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Zum Sterben schoen

Zum Sterben schoen

Titel: Zum Sterben schoen
Autoren: Julie Garwood
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ihm.
    »Haben Sie das alles schon einmal gehört? Ist es das, Pater?«
    Bevor Tom antworten konnte, flüsterte der Beichtende: »Hasse die Sünde, aber nicht den Sünder.«
    Der Spott hatte sich verstärkt. Tom erstarrte. »Möchten Sie gerne anfangen?«
    »Ja«, erwiderte der Fremde. »Segnen Sie mich, Pater, denn ich werde sündigen.«
    Verwirrt über das, was er gehört hatte, lehnte Tom sich dichter an das Gitter und bat den Mann, noch einmal zu beginnen.
    »Segnen Sie mich, Pater, denn ich werde sündigen.«
    »Sie möchten eine Sünde beichten, die Sie erst begehen wollen?«
    »Ja.«
    »Ist das ein Spiel oder –«
    »Nein, nein«, entgegnete der Mann. »Mir ist es todernst. Werden Sie schon wütend?«
    Ein Schwall von Gelächter, so misstönend wie eine Gewehrsalve mitten in der Nacht, drang durch das Gitter.
    Tom bemühte sich, mit so neutraler Stimme wie möglich zu antworten: »Nein, ich bin nicht wütend, aber ich bin verwirrt. Bestimmt ist Ihnen klar, dass Ihnen keine Absolution erteilt werden kann für Sünden, die Sie erst noch planen. Vergebung wird denjenigen erteilt, die ihre Fehler erkannt haben, sie aufrichtig bereuen und bereit sind, ihre Sünde wieder gut zu machen.«
    »Aber Vater, Sie wissen doch noch gar nicht, um welche Sünden es sich handelt. Wie können Sie mir da die Absolution verwehren?«
    »Die Sünden zu benennen, ändert gar nichts.«
    »O doch. Vor einem Jahr erzählte ich einem anderen Priester genau, was ich vorhatte, aber er glaubte mir nicht, bis es zu spät war. Machen Sie nicht den gleichen Fehler.«
    »Woher wissen Sie, dass der Priester Ihnen nicht glaubte?«
    »Er versuchte nicht, mich aufzuhalten. Daher weiß ich es.«
    »Wie lange sind Sie schon katholisch?«
    »Mein ganzes Leben lang.«
    »Dann wissen Sie, dass ein Priester außerhalb des Beichtstuhls weder über die Sünde noch über den Sünder sprechen darf. Das Beichtgeheimnis ist heilig. Wie hätte dieser andere Priester Sie aufhalten können?«
    »Er hätte einen Weg finden können. Ich habe damals noch … geübt, und ich war vorsichtig. Es wäre einfach gewesen für ihn, mich aufzuhalten, deshalb ist es seine Schuld, nicht meine. Diesmal wird es nicht so einfach sein.«
    Tom versuchte verzweifelt zu verstehen, was der Mann ihm sagte. Geübt? Was geübt? Und welche Sünde hätte der Priester verhindern können?
    »Ich glaubte, ich könnte es beherrschen.«
    »Was beherrschen?«
    »Das Verlangen.«
    »Welche Sünde haben Sie gebeichtet?«
    »Sie hieß Millicent. Ein schöner, altmodischer Name, finden Sie nicht? Ihre Freunde nannten sie Millie, ich nicht. Mir gefiel Millicent viel besser. Natürlich war ich nicht, was man einen Freund nennen würde.«
    Ein weiterer Schwall von Gelächter durchschnitt die stickige Luft. Auf Toms Stirn standen Schweißperlen, aber plötzlich wurde ihm kalt. Das war kein Witzbold. Er fürchtete sich vor dem, was er hören würde, dennoch war er gezwungen zu fragen.
    »Was geschah mit Millicent?«
    »Ich brach ihr das Herz.«
    »Ich verstehe Sie nicht …«
    »Was glauben Sie, was mit ihr passiert ist?«, wollte der Mann mit deutlichen Anzeichen von Ungeduld wissen. »Ich brachte sie um. Es war eine Sauerei. Überall war Blut, ich war voll davon. Damals war ich noch schrecklich unerfahren. Ich hatte meine Technik noch nicht perfektioniert. Als ich zur Beichte ging, hatte ich sie noch nicht getötet. Ich befand mich noch im Planungsstadium, und der Priester hätte mich aufhalten können, aber er tat es nicht. Ich erzählte ihm, was ich vorhatte.«
    »Aber wie hätte er Sie aufhalten können?«
    »Durch Gebete«, antwortete er mit einem Achselzucken in der Stimme. »Ich bat ihn, für mich zu beten, aber er betete nicht eindringlich genug, oder? Ich tötete sie trotzdem. Eine Schande, wirklich. Sie war so ein hübsches kleines Ding … viel hübscher als die anderen.«
    Lieber Gott, es gab noch andere Frauen? Wie viele?
    »Wie viele Verbrechen haben Sie –«
    Der Fremde unterbrach ihn. »Sünden, Pater«, sagte er. »Ich beging Sünden, aber ich hätte vielleicht widerstehen können, wenn der Priester mir geholfen hätte. Er wollte mir nicht geben, was ich brauchte.«
    »Was brauchten Sie denn?«
    »Absolution und Anerkennung. Beides wurde mir verweigert.«
    Plötzlich knallte der Fremde mit der Faust gegen das Gitter. Eine Wut, die direkt unter der Oberfläche geschwelt haben musste, brach sich mit voller Kraft Bahn, als er in allen grotesken Einzelheiten damit herausplatzte, was er der
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