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Zottelkralle

Zottelkralle

Titel: Zottelkralle
Autoren: Cornelia Funke
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das ist nur so ein Monsterausdruck, Mama!«, sagte Kalli hastig und trat Zottelkralle unter dem Tisch gegen die Tatzen.
    Erstaunt sah der ihn an. Dann drehte er sich zu Kallis Mutter um, grinste so breit, dass all seine Zähne zu sehen waren, und nuschelte: »Ich möchte jetzt bitte ein bisschen schneckenschleimschöne Klimpermusik hören.«
    »Oh!«, sagte Kallis Mutter.
    Mehr nicht. Nur oh. Aber sie wurde rot wie eine Kirsche.
    Entsetzt schloss Kalli die Augen. Das war’s, dachte er. Und hörte erstaunt, wie seine Mutter lachte. Etwas verlegen, aber sie lachte.
    »Meint dein haariger Freund, dass ich Klavier spielen soll?«, fragte sie.
    »Ja, ja, äh, klar!«, stotterte Kalli. »Er ist ganz verrückt darauf. Er kann es nur nicht so ausdrücken.«
    »Oh!«, sagte seine Mutter noch einmal, erhob sich mit geschmeicheltem Lächeln von ihrem Stuhl und schwebte zum Klavierhocker.
    Kalli wusste, was nun kam, und gähnte. Zottelkralle aber saß mucksmäuschenstill da und spitzte die Ohren. Keinen Rülpser gab er von sich, kein Grunzen, kein Knurren. Endlos lange spielte Kallis Mutter und das Monster wiegte sich selig hin und her. Manchmal brummte es ganz, ganz leise mit und ein paarmal schmatzte es selig.
    Oje, dachte Kalli und stopfte sich gelangweilt mit Torte voll, hoffentlich geht das jetzt nicht jeden Nachmittag so.
    Da nahm seine Mutter endlich die Finger von den Tasten und verbeugte sich. Das tat sie immer, wenn sie vorgespielt hatte.

    »Wanzenwild wunderbar!«, brüllte Zottelkralle. »Aaah, schneckenscharf, wurmmäßig wahnsinnig!« Er klatschte mit allen vier Tatzen und kippte vor Begeisterung fast in die Torte.
    Kallis Mutter wurde dunkelrot wie ein Radieschen.
    »Ich habe ihm gesagt, du bringst es ihm bei«, sagte Kalli.
    Verlegen sah Zottelkralle auf seine Tatzen.
    »Nun ja«, sagte Kallis Mutter und räusperte sich. »Äh, nun ja, warum nicht?«
    Wie der Blitz war das Monster von seinem Stuhl herunter und hopste neben ihr auf den Klavierhocker. Dann grinste er sie breit an, hob die haarigen Tatzen und legte los. Seine Krallen flitzten hin und her, über- und untereinander, kreuz und quer.
    Fassungslos starrte Kallis Mutter auf die fuchsroten wirbelnden Finger. Was Zottelkralle spielte, hörte sich zwar etwas schräg an, aber entfernt erinnerte es an das, was Kallis Mutter gespielt hatte.
    »Wunderbar!«, rief Kallis Mutter, als das Monster die Tatzen sinken ließ. »Absolut wunderbar! Ein Naturtalent! Und dazu auch noch vierhändig!« Entzückt tätschelte Mama Zottelkralle den struppigen Kopf. »Nein, welch eine Begabung. Mein lieber Freund, es tut mir sehr leid, dass ich dich so schlecht behandelt habe.«
    »Och, keine Ursache«, grunzte Zottelkralle und kratzte sich den Bauch. »Aber jetzt könnte ich noch was von der Torte vertragen. Du auch?«

    Als es draußen längst stockfinster war, spielten Mama und Zottelkralle immer noch sechshändig Klavier. Und Kalli lag auf dem Sofa, schlief und träumte von Klavier spielenden Monstern.

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13

    Mitten in der Nacht rüttelte Zottelkralle Kalli wach. Dabei waren sie erst nach Mitternacht ins Bett gekrochen.
    »Sag bloß nicht, du hast Hunger!«, murmelte Kalli schläfrig. »Du hast mindestens sechs Stücke Torte gefressen.«
    »Ich hab was gehört!«, zischte Zottelkralle. »Unten an der Tür.«
    »Quatsch!« Verschlafen setzte Kalli sich auf. »Ich hör nichts.«
    »Pah, Menschenohren!«, grunzte Zottelkralle verächtlich und hopste aus dem Bett. Hastig lief er zur Tür. »Ich weiß, wer das ist. Bestimmt eins der anderen Erdmonster!«, schimpfte er. »Aber hier ist einfach kein Platz für zwei Monster. O nein! Also werde ich es verjagen!«
    Und – schwups – war er durch die Tür verschwunden.
    »He, Zottelkralle, warte doch!« Gähnend kroch Kalli aus dem Bett. »Was redest du denn da? Was, wenn es ein Einbrecher ist?« Verschlafen torkelte er zur Treppe.
    Und hörte auch etwas.
    Irgendjemand machte sich am Schloss der Haustür zu schaffen.
    »Zottelkralle!«, flüsterte Kalli. »Komm zurück!«
    »Der kann was erleben!«, hörte er das Monster in der Dunkelheit knurren.
    »Wo bist du?«, flüsterte Kalli.
    Vor der Tür war ein leises Fluchen zu hören. Plötzlich schnappte das Schloss auf.
    Entsetzt kauerte Kalli sich hinters Treppengeländer.
    Langsam ging die Haustür auf und ein Schatten fiel auf den Flurteppich. Ein Menschenschatten.

    Die Gestalt machte einen Schritt durch die Tür und Zottelkralle sprang ihr aus der Dunkelheit an den
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