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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang
Autoren: Erwin Kohl
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fern drang das Geräusch eines startenden Autos zu ihm herüber. Die Beleuchtung ging in diesem Moment aus und der Halbmond erleuchtete das Grundstück nur schemenhaft. Die Luft war klar wie nach einem Gewitter. Joshua stoppte plötzlich. Er befand sich mittlerweile an der Längsseite des Grundstücks und konnte den Bereich hinter dem Eingangstor einsehen. Verdeckt vom linken Mauerpfosten lag etwas Großes, Dunkles auf dem Rasen. Joshua drückte seinen Kopf an die Gitterstäbe, versuchte, seinen Blick darauf zu fokussieren. Er erkannte etwas Glänzendes im vorderen, dem Tor zugewandten Bereich. Joshua reagierte sofort. Er sah sich um, ging ein paar Meter weiter zu einer Birke, kletterte fast zwei Meter daran hoch und sprang zum Zaun herüber. Die Abschlussstäbe des Zaunes glichen kleinen, eisernen Speerspitzen. Sie stachen ihn kurz und heftig ins linke Bein, mit dem er versucht hatte, sich abzustützen. Mit einem Schwung ließ er sich über den Zaun fallen. Der Aufprall unterbrach für einige Sekunden seine Atmung. Seine linke Schulter schmerzte höllisch. Mühsam stand er auf. Dabei bemerkte er, wie sich seine Jeans im Bereich des linken Oberschenkels dunkel färbte. Sie war eingerissen und als er die Stelle berührte, zuckte er zusammen. Joshua hörte sich um, wunderte sich erneut über die Stille, die ihn umgab. Er griff instinktiv nach seiner Pistole. Mist, fluchte er leise. Seine Waffe lag im Schreibtisch seines Dienstzimmers. Janine zuliebe nahm er sie nie mit nach Hause und im Büro war er noch nicht gewesen. Er sah sich nochmals um, bevor er langsam in die Richtung des Eingangstores ging. Bereits einige Meter vor dem Tor erkannte er den Grund für diese verdächtige Stille. Der mächtige, dunkle Körper lag leblos vor ihm. Unter seinem Kopf war der Rasen dunkel eingefärbt. Joshua beugte sich über das Tier. Der Rottweiler trug ein breites, silberfarbenes Halsband mit nach innen gerichteten Stacheln. Seine weit geöffneten, schwarzen Augen schienen ihn zu warnen. Eine Handbreit unter seiner Schnauze klaffte eine offene Wunde. Das Blut war noch nicht geronnen.
    Joshua betete innerlich, dass sein Handy nicht im Wagen liegen würde. Als er in die Innentasche seiner Lederjacke griff, atmete er erleichtert auf. Er zog es raus, wollte die Nummer des Kommissariats eintippen und fluchte. Das Display hatte einen Sprung und blieb dunkel. Wütend schmiss er es zu Boden und lief zum Haus. Nach wenigen Metern ging die Außenbeleuchtung erneut an. Instinktiv sprang er in den Schatten eines großen Rhododendrons. Gebückt und weiterhin jeden Schatten ausnutzend, rannte er von Strauch zu Strauch zur Haustür. Den Blick auf das Haus gerichtet, stieß er vor einen meterhohen, auf einer kleinen Säule thronenden Steinlöwen. Er biss die Zähne zusammen und unterdrückte den Schrei.
    Die große, weiße Holztür stand einen Spalt weit offen. Ohne zu zögern öffnete er sie einen halben Meter und trat ein. Er befand sich in einer riesigen beleuchteten Eingangshalle. Schräg rechts von ihm führte eine breite geschwungene Treppe in das obere Stockwerk. Vor der Seitenwand der Treppe befanden sich eine kleine Sitzgarnitur und eine gusseiserne Stehlampe. Wohl zur Auflockerung des weißen Marmorbodens lag ein kreisrunder dunkelroter Teppich darunter. Vier Türen, zwei zu seiner Linken und zwei vor Kopf führten aus diesem Raum heraus. Die linke Tür an der Stirnseite war halb geöffnet. Gedämpftes Licht drang aus diesem Raum in den Flur. Joshua sah nach draußen. Noch immer war es still, er schien alleine zu sein. Als er sich wieder zurückdrehte, spürte er einen stechenden Schmerz in seiner linken Schulter. Die Wunde an seinem Oberschenkel pochte. Zu allem Überfluss bekam er auch noch leichte Kopfschmerzen. Aber für ihn gab es jetzt kein Zurück. Einen kurzen Augenblick trug er den Namen der Witwe auf den Lippen, wollte ihn hinausschreien, blieb aber instinktiv stumm. Er ging zu der offenen Tür und lauschte in den Raum hinein. Es war totenstill. Joshua öffnete die Tür weiter und trat hinein. Er schien sich im Wohnzimmer der Familie Schändler zu befinden. Dicke Teppiche dämpften jeden seiner Schritte. Er sah sich vorsichtig um. An der linken Wand befand sich eine massive, mindestens fünf Meter lange Schrankwand, vermutlich aus Eiche. Geradeaus blickte er durch eine lange Fensterfront in den Garten. Kleine, im Boden eingelassene Lampen ließen einen Swimmingpool in Nierenform erkennen. Joshua stutzte. Die Glastür stand
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