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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition)
Autoren: Anica Schriever
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machen. Papa hat recht, ich muss endlich die Kurve kriegen und mein Leben in die richtige Bahn lenken, statt mich selbst zu bedauern und die Schuld bei anderen zu suchen.
    »Ich verstehe nicht, warum du nicht früher mit uns gesprochen hast. Du hättest dir und uns eine Menge Kummer erspart«, entgegnet Mama.
    Ich schneide eine Grimasse. »Ich hatte Angst, euch die Wahrheit zu sagen. Nach dem Streit vor fünf Jahren war unser Verhältnis nicht das beste, und ich habe befürchtet, dass ich mir erneut Vorwürfe anhören darf, wenn ich gestehe, dass es mit der Karriere nicht geklappt hat. Ich gelte ohnehin als der Reinfall der Familie.«
    »Red nicht solchen Blödsinn!«, widerspricht mein Vater unwirsch.
    »Miriam, wir lieben dich doch. Ganz gleich, was war oder noch kommt.«
    »Ich weiß, Mama«, gebe ich zerknirscht zu und drücke ihre Hand, die sie mir über den Tisch entgegenstreckt.
    »Was wird nun aus David und dir?«, fragt meine Mutter zaghaft.
    »Gar nichts. Die Sache ist gelaufen.«
    »Das sehe ich anders.«
    »Ich aber nicht.«
    Plötzlich klingelt es an der Haustür. Ich setze mich kerzengerade auf. In meinem Kopf herrscht nur ein Gedanke. David! Das muss David sein. Er hat es sich anders überlegt. Alles war nur ein Missverständnis. Wir werden uns aussprechen, und alles wird gut. Es muss einfach so sein!
    Wie auf Wolken fliege ich zur Tür und reiße sie freudestrahlend auf. Aber es ist nicht David. Vor der Tür steht meine Schwester mit meinem Schwager Fabrizio. Und beide grinsen mich wie Breitmaulfrösche an.
    Das vorbereitete Lächeln entgleist mir. »Eva.« Meine Enttäuschung ist nicht zu überhören. »Was machst du denn hier?«
    »Ich bin schwanger!« Und dann reißt sie mich ohne Vorwarnung in die Arme und drückt mir sämtliche Luft aus der Lunge. »Ist das nicht phantastisch?«
    »Hältst du das für eine gute Idee?«
    »Für die beste seit langem.«
    »Du machst einen Fehler.«
    Ich werfe meiner Schwester einen entnervten Blick von der Seite zu und widme mich weiter dem Packen meines Koffers. Seit ich beim Frühstück ganz nebenbei habe verlauten lassen, dass ich heute zurück nach Hannover fahre, ist schlechte Stimmung angesagt. Die Tatsache, dass die kleine Schwester Hals über Kopf ihre Zelte in Wismar abbricht, stößt auf alles andere als Begeisterung. Im Gegenteil.
    Dabei fing der Tag ganz harmlos an. Die Wogen hatten sich nach dem Aufruhr gestern Abend geglättet. Mama und Papa hatten sich nach meiner Offenbarung, dass das mit dem Studium nicht so lief wie geplant, weitestgehend mit dieser Angelegenheit abgefunden – was blieb ihnen auch anderes übrig?
    Selbst mein Vater machte mir keine Vorwürfe mehr, was ich ihm hoch anrechne. Ich vermute, dass die Nachricht von Evas Schwangerschaft keinen unerheblichen Anteil an der Stimmungsaufbesserung nach dem desaströsen Abendessen hatte. Meine Mutter betütelt Eva seitdem wie eine Glucke und redet ununterbrochen auf sie ein, was meine Schwester mit einem nachsichtigen Lächeln geduldig über sich ergehen lässt. Und Papa, Fabrizio und Alex beglückwünschen sich gegenseitig zu dem Stammhalter – Eva ist klug genug, nicht zu erwähnen, dass es ebenso gut ein Mädchen werden könnte.
    Sosehr ich mich für meine Schwester und Fabrizio freue, diese Heiterkeit ertrage ich keine Minute länger. Ebenso wenig wie die vorwurfsvollen Gesichter, sobald das Thema David zur Sprache kommt.
    Meine Mutter hat Eva selbstredend die ganze Angelegenheit noch gestern Abend brühwarm erzählt. Dass meine Schwester eigentlich die Schuld an diesem Desaster trägt, verschweige ich wohlweislich. Den Schwarzen Peter bekomme ich ohnehin zugeschoben.
    Wieso meine Familie mir mein Verhalten gegenüber David dermaßen nachträgt, übersteigt meinen Horizont. Ich war mit David weder verheiratet noch sonst irgendwas. Er hat nur meinen Freund gespielt. Nicht mehr und nicht weniger. Warum kann mich meine penetrante Familie nicht endlich in Frieden lassen und den Namen David in meiner Gegenwart nicht mehr erwähnen? Ist das zu viel verlangt? Scheinbar schon, denn meine Schwester und meine Mutter werden nicht müde zu erwähnen, dass ich auf Davids Gefühlen herumgetrampelt sei. Ha, und dass er mir das Herz gebrochen hat, das interessiert keinen, wie? Selbstverständlich verkneife ich mir diese Antwort tunlichst – ich bin ja nicht komplett sadistisch veranlagt.
    David ist Geschichte. Es spielt keine Rolle mehr, was zwischen uns war. It’s over now.
    In wenigen Stunden bin
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