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Zuckermond

Zuckermond

Titel: Zuckermond
Autoren: Astrid Martini
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Verglich sie Leonard nun schon mit gebrauchtem Wasser? Nein, dieser Vergleich hinkte gewaltig. Da ihr aber nichts Besseres einfiel, ließ sie es gedanklich dabei bewenden.
    Sie hatte die Tatsache, dass sie noch ihre Sachen bei Leonard abholen musste, so weit wie möglich nach hinten geschoben. Da allerdings am nächsten Tag ihr Flug nach Rom gehen würde, blieb ihr heute keine andere Möglichkeit, als es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    Herzklopfend griff sie zum Telefon, wählte Leonards Nummer, legte jedoch beim ersten Freizeichen wieder auf. Elender Feigling , schalt sie sich selbst, griff erneut zum Hörer und ließ ihn dieses Mal wieder auf die Gabel zurückfallen, bevor sie überhaupt eine einzige Ziffer gewählt hatte.
    So wird das nichts, Mädel. Also, Zähne zusammenbeißen und durch. Helena atmete tief ein und aus, bündelte ihren gesamten Mut, wählte seine Nummer und hielt auch beim fünften Freizeichen noch durch. Dann vernahm sie seine verführerische Stimme. „Hallo.“ Helenas Knie wurden weich beim Klang seiner Stimme, über ihren Rücken liefen heiße Schauer, ihre Hände zitterten. Gut, dass er mich jetzt nicht sehen kann. „Hier ist Helena…“ Ihre Stimme bebte, während sie in den Hörer lauschte. „Hallo, Helena. Was kann ich für dich tun?“ Himmel, allein diese erotische Stimme bringt mich um den Verstand! „Ich würde heute gerne meine Sachen bei dir abholen. Ist das möglich? Morgen geht mein Flug nach Rom und besonders meine Malutensilien…“ Sie brach ab, spürte wie diese Situation ihre Kräfte zu sehr beanspruchte und wünschte sich auf einen anderen Stern, wo es weder einen Leonard noch Liebeskummer gab. „Natürlich kannst du dir deine Sachen jederzeit abholen.“ Seine Stimme klang abgeklärt, ruhig und selbstsicher. Keine Spur von Trauer oder Sehnsucht. Helena seufzte leise. „Okay, dann komme ich heute Abend vorbei.“
    ***
    Helena war sehr nervös, als sie sich am Abend umzog, um zu Leonard zu fahren. Sie sagte sich, dass sie entweder der größte Dummkopf oder aber der größte Optimist unter Gottes Sonne sein müsse, wenn sie jetzt noch hoffte, Leonard könne sie doch noch bitten bei ihm zu bleiben. Doch sie wollte nichts unversucht lassen.
    Sie wählte das bordeauxrote Kleid, welches sie am Tage ihrer Ausstellung getragen hatte. Der Tag, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Dann schminkte sie sich sorgfältig, bürstete ihr langes Haar bis es glänzte und ihr in weichen Wellen über den Rücken fiel und stieg kurze Zeit später mit klopfendem Herzen in ihren Wagen.
    Fünfzehn Minuten später stand sie vor Leonards Tür. Nervös drückte sie den Klingelknopf und musste unwillkürlich an den Tag denken, als sie hier gestanden hatte, um ihren Part der Abmachung einzulösen: siebzehn Tage als Leonards persönliches Callgirl.
    Die Tür ging auf und Helena sah sich ihm gegenüber. Unsicher blickte sie zu ihm hinauf – lächelte ihm zur Begrüßung zu. „Hallo“, begrüßte er sie freundlich distanziert. „Komm rein.“ „Hallo.“ Verstohlen musterte sie ihn. Sie hatte erwartet, ihn in Freizeitkleidung anzutreffen. Doch stattdessen trug er zu ihrer Überraschung eine knielanges schwarzes Sakko, eine knallenge schwarze Lederhose und ein weißes Rüschenhemd. Teure italienische Schuhe rundeten das Bild gekonnt ab. Er hatte frisch geduscht, denn sein Haar war noch feucht. „Ich will dich nicht lange aufhalten“, erklärte Helena. „Sicher bist du in Eile.“ „Lass dir ruhig Zeit. Ich bin erst in einer Stunde verabredet.“ „Fein.“ Ihre Stimme klang seltsam gepresst. „Bis dahin werde ich längst fertig sein.“ Sie ging den Flur entlang, dann die Treppe hinab zu ihrem ehemaligen Zimmer. „Du findest ja sicher alles ohne meine Hilfe“, meinte Leonard und machte keine Anstalten, ihr zu folgen. Helena war erleichtert, dass er sie alleine ließ. Er musste nicht sehen, wie sehr ihre Hände zitterten, als sie begann, ihre Sachen in die Reisetasche zu packen, die sie bei ihrer überstürzten Flucht zurückgelassen hatte. Zu ihrem Erstaunen hatte Leonard schon alles bereit gelegt. Ihr Blick fiel auf die Strapse, die halterlosen Strümpfe und auf das Negligee – alles Stücke, die sie noch vor nicht allzu langer Zeit für ihn getragen hatte. Es kostete Helena einige Mühe, die Tränen zurückzuhalten, während sie ihre seidigen Slips, ihre Hosen, Blusen und Sommerkleider in die Reisetasche warf. „He“, ertönte da plötzlich Leonards
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