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Zuckermond

Zuckermond

Titel: Zuckermond
Autoren: Astrid Martini
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zu einer Hochzeit, ja?“ Sabina schüttelte empört den Kopf. „Den passenden Schwiegersohn haben sie nicht zufälligerweise schon in petto?“ „Ich hoffe nicht. Zutrauen würde ich ihnen aber alles. Zumal schon Andeutungen in dieser Richtung gefallen sind.“ „So, so. Und nun hast du also das Gefühl, du musst so schnell wie möglich heiraten und Kinder in die Welt setzen, damit Mami und Papi wieder lieb mit dir sind?“ „Es ist kein Gefühl. Es ist eine Verpflichtung. Schließlich bin ich ein Einzelkind. Dadurch gehöre ich zu den letzten Denhovens und ich kann sie nicht schon wieder enttäuschen.“ „Womit hast du deine ‚ach so armen’ Eltern denn so tragisch enttäuscht? Du lebst anständig und solide, hast am Wochenende deine erste Ausstellung und bist auf dem besten Weg eine gefragte Künstlerin zu werden. Soweit ich weiß, hast du auch noch nie einen Strafzettel bekommen oder sonst gegen irgendwelche Regeln verstoßen. Wo also liegt deine Untat? Oder hast du etwa eine skandalöse Vergangenheit, die du mir bisher verschwiegen hast?“ Helena lachte amüsiert auf. „Um Himmels Willen, nein. Aber ich bin vom Gut Denhoven weggezogen, habe statt Medizin Kunst studiert. Und nun arbeite ich auch noch als freischaffende Künstlerin.“ „Daran kann ich nun wirklich nichts Verwerfliches finden.“ „Ich auch nicht. Aber es ist nicht das, was Leute wie ich tun sollten.“ Helena seufzte. Sie fühlte sich immer noch schuldig, als sie an die Reaktion ihrer Familie dachte, als sie ihnen ankündigte, dass sie ausziehen und sich voll und ganz der Malerei widmen wolle. Ihre Mutter hatte eine Woche lang deprimiert und von Migräneattacken geplagt im Bett gelegen, ihre Großmutter war tagelang in schwarzer Kleidung herumgelaufen und ihr Vater hatte einen cholerischen Anfall nach dem anderen bekommen und Psychologen und Anwälte konsultiert, um sie von ihrem skandalösen Vorhaben abzuhalten. „Und was sollten Leute wie du tun?“ Sabina hob spöttisch die Augenbraue. „Wir sollten einen anständigen Beruf erlernen, einen Mann von Stand heiraten, uns auf Wohltätigkeitsveranstaltungen entsprechend präsentieren und uns nur in elitären Kreisen bewegen.“ „Und natürlich den Stammbaum weiter ergänzen. Vergiss das bloß nicht“, spöttelte Sabina, der man ihre Fassungslosigkeit deutlich anmerken konnte. Helena übersah das entsetzte Gesicht ihrer Freundin geflissentlich. „Genau. Und genau deshalb werde ich diesbezüglich nun schon seit Wochen von meinen Eltern unter Druck gesetzt. Wenn ich schon beruflich aus dem Rahmen falle, dann soll ich doch wenigstens die anderen Punkte zu ihrer Zufriedenheit erfüllen, damit sie nicht vollkommen unglücklich sind.“ „Du sollst also heiraten, um deine Eltern dafür zu entschädigen, dass du Kunst studiert hast, eine vorzügliche Malerin geworden bist und es verstehst, dein eigenes Leben zu leben? Ich fass’ es nicht!“ Sabina verzog das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse. „Was bin ich froh, das ich nicht aus solch erlauchten Kreisen stamme, denn stell dir bloß vor, welch Entschädigung man dann von mir verlangen würde. Schließlich bin ich mit siebzehn für eine Weile von zu Hause weggelaufen, habe am aktiven Tierschutz teilgenommen, war an Demonstrationen für den Frieden beteiligt und habe einschlägige Flugblätter verteilt, um der damaligen Regierung die Augen zu öffnen. Einmal bin ich deswegen sogar verhaftet worden. Skandalös, nicht wahr?“ „Ach, Sabina, ich weiß ja, wie du das meinst und ich beneide dich sehr um deine Freiheiten. Glaub mir, ich habe mir mehr als einmal gewünscht, lediglich ein ganz normales Mädchen aus der Provinz zu sein, ohne dieses strenge Korsett und langweilige gesellschaftliche Verpflichtungen.“ „Das glaub ich dir nur zu gern. Nur – was willst du jetzt tun? Dich etwa auf die Suche nach einem standesgemäßen Mann begeben, so schnell wie möglich heiraten und anschließend ebenso rasch Kinder bekommen?“ Sabina lachte amüsiert auf. „Ich hätte da übrigens einen tollen Anmachspruch, damit du sofort weißt, ob es der passende Mann ist: Hi, mein Name ist Helena Denhoven. Wie weit reicht ihr Stammbaum zurück?“ „Ja, ja. Mach dich ruhig über mich lustig.“ Helena musste schmunzeln. „Aber ehrlich gesagt könnte ich mir die Mühe sparen, denn meine Eltern würden diese Suche nur allzu gerne selbst in die Hand nehmen. Mit dem Gespür eines Trüffelschweins würden sie ruck, zuck die wenigen passenden Männer
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