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Zu Schnell

Zu Schnell

Titel: Zu Schnell
Autoren: John Boyne
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möchte keinen Ton von dir hören, während wir nicht in der Küche sind. Ist das klar?«
    Luke machte ein ziemlich dummes Gesicht und nickte brav. Seine Mutter führte mich aus der Küche, aber bevor sie die Tür schloss, drehte ich mich noch einmal um und sah, wie Luke und Mr Benson sich anstarrten.
    »Noch ein bisschen Pilzsoße, Luke?«, fragte Mr Benson.

Kapitel 4
    Später schauten wir fern, als das Telefon klingelte. Mrs Kennedy ging aus dem Zimmer und redete ein paar Minuten im Flur. Dann steckte sie den Kopf durch die Tür.
    »Danny«, sagte sie. »Es ist dein Vater. Er möchte mit dir sprechen.«
    »Hallo!«, rief ich aufgeregt ins Telefon.
    »Hallo, Danny«, antwortete Dad. »Entschuldige, dass wir nicht da waren, als du nach Hause gekommen bist.«
    »Ist schon okay«, brummelte ich, obwohl es echt nicht okay gewesen war.
    »Hast du was zu Abend gegessen?«
    »Ja.«
    »Gut. Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
    »Was für einen?«
    »Es macht dir doch nichts aus, heute Abend bei Mrs Kennedy zu bleiben, oder?«
    Mir wurde ganz komisch. Ich wollte nach Hause! Ich wollte, dass wir alle zu Hause waren.
    »Wieso sagst du das?«, fragte ich. »Wo bist du überhaupt?«
    Dad schwieg einen Moment. »Habe ich dir das noch gar nicht gesagt?«
    »Nein.«
    »Wir sind im Krankenhaus, Danny«, murmelte er leise. »Deiner Mutter geht es nicht so gut, das habe ich dir ja schon erzählt.«
    Ich machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, aber ehe ich ein Wort herausbrachte, hatte Mrs Kennedy mir schon das Telefon aus der Hand genommen. Sie stand plötzlich neben mir, ohne dass ich sie gehört hatte.
    »Russell?« Sie klang jetzt ganz energisch. »Ich bin’s wieder, Alice. Hör zu – ihr braucht euch keine Gedanken zu machen. Wir sitzen alle gemütlich vor dem Fernseher, und Danny geht es gut. Du und Rachel, ihr müsst euch jetzt erst mal um euch selbst kümmern.« Danach schwieg sie, und ich hörte, dass die Stimme am anderen Ende etwas sagte, verstand aber kein Wort. »Ich kann jederzeit einen Tag freinehmen«, sagte Mrs Kennedy. Dann kam wieder eine Pause. »Ja, klar, wenn euch das hilft.« Noch eine Pause. »Okay, gut, dann sehen wir euch morgen früh.« Sie schaute in meine Richtung und schien dann rasch eine Entscheidung zu treffen, denn sie drehte sich von mir weg und murmelte: »Ich soll euch von Danny gute Nacht sagen.« Dabei hatte ich nichts Derartiges auch nur angedeutet. »Bis morgen. Gute Nacht, Russell.«
    Sie legte das Telefon weg und schaute mich an.
    »Hör zu, Danny«, sagte sie. »Du musst das Ganze als eine Art Abenteuer betrachten.«
    »Aber – wo soll ich schlafen?«, fragte ich.
    »In Lukes Zimmer«, antwortete sie. »Er hat ein Etagenbett.«
    Das klang schon besser. Ich nickte. »In welchem Bett schläft er? Oben oder unten?«
    »Wo möchtest du lieber schlafen?«, fragte mich Mrs Kennedy.
    Ich überlegte kurz. »Oben.«
    »Dann schläft Luke unten«, verkündete sie und zwinkerte mir zu. »Komm, wir gehen ins Wohnzimmer. Gleich kommt meine Lieblingssendung.«

    Später holte Mrs Kennedy Bettwäsche, ein Kopfkissen und eine Decke aus einem Schrank und richtete das obere Etagenbett für mich her. Dann gab sie mir einen von Lukes Schlafanzügen. Wir standen alle drei etwas ratlos da, Luke, seine Mutter und ich, aber Mrs Kennedy kapierte schnell, was los war.
    »Ich komme in ein paar Minuten wieder und sehe nach, ob alles in Ordnung ist«, sagte sie. »Im Bad liegt eine frische Zahnbürste für dich, Danny. Du siehst gleich, welche ich meine, weil sie noch verpackt ist.«
    Ich ging ins Bad und putzte mir ausführlich die Zähne. Als ich wieder herauskam, sah ich, dass die Tür links von mir halb offen stand. Neugierig spähte ich hinein. Es war Mrs Kennedys Schlafzimmer. Zwar brannte kein Licht, aber die Vorhänge waren noch offen, und das Mondlicht schien durchs Fenster. Dadurch sah alles ganz unwirklich aus. Dunkle Schatten und ein matter Silberglanz. Ich wusste, dass ich nicht hineingehen sollte, aber irgendwie konnte ich nicht anders. Mrs Kennedys Bett war riesengroß, viel größer als das meiner Eltern. Rechts stand eine Frisierkommode mit unglaublich vielen Fläschchen und Dosen. Wie konnte sie das ganze Zeug unterscheiden? Ich ging zum Fenster und schaute hinaus. Ich sah mein eigenes Zimmer auf der anderen Seite des Zauns. Die Vorhänge waren nicht zugezogen. Das heißt, ich schaute jetzt auf die Stelle, von der aus ich Mrs Kennedy beobachtet hatte. Ich wusste nämlich noch
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