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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang
Autoren: Erwin Kohl
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dorthin und bückte sich nach dem Telefon.
    Er spürte noch einen dumpfen Schlag auf seinen Hinterkopf, danach wurde es dunkel um ihn herum.

3
    Joshua träumte, jemand würde ihm unentwegt ins Gesicht schlagen. Dabei vernahm er eine dunkle Stimme, die aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen schien. Ihr Hall dröhnte in seinem Hirn. Sie sprach davon, der Notarzt müsse jeden Moment eintreffen und ob die Straßen endlich abgesperrt seien. Er meinte, van Blooms Stimme erkannt zu haben. Plötzlich ein lauter, heller Knall, dicht gefolgt von mehreren nur wenig leiseren. Er fühlte sich, als habe man ihn kurz vor der Frühmesse in den Glockenturm des Kölner Doms gesperrt. Schlagartig riss er die Augen auf und schloss sie sogleich wieder. Das grelle Licht tat ihm weh. Er öffnete sie erneut ganz vorsichtig. Ein gespenstisch gekleideter Kollege von der Spurensicherung hob zwei Lampenstative neben ihm auf.
    »Na, gut geschlafen? Ist ja während der Arbeit eigentlich verboten, aber ich sag’s nicht weiter.«
    Daniel van Bloom grinste übers ganze Gesicht. Joshua verspürte die Lust, seine Faust anzuheben, aber es wollte nicht funktionieren. Von überall her drang Stimmengewirr herein. Allmählich fing sein Verstand wieder an, die Arbeit aufzunehmen. Mit einem Ruck setzte er sich aufrecht. Sein Kopf quittierte diese hektische Bewegung mit dröhnendem Schmerz. Daniel wollte gerade protestieren, als er schon stand. Joshua wankte bedenklich. Den Hinweis seines Kollegen, er solle liegen bleiben, bis der Notarzt ihn behandelt hätte, ignorierte Joshua mit einer abweisenden Handbewegung. Leicht torkelnd verließ er das Zimmer. Er erreichte die Treppe und stieg hinauf, aber oben kam ihm eine junge Frau in orangefarbener Uniform entgegen und zeigte mit energischem Gesichtsausdruck in die Richtung eines der Schlafzimmer. Joshua befolgte ihren stummen Befehl. Als er auf dem Bett lag, begann die brünette, junge Ärztin ihn zu untersuchen.
    »Was haben Sie denn mit Ihrem Kopf gemacht«, fragte sie ihn und deutete dabei auf eine beachtliche Beule an seinem Hinterkopf.
    »Ich habe wohl ein Buch abbekommen«, antwortete er lakonisch.
    »Aha, das muss aber schwere Literatur gewesen sein.«
    Joshua weigerte sich beharrlich, mit ins Krankenhaus zu fahren, versprach jedoch, sich von einem Kollegen im Laufe des Abends dorthin bringen zu lassen. Missmutig behandelte sie ihn weiter. Sie schnitt ihm das linke Bein seiner Jeanshose ab und verband die Wunde. Anschließend musste er sich auf den Bauch legen. Während ein junger Sanitäter beide Hände fest zwischen die Schulterblätter drückte, renkte die junge Ärztin das Schultergelenk mit einer geschickten Drehung seines Armes wieder ein. Joshua schrie laut auf. Vorsichtig drehte er sich wieder herum.
    »So, das wär’s. Muss aber noch geröntgt werden. Könnte sein, dass Ihr Schultergelenk gesplittert ist.«
    Sie wies ihn noch einmal darauf hin, dass sein Bein genäht werden müsse und er vermutlich eine Gehirnerschütterung habe und absolute Ruhe bräuchte. Joshua ließ sich noch ein paar Kopfschmerztabletten geben und versprach ihr alles. Er gab ihr eine Minute Vorsprung und ging dann die Treppe hinunter. Im Erdgeschoss herrschte reger Betrieb. Jutta von Ahlsen, die Polizeipsychologin, verabschiedete sich gerade. Sie hielt Rosalinde Schändler an der Hand. Kalle sah ihn kommen und reagierte als Erster. Er sah die junge Frau an und zeigte zu Joshua herüber.
    »Das ist der Kollege, den s ie erlegt haben.«
    Karl Heinz Schmitz, den alle nur Kalle nannten, hatte eine lockere Art. Normalerweise schätzte er ihn dafür. Diesmal fand Joshua es unpassend. Er blickte in die roten verheulten Augen des Mädchens. Mit zittriger Stimme gab sie ihm die Hand. Sie war zierlich und eiskalt.
    »Es … es tut mir Leid. Ich wusste doch nicht, dass …«, ihr Satz wurde durch einen Weinkrampf unterbrochen. Jutta von Ahlsen legte ihren Arm um die Schulter der jungen Frau und drückte sie langsam zur Tür hinaus.
    »Gehörst du nicht eigentlich ins Krankenhaus?«
    Kalle sah ihn mitleidvoll an. Joshua überging diese Frage.
    »Habt ihr ihn?«
    »Wen? Ach so, nein im Gegenteil, viel Arbeit haben wir. Übrigens, der König ist auch hier und hat schon ein paar Mal nach dir gefragt. Er hat dich gefunden und den Notarzt gerufen. Der hat vielleicht eine Laune. Also an deiner Stelle würde ich das Krankenhaus vorziehen.«
    Staatsanwalt König hatte er in all den Jahren noch nie mit guter Laune gesehen, schon gar
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