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Zuckerblut

Zuckerblut

Titel: Zuckerblut
Autoren: B Leix
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Schlinge einer Mordanklage gezogen hätte, geradezu die Bürotür einrennen.
    Das Eis, auf dem der Kommissar sich bewegte, war dünn, sehr dünn und er wusste es. Zwar gehörte es zum Verantwortungsbereich der Staatsanwaltschaft, über eine Anklageerhebung zu entscheiden, aber die Kripo saß auf jeden Fall mit im Boot.
    Oskar Lindt mochte sich nicht gerne auf einem sinkenden Schiff befinden. Ein gewagtes Spiel mit unsicherem Ausgang hatte er immer schon gehasst.
    Falls die Spurensicherung im Haus des alten Richters nichts Verwertbares finden würde und davon ging er mitt-lerweile fast schon aus, müsste der Anwalt demnächst wieder freigelassen werden.
    Der Gedanke an ein mögliches Scheitern machte ihm als leitendem Ermittler schwer zu schaffen.
    Er versuchte sich zu beruhigen.
    Sicherlich konnte er zusammen mit seinem Team im Fall Weinbrecht bald einen großen Erfolg verbuchen ...
    Außerdem war die Öffentlichkeit bisher über die Ermittlungen gegen Baumbach junior noch gar nicht informiert ...
    Aber dennoch!
    Innerlich war Lindt felsenfest davon überzeugt, dass er mit seinen Vermutungen Recht hatte. Der alte Richter war keines natürlichen Todes gestorben, aber anhand eines Häufchens Asche und eines gefälschten Schriftstücks ließ sich das leider nicht beweisen!
    Grimmig verkrampfte er seine Fäuste und murmelte halblaut vor sich hin: »Baumbach, irgendwie kriegen wir dich noch!«
    Der Kommissar lehnte sich zurück und schloss die Augen. Das Bild von einem Fisch im Wasser ging ihm durch den Kopf. Er hatte ihn zwar ergreifen können und hielt ihn momentan in der Hand, aber er würde seine Beute nicht in den Kescher bekommen. Zu glitschig war die schuppige Haut und für den Angelhaken war dieser Jurist einfach zu schlau. Schwupp und er war ihm entglitten.
    Schnell schlug Lindt die Augen wieder auf.
    Musste er sich mit dem Gedanken an eine Niederlage abfinden? Oft war ihm das noch nicht passiert und gerade diesen Winkeladvokaten hätte er allzu gerne hinter Gittern gesehen, doch wenn die Kriminaltechnik bei ihrer Arbeit nicht doch noch etwas Verwertbares entdeckte, blieb ihm nichts anderes übrig, als der ziemlich bitteren Realität ins Auge zu blicken.
    Er klappte seinen Laptop zu, steckte ihn in die Aktenmappe, erhob sich ganz steif und schüttelte die Jacke aus.
    ›Du kannst nicht immer nur gewinnen‹, versuchte er sich einzureden, aber dennoch fühlte er sich ziemlich mies – es war ihm richtiggehend körperlich schlecht.
    Ungewöhnlich langsam setzte er sich in Bewegung. Hängende Schultern und gesenkter Kopf – vermutlich war ihm der drohende Misserfolg auf den ersten Blick anzusehen.
    Wie in Trance ging er am Schloss vorbei in Richtung Innenstadt. Auf der Kaiserstraße kamen die Düfte einer Imbissbude in seine Nase, doch selbst, was ihn üblicherweise fast magisch angezogen hätte, ließ ihn nun kalt. Auch um die Buchhandlungen, denen er sonst immer einen kurzen Besuch abstattete, um sich über die all monatlich neu erschienenen Taschenbücher zu informieren, machte er heute einen Bogen.
    Eine Viertelstunde später stieg er im Präsidium die Treppen hoch und war froh, niemandem zu begegnen, mit dem er hätte sprechen müssen. Auch das Zimmer der Ermittlungsgruppe war zum Glück leer – Wellmann und Sternberg waren also noch unterwegs. Schnell ging er weiter in sein eigenes Büro und ließ sich in den bequemen lederbezogenen Schreibtischsessel fallen.
    Lindt fühlte sich immer noch nicht besser. Kleine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Mit einem großen Stofftaschentuch – er hasste die Papiertücher – fuhr er sich darüber und trocknete auch sein Genick.
    Ja, er fühlte es ganz deutlich dort hinten.
    Es war Baumbach, er saß ihm im Nacken und lächelte, so wie er es fast immer tat.
    Lächelte überlegen, herablassend, geradezu höhnisch. Der Kommissar spürte direkt einen Schmerz.
    Mit der flachen Hand schlug er zu ... und traf natürlich nur sich selbst.
    Der herablassende Blick des Anwalts hatte sich in Lindts Kopf festgesetzt.
    ›Es gibt ihn doch – den perfekten Mord!‹, schien er auszudrücken.
    ›Es gibt ihn doch – einen, der schlauer ist, als der bekannte, erfahrene, altgediente, erfolgreiche Hauptkommissar Oskar Lindt!‹
    ›Es gibt ihn doch – einen, der sich ins Fäustchen lacht und dem man nichts nachweisen kann!‹
    Wutentbrannt schlug Lindt mit der vollen Wucht seiner flachen Hand auf die Tischplatte, um das vor Arroganz strotzende Bild des zwielichtigen Juristen zu
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