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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elisabeth Hering
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hast!« Schließlich, am Ende der zweiten Nacht, warf er sich auf die Knie, berührte mit der Stirn den Boden und tat das Gelübde: »Keine Sklavin will ich je wieder in die Arme schließen, keine zweite Gattin Boreiha zugesellen, wenn du sie mir am Leben lässt, Unerforschlicher!«
    Als er sich erhob, umfing ihn Stille. Keinen Schmerzenslaut seiner Frau vernahm er, kein begütigendes Wort der Alten. Ein furchtbarer Schrecken durchfuhr ihn. Mit hastigen Schritten eilte er zu Boreihas Lager - aber nein, sie lebte! Ihr Gesicht hatte sich zu einem unbeschreiblich rührenden Lächeln entspannt, und Bischa war mit dem Kind beschäftigt, hielt es an den Beinen, klopfte es auf den Rücken, bis sich endlich der erste Schrei aus der kleinen Kehle löste. »Es ist ein Knabe«, sagte die Alte, »du hast einen Sohn bekommen, Herr!«
    So benommen war Abu Hafs, dass er keine Worte fand. Er fasste nur nach Boreihas Hand, die feucht und kalt vor Schweiß auf der Decke lag, und presste seine Stirn hinein. Und dann durchfuhr ihn ein Gedanke, der ihn eilends davontrieb.
    Er weckte den alten Murrakisch und befahl ihm: »Sattle das schnellste Pferd und reite zum Markt nach Algeciras. Kaufe eine Frau, die einen Säugling hat, ganz gleich, ob sie schön ist oder hässlich, nur gesund und kräftig soll sie sein. Ich brauche eine Amme für meinen Sohn.«
    Am Nachmittag kaum der Knecht zurück und brachte Besbasa mit. Fünfzehn Jahre war sie alt, ihr Sohn vier Monate.
    Als Murrakisch sie vom Pferd hob und seinem Herrn zuführte, trat Abu Hafs unwillkürlich einen Schritt zurück. Ein Ausdruck lag in ihrem Gesicht, den er noch nie bei einer Frau - nicht bei seiner Gattin und bei keiner Sklavin - gefunden hatte: der Ausdruck von Abwehr und wilder Entschlossenheit. Er wollte sprechen, aber Murrakisch sagte: »Sie versteht nicht arabisch, sie ist eine Berberin.«
    »Als Sklavin geboren?«
    »Nein, eine Kriegsgefangene. Ihr Stamm war dem Emir von Kairawan tributpflichtig und hatte sich gegen ihn aufgelehnt. Aber die Krieger des Emirs sind mit den Empörern schnell fertig geworden, haben sie aufgerieben und ihre Frauen als Beute verteilt. Diese da ist von dem Soldaten, dem sie zugesprochen worden war, sehr bald an einen andalusischen Sklavenhändler verkauft worden, der vom Maghreb seine Ware bezieht. Nach einem Krieg sind die Menschen ja billig.«
    Abu Hafs unterbrach ihn. »Und warum hast du gerade diese ausgesucht? Auch, weil sie billig war?«
    »Nein Herr - es gab keine andere Säugerin auf dem Markt.«
    »Nun gut«, sagte Abu Hafs und wandte sich zum Gehen. »Macht ihr ein Bad und gebt ihr zu essen. Und wenn sie sich gereinigt und gesättigt hat, bringt sie ins Zimmer der Herrin.«
    Boreihas Kind war klein und zart wie alle zu früh Geborenen, und es wimmerte sehr dünn und leise, als die Amme das Zimmer betrat.
    Man führte sie an die Wiege, zeigte auf das Kind, zeigte auf ihren Busen, und sie verstand sofort. Ihr Gesicht leuchtete auf. Sie nestelte ohne Widerstreben an ihrem Hemd und legte das winzige Püppchen, das sich neben ihrem eigenen gut genährten Säugling ausnahm wie eine Mandel neben einer Walnuss, an ihre Brust. Alles hielt den Atem an. Ja, der Winzige sog. Ja, er schluckte. Ja, er hatte das Leben angenommen.
    So wurden sie Milchbrüder: Abu Hafs Sohn Muhammad ben Abdallah ben Muhammad, ben Amir, ben Abi Amir, ben al-Walid, ben Jazid ben Abdelmalik al Ma’afir und der vaterlose Sohn der Sklavin Welid ben Besbasa.
    Während sich die Amme noch mit dem kleinen Muhammad abmühte, fing ihr eigener Sohn zu weinen an. Da sagte sie auf berberisch zu ihm: »Es bleibt dir genug übrig, Welid. Erst kommt dies Würmchen dran, das noch kaum Leben hat. Du kannst warten, du bist stark!«
    Es waren die ersten Worte, die sie in diesem Hause sprach, und keiner der Umstehenden verstand sie. Aber Abu Hafs beobachtete ergriffen die Veränderung, die sich in ihrem Gesicht ausprägte. Wie ein Bergsee kam es ihm vor, den ein Sturm aufgewühlt hatte und der nun wieder das Blau des Himmels spiegelte und das Weiß der Firne.
    »Sie ist ein guter Mensch, Murrakisch«, sagte er leise zum Alten. »Allah hat es gefügt, dass sie die einzige war, die du mitbringen konntest.« Und, zur Wöchnerin gewandt: »Unser Sohn wird am Leben bleiben, Boreiha!« Warum entgegnete Boreiha nichts auf diese Bemerkung? Hatte sich damals schon in ihre Seele die Eifersucht eingeschlichen?
    Nein, Abu Hafs hatte seiner Gattin gewiss keinen Anlass dazugegeben. Aber Boreiha hatte
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