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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde
Autoren: Marcia Muller
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Die Hälfte des Gewinns fließt
ins Ausbildungszentrum. Und er sitzt natürlich in den Vorständen diverser
hispanischer Organisationen, darunter auch des Mexican Museum drüben in den
Landmark Buildings.«
    »Sonst noch was?«
    »Das wäre alles. Hat es dir geholfen?«
    »Ein bisschen schon. Jetzt habe ich
einen Auftrag für dich: Finde so viel wie möglich über den Mann heraus. Ich
will genau wissen, woher er kommt, wer seine Eltern waren, jede Einzelheit
seines Lebens von Geburt an.«
    »Shar, meine Fälle —«
    »Gib sie jemand anderem.«
    »Das wäre logischerweise Jules.«
    »... Stimmt. Und alle anderen stecken
auch bis zum Hals in Arbeit. Hör mal, ruf Tamara Corbin an, die Partnerin
meines Freundes Wolf, und frag nach, ob die etwas von uns übernehmen können.
Sonst gibst du es mir.«
    »Als wenn du nichts anderes zu tun
hättest.«
    Ich nahm die Sonnenbrille ab und sah
ihm in die Augen. »Craig, es geht hier um Julias Zukunft. Und um die Existenz
meiner Agentur. Wir werden unsere Klienten bedienen, wie wir es immer tun, aber
das hier kann nicht warten.«
    Er nickte. »Wird sofort erledigt.«
     
    Nachdem Craig gegangen war, warf ich
die Reste unseres Mittagessens in den Müll, packte die Flaschen ein und sah auf
die Uhr. Kurz nach eins. Die Tierärztin hatte gesagt, ich könne Ralph nicht vor
vier abholen. Im Büro war nichts zu tun, das hatte ich alles gestern Abend
erledigt. Mein Haus war tadellos sauber, da jede zweite Woche eine Reinigungsfirma
kam. Schließlich schlenderte ich durch Fort Mason. Als ich an den Landmark
Buildings vorbeikam, wie die ehemaligen Lagerhäuser heute heißen, fiel mir das
Mexican Museum auf. Craig hatte gesagt, Alex Aguilar sei auch dort im Vorstand.
    Spontan ging ich die Treppe zum
ehemaligen Ladedock hinauf und trat durch die Glastür.
    Eine geräumige Eingangshalle. Links lag
der Museumsladen, im Fenster hing ein Schild: »Geschlossen.« Rechts befand sich
das eigentliche Museum, das ebenfalls geschlossen war. Ich bemerkte die
angelehnte Tür und ging hinein. Eine verlassene Empfangstheke, dahinter rumorte
es. Eine Frauenstimme fluchte auf Spanisch. Da ich in San Diego nahe der Grenze
aufgewachsen war, verstand ich den Fluch; die meisten spanischen Wörter und
Ausdrücke, die ich kannte, waren obszöner Natur. Ich spähte durch den
bogenförmigen Durchgang neben der Theke.
    Eine kleine, schlanke Frau mit
schwarzem Pferdeschwanz stand zwischen mehreren Kisten und drei Keramikfiguren
von etwa sechzig Zentimetern Höhe und hatte ihren linken Daumen im Mund. In
ihrer rechten Hand hielt sie einen Hammer. Als sie mich entdeckte, nahm sie den
Daumen aus dem Mund, wischte sich das Blut an der verblichenen Jeans ab und
sagte: »Tut mir leid, wir haben heute geschlossen.«
    Ich betrat den Raum. Die Figuren
schienen religiöser Natur zu sein: ein Vater, der einem ernst blickenden
Priester ein Kind darbot, während die Mutter glücklich zusah. Die Gesichter des
Trios wirkten erstaunlich lebensecht.
    »Eigentlich wollte ich gar nicht ins
Museum. Ich habe gehofft, hier etwas über ein Mitglied des Vorstands zu
erfahren.«
    Die Frau drehte eine Kiste um und fing
an, sie wild mit dem Nagelzieher des Hammers zu bearbeiten. »Da sind Sie bei
mir an der falschen Adresse. Ich arbeite gar nicht hier, bin nur für eine Wechselausstellung
aus Santa Barbara hergekommen.« Sie sprach mit einem sanften Rhythmus, man
hörte, dass sie Englisch und Spanisch gleichermaßen fließend beherrschte.
    »Ist sonst noch jemand hier?«
    »Nein. Die ehrenamtlichen Helfer sind
alle krank geworden. Krank, mi culo. Die hatten keine Lust, weil die
Sonne scheint.« Sie löste einen Nagel in der Kiste, riss sich einen Splitter in
den Finger und ließ den Hammer mit schmerzverzerrtem Gesicht fallen.
    »Ich helfe Ihnen.« Mit dem Hammer
machte ich mich nun an den Nägeln zu schaffen. Als Hausbesitzerin war ich mit
solch grundlegenden Arbeiten vertraut.
    »Danke.« Die Frau setzte sich auf das
Podest, auf dem die Figuren standen. Sie beugte sich vor, stützte die Ellbogen
auf die Knie und massierte ihre Schultermuskeln.
     
    »Früher konnte ich ein
Ausstellungsstück in Nullkommanichts aufbauen, aber ich bin aus der Übung.
Normalerweise kümmern sich mein Kurator und seine Assistenten darum, aber ich
wollte ohnehin herkommen. Ich dachte, das schaffe ich auch allein. Übertriebener
Ehrgeiz, nehme ich an. Aber wo sind nur meine Manieren? Ich bin Elena Oliverez,
Leiterin des Museum of Mexicans Arts in Santa
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