Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)

Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)

Titel: Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)
Autoren: Daniela Herbst
Vom Netzwerk:
sie wie lange darin gewohnt haben? Sechsunddreißig Jahre?«
    »Fast siebenunddreißig. Es befindet sich seit stolzen vier Generationen in Familienbesitz.« Er räusperte sich. »Beziehungsweise befand sich in Familienbesitz. Bevor ich mich davon getrennt und der Villa Sommerstedt ein Lebewohl zugeraunt habe … Wofür mich mein Vater vermutlich noch post mortem mit Vergnügen enterben würde.«
    Der Witz verfehlte seine Wirkung.
    »Darf ich fragen, warum?«
    »Sie meinen, warum ich so ein undankbarer Sohn war, es abzustoßen?«
    Erneut lief der Scherz ins Leere. Seine bei Frauen sonst entwaffnende Kombination aus Charme, Intelligenz und Humor prallte rundweg an ihr ab. Sie lies sich nicht einmal zu einem Schmunzeln herab.
    »Das hatte persönliche Gründe.«
    »Und welche?«
    Das musste man ihr lassen, sie bewies Hartnäckigkeit. Trotzdem würde sie bei ihm auf Granit beißen. Denn wenn ihm nach einer Sache so gar nicht der Sinn stand, dann nach einem Plausch über seine verkorkste Psyche.
    »Einigen wir uns darauf, dass ich einen Tapetenwechsel brauchte.«
    Automatisch wanderte seine Hand zur Innentasche seiner Jacke, wo ein frisches Päckchen Zigaretten um Aufmerksamkeit bettelte. Dummerweise konnte er im Umkreis von zehn Kilometern keinen Aschenbecher ausmachen, weshalb er sie wieder sinken ließ und sich frustriert einen Butterkeks vom Tisch angelte.
    »Ein reichlich vager Grund.«
    »Ich bin nicht der kommunikative Typ.« Er zwinkerte. »Aber vielleicht sollten wir jetzt besprechen, wie ich Ihnen helfen kann.«
    »Nein. Noch nicht.« Lara schlug die Beine übereinander. »Erst will ich Ihnen von den Veränderungen erzählen.«
    »Veränderungen?«
    »Die zunehmende Intensität, die ich erwähnt habe.«
    »Ach ja …«
     
    »Es war ungefähr Mitte Februar, als meine Hirngespinste - bis dahin mochte ich sie derart bezeichnen - allmählich Kontur gewannen. Keine Ahnung, wie ich es formulieren soll. Der Wandel ist schwer zu beschreiben … Aus dem unverständlichen Flüstern schälten sich immer öfter Wortfetzen, teils ganze Sätze. Jemand rief wie von Ferne meinen Namen, führte Selbstgespräche und bat um Antworten auf verwirrende Fragen. Berührte mich die Präsenz, spürte ich den Druck von Fingern, nicht mehr nur einen Lufthauch. Und manchmal, während ich duschte oder unter der Stehlampe im Wohnzimmer las, huschte ein Schatten vorbei. Waberte hinter der Scheibe auf und zerstob dann im Dampf des heißen Wassers. Vor allem früh morgens und in den Abendstunden fanden diese Phänomene statt. Nachts allerdings zeigte sich seine Gegenwart am deutlichsten ...«
    Röte stieg in ihre Wangen. Zauberte einen verführerischen Kontrast zu ihrem blassen Teint.
    »Nach Einbruch der Dunkelheit stand er regelmäßig am Fenster. Genauer seine Silhouette. Das Gesicht und seine Gestalt lediglich ein Schemen, aber unverkennbar der Umriss eines Mannes. Er stand einfach dort, den Blick zum Bett gewandt, und rührte sich nicht. Oft verharrte er stundenlang in dieser Position, ohne sich zu bewegen. Redete ich mit ihm, reagierte er nicht. Ging ich zu ihm, verschwand er. Doch sobald ich die Grenze des Schlafs erreichte, kroch er zu mir unter die Decke. Sein Gewicht krümmte die Matratze. Die Wärme seines Körpers schmiegte sich an mich. Und Wellen der Geborgenheit strahlten von ihm ab.«
    Unwillkürlich merkte Stephan, wie sich ein leichtes, elektrisierendes Ziehen jenseits seiner Hüfte breitmachte. Er schluckte hart und bedeutete Lara Wieland, einen Moment innezuhalten.
    »Ist es Ihnen unangenehm, dass ich diese Dinge ... so detailliert schildere?«
    »Nein.« Seine angespannte Mimik strafte die Behauptung Lügen. »Ich weiß nur nicht, ob ich wirklich der richtige Ansprechpartner für Sie bin. Um ehrlich zu sein, bezweifle ich das nämlich.«
    »Keine Sorge, Sie sind der Richtige.«
    Betroffen registrierte er den kalten, abweisenden Unterton.
    Nichtsdestotrotz überraschte ihn ihre fast schon schnippische Erwiderung wenig. Denn im Endeffekt verübelte einem jeder den Wink mit dem Psychiater-Zaunpfahl. Gute Absicht hin oder her. Auch er konnte sich nicht davon ausnehmen. Im Gegenteil, als seine Freunde ihm durch die Blume den Rat erteilt hatten, sich professionelle Hilfe zu suchen, war er komplett ausgeklinkt.
    Man wurde eben nicht gerne auf die Tatsache gestoßen, dass dem persönlichen Oberstübchen eventuell Geschirr fehlte.
    »Also. Darf ich noch ein paar Minuten ihrer Zeit stehlen?«
    »Sicher«, meinte er nicht sonderlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher