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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde
Autoren: Marcia Muller
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Barbara.«
    »Sharon McCone, von McCone
Investigations hier in San Francisco.«
    »Und sie ermitteln gegen ein Mitglied
des Vorstands?«
    »Ich überprüfe nur einige Fakten. Alex
Aguilar ist Opfer eines Kreditkartenbetrugs, den ich untersuche.«
    Oliverez runzelte die Stirn. »Aguilar?
Ist das der, der auch im Stadtrat von San Francisco sitzt?«
    »Stimmt. Kennen Sie ihn?«
    »Nein. Ich nehme an, er wird morgen
beim privaten Empfang zur Ausstellungseröffnung zugegen sein — falls ich jemals
diese verdammten Figuren ausgepackt kriege.«
    »Was ist das überhaupt?«
    »Sie nennen sich die Sánchez-Sakramente
und stammen von Adolfo Sánchez, einem berühmten mexikanischen Bildhauer, der im
Töpfereizentrum Metepec lebte. Er hat sie meinem Museum vermacht. Die
ursprüngliche Sammlung stellte fünf der sieben katholischen Sakramente dar, von
denen eines leider irreparabel zerstört war.« Elena Oliverez blickte auf einmal
ganz melancholisch.
    Ich betrachtete die bereits
ausgepackten Figuren. Der Priester war langhaarig, aber glattrasiert; seine
Augen wirkten gütig und weise. Die Eltern waren jung und sahen strahlend auf
ihr Kind hinunter. »Das ist dann wohl die Taufe.«
    »Ja. Sind Sie katholisch?«
    »Bin leider abtrünnig geworden. Aber
vom Katechismus ist einiges hängen geblieben. Und Sie?«
    »Ebenfalls abtrünnig, aber seit meine
kleine Tochter geboren wurde, spüre ich wieder ein leises Rühren meines
Glaubens.« Oliverez schaute nachdenklich auf die Statuen. »Diese Ermittlung — weiß
Alex Aguilar, dass Sie den Betrug untersuchen?«
    »Nein.«
    »Verstehe. Dann mache ich Ihnen einen
Vorschlag: Ich höre mich bei ihm und den Leuten vom Museum um, falls Sie mir
helfen, die restlichen Figuren auszupacken.«
    Ich sah auf die Uhr. Viertel nach zwei.
»Ich habe eindreiviertel Stunden Zeit. Reicht das?«
    »Wenn ich mir Ihr Geschick mit dem
Hammer ansehe, ja.«
     
    »Ralph hat Diabetes.«
    »Diabetes?«
    Meine Tierärztin Joyce Otani nickte
ernst und drückte den zerbrechlichen Katzenkörper gegen ihren weißen Kittel.
    »Ich wusste gar nicht, dass Katzen so
etwas bekommen können.«
    »Der Diabetes bei Haustieren steigt
ebenso an wie in der menschlichen Bevölkerung.«
    »Ist er bei Katzen... tödlich?«
    »Oh nein, er lässt sich problemlos
behandeln, falls man ihn rechtzeitig diagnostiziert. Ich nehme an, Sie wollen
ihn behandeln und nicht einschläfern lassen.«
    Ralphs gelbe Augen richteten sich
vertrauensvoll auf mich: Du nimmst mich doch wieder mit nach Hause?
    »Natürlich.«
    »Gut.« Joyce nickte zustimmend. »Ich
zeige Ihnen, wie Sie ihm das Insulin spritzen müssen.« Sie setzte ihn auf den
Untersuchungstisch aus Edelstahl. »Halten Sie ihn bitte fest.«
    Insulin? Spritzen?
    »Er hat schon gefressen«, sagte Joyce
und streifte Gummihandschuhe über. »Im Gegensatz zu Menschen brauchen Katzen
ihr Futter, bevor man ihnen die Dosis verabreicht. Wäre es schwierig,
ihn an regelmäßige Mahlzeiten zu gewöhnen?«
    »Nein.« Wie die Fernsehfigur aus den
Fünfzigern, nach der er benannt war, ließ auch er sich keine Mahlzeit entgehen.
    Mein Kater verlor Haare — eine typische
Reaktion, wenn er nervös war. Sie klebten an meinen Händen. Ich tätschelte ihn
beruhigend.
    Joyce hielt ein Fläschchen hoch.
»Insulin. Ich gebe Ihnen ein Rezept für die Apotheke mit.« Dann instruierte sie
mich bezüglich Wattebäusche und Wasserstoffperoxid. Als sie die Schutzkappe von
der Nadel abzog, schloss ich die Augen.
    Nadeln. Oh nein!
    Ich blinzelte und sah, wie sie Ralph am
Genick packte. Die winzige Nadel glitzerte böse, als sie in seine Haut drang.
    Doch er zuckte nicht einmal zusammen.
    »Sehen sie, es ist ganz einfach.« Sie
entsorgte die Spritze in einem Behälter neben dem Waschbecken und zog die
Handschuhe aus. »Es dürfte eigentlich gar keine Probleme geben.«
    Keine Probleme, schon klar.
     
    Fünfundvierzig Minuten später verließ
ich den Parkplatz von Safeway, bewaffnet mit Insulin aus der dortigen Apotheke,
das für »Ralph McCone, Katze« abgepackt war, einer Schachtel Spritzen und einer
Kreatur, deren empörte Schreie übersetzt so viel bedeuteten wie: »Ich hasse
diesen Scheißkäfig!«
    Obwohl Ralph bereits in der Tierklinik
gefressen hatte, lief er zu Hause umgehend zu seinem Napf. Angesichts der
schweren Prüfung, die hinter ihm lag, löffelte ich etwas von der widerlichen
klebrigen Masse, die als Katzenfutter durchgeht, in den Napf und gab Allie noch
einen Happen dazu. Natürlich machte er sich
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