ja, bis heute jagt mir diese Nacht Schauer der Scham den Rücken entlang - und eigentlich hatte ich mir geschworen, niemals auch nur ein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren. Dass ich meine Aufnahme in den Klub der Blassgesichtigen nach all der Zeit nun doch zu Papier bringe, entspringt trotzdem keinem Akt persönlicher Selbstgeißelung.
    Wer an diesem Punkt haarsträubende Enthüllungen erwartet oder Heucheleien a la »Ich vergehe vor Gram ob des mir zugedachten Schicksals« , den muss ich leider enttäuschen. Sie werden hier sicher nichts über eine dunkle, charismatische Gestalt lesen, die mich in einem Anflug düsterer Romantik in ihresgleichen verwandelt hat. Woraufhin ich seitenweise jammere, nie mehr das Sonnenlicht auf meiner Haut zu spüren und die angeblichen Vorzüge eines Pulses genießen zu können.
    Um eventuelle Missverständnisse auszuschließen: Ich finde es fantastisch, ein Vampir zu sein!
    Jetzt sind Sie verwirrt, oder? Erst labert der Kerl von traumatischen Relikten seiner
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