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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elisabeth Hering
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selbst Augen im Kopf, um zu sehen, wie jung und wie schön Besbasa war. Und das nicht allein. Als die Amme erkannte, dass niemand in diesem Hause ihr etwas Übles antat, sie reichliches Essen bekam, eine weiche Bettstatt, man ihr ein geräumiges Zimmer anwies, dessen dicke Mauern die Hitze des Sommers abhielten, und dass man ihr keine andere Arbeit abverlangte als die Wartung der beiden Kinder, trat ihre urwüchsige, kindliche Fröhlichkeit hervor: sie sang bei jeder Arbeit, sang nahezu den ganzen Tag.
    Hätte Abu Hafs ihr das verbieten sollen? Hätte er auf Boreihas Frage »Warum duldest du diese heidnischen Lieder in deinem Haus?« nicht antworten sollen: »Weil sie dem armen Wesen Heimat bedeuten, Vater und Mutter«, sondern zu Besbasa gehn und sagen: »Schweig! Der Singsang stört deine Herrin!«? Und hätte er den roten Stein (ein heidnisches Amulett, zweifellos, wahrscheinlich vom Zauberer ihres Stammes gegen den bösen Blick angefertigt und der einzige Besitz, den sie aus dem väterlichen Zelt mitgebracht hatte) ihr wegnehmen und ins Meer werfen sollen, wie er es in der ersten Aufwallung seines Zornes tun wollte, als er das Teufelszeug auf der Brust seines Kindes entdeckte? Damals, in seiner Empörung, hatte er schon mit der Hand zum Schlag gegen sie ausgeholt - aber dann war das Unbegreifliche geschehen. Sie hatte sich vor diesem Schlag nicht geduckt, sondern war näher getreten und hatte ihm ins Auge gesehen. Ihr Blick durchfuhr ihn wie ein Blitz, und er wusste mit einem Mal, dass sie sich sehnte nach einer Berührung seiner Hand, und sei es durch einen Schlag. Aber Allah hatte ihm die Kraft geschenkt, den Arm ganz langsam sinken zu lassen, ohne ihn um ihre Schulter zu legen, und hatte ihn angesprochen mit den Worten des Korans, die in der Sure »Die Buße« stehen: »So einer der Götzendiener dich um Zuflucht angeht, so gewähre ihm Zuflucht, auf dass er Allahs Wort vernehme.« Wie ein Vorwurf hatte das geklungen, und er wusste, dass nicht Besbasa, sondern er selber Zorn verdiente, weil er nichts unternommen hatte, um sie aus dem Zustand der Verblendung und Unwissenheit herauszuführen. Deshalb sagte er zu Boreiha: »Gib dich mehr ab mit der Amme deines Sohnes. Lehre sie unsere Sprache, damit sie die Gebote Allahs und unsere Gebete an ihn verstehen lernt.« Und Boreiha kam diesem Auftrag gewissenhaft nach, obwohl ihr das innere Widerstreben deutlich anzumerken war.
    Wäre es seine Pflicht gewesen, diese Unterweisung selbst in die Hand zu nehmen? Sicherlich nicht, da hierdurch der Versuchung nur Tür und Tor geöffnet worden wären. Aber dass er dann auf einen Streifen Pergament die Worte Ibrahims niederschrieb: »Mein Herr, wende mich und meine Kinder ab von der Anbetung der Götzen! Mein Herr, siehe, irreführten sie viele Menschen, aber wer mir folgt, der gehört zu mir, und wer sich gegen mich auflehnt, dem wollest du, Barmherziger, verzeihen!«, und dass er mit diesem Pergamentstreifen den roten Stein umwickelte und der Amme zurückgab - das war doch kein Unrecht! Hätte sonst Besbasa selbst den Stein entfernt und dem Kleinen nur den Streifen mit den heiligen Worten auf die Brust gebunden? Und wäre das Kind unter ihrer Pflege so sichtbar gediehen? Nein, auch Besbasa gegenüber war er sich keiner Schuld bewusst. Nachdem Muhammad abgestillt war, hatte er ihr die Freiheit schenken und sie verheiraten wollen. Aber mit Tränen in den Augen hatte sie ihn gebeten, sie zu behalten. Wer konnte es ihm da verargen, dass er ihr diesen Wunsch erfüllt hatte? War sie doch dem Hauswesen nützlich wie keine Zweite, hatte der alten Bischa alle Künste in Küche und Garten abgesehen und war nach deren Tod an ihre Stelle getreten.
    Und wäre etwa ihrem Sohn mehr damit gedient gewesen, in die Hände eines Stiefvaters zu geraten, als von ihm, Abu Hafs, erzogen zu werden? Wuchs er nicht neben dem Milchbruder auf wie ein Sohn des Hauses?
    Genoss er nicht mit ihm zusammen den Unterricht, den Abu Hafs den Knaben selber erteilte? Und war der Lehrer nicht sogar noch strenger mit dem eigenen Sohn als mit dem der Amme? Denn Welid fasste zwar langsam auf, war aber um so gewissenhafter, alle Koranstellen genauestens auswendig zu lernen, während Muhammad spielend begriff, sich aber dann die Stellen nicht sorgfältig genug einprägte und eigene Worte unter die heiligen mischte. Darin jedoch verstand Abu Hafs keinen Spaß, und der Riemen hing nahe bei seiner Hand. Wer aber konnte ihm nachsagen, dass er jemals eines der Kinder ohne
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