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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)
Autoren: Stephan Ludwig
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verdächtigen konntet.«
    Zorn fuhr mit den Fingern in die Zigarettenschachtel, sie war so gut wie leer. Langsam gingen ihm die Fragen aus.
    »Ich verstehe nicht, wie du das auf dem Turm angestellt hast«, überlegte er laut. »Schließlich war ich selbst dabei, als der Priester dich umbringen wollte.«
    »Das hab ich mir gut ausgedacht, stimmt’s?«, sagte Max stolz, wie ein Schuljunge, der für seine Hausaufgaben gelobt wird. »Und du bist sofort drauf reingefallen, als ich dich angerufen hab.« Er richtete sich auf. Dann rief er mit hoher, ängstlicher Fistelstimme: »Hilfe, Herr Kommissar! Er will mich umbringen, retten Sie mich!«
    Zorn fröstelte, seine Nackenhärchen richteten sich auf.
    Max beugte sich vor und fragte leise: »Willst du wissen, wie es wirklich war?«
    »Ja.«
    Und Max erzählte.

Vierunddreißig
    Er steht auf dem Aussichtsturm.
    Den Strick hat er über die Querstrebe geworfen, das eine Ende ist um seinen Hals geknotet, das andere fest am Geländer verzurrt. Er hat die Hände in den Hosentaschen, lehnt mit der Schulter an einem der blauen Pfeiler und wartet.
    Unter ihm wiegen sich die Wipfel der Kiefern im Wind. Auf der Lichtung nähern sich hastige Schritte, kurz darauf poltern schwere Männerschuhe über die Stahltreppen. Max hört den angestrengten Atem eines Mannes. Er lächelt zufrieden.
    Die kräftige Gestalt des Priesters biegt um die Ecke. Als er den Jungen bemerkt, bleibt er stehen.
    »Hier bin ich. Was ist passiert?«
    Max sieht auf die Uhr.
    »Sie sind pünktlich«, sagt er. »Sehr gut.«
    »Erklär mir bitte, was los ist. Warum um alles in der Welt bestellst du mich um diese Zeit hierher?« Die sonore Stimme des Pastors hallt über die Lichtung. »Geht’s dir gut?«
    »Aber natürlich«, nickt Max. »Es dauert noch einen Moment.«
    » Was dauert noch einen Moment? Erklär mir, was hier los ist.«
    Der Priester kommt näher und greift Max am Oberarm. Er erkennt den Strick um den Hals des Jungen und erstarrt.
    »Was soll das? Bist du verrückt geworden?«
    »Lassen Sie mich los.«
    Giese weicht einen Schritt zurück.
    »Was hast du vor?«
    »Ist das nicht eindeutig?«, lächelt Max.
    »Hör zu, Junge. Egal, was passiert ist, niemand hat das Recht, sich selbst umzubringen. Es gibt immer einen Ausweg, verstehst du? Du kannst …«
    Max hebt den Zeigefinger an die Lippen.
    »Pssst!«
    Der Priester verstummt verwirrt.
    Max lauscht einen Moment, dann nickt er. »Wir spielen jetzt ein Spiel, Herr Pastor«, flüstert er. »Ich hab keine Ahnung, wie es ausgeht. Aber es wird bestimmt lustig. Sind Sie bereit?«
    Giese will etwas sagen, doch Max bringt ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Er sieht den Priester an, lässt ihn nicht aus den Augen.
    Öffnet den Mund. Und schreit.
    »Hilfe!«
    Der Ruf gellt weit durch die Nacht, es ist der Schrei eines Menschen in Todesangst.
    »Lass das, verdammt nochmal!«, schimpft Giese. Es ist das erste Mal in seinem Leben, dass er flucht. Er wird es nie wieder tun.
    »Das gehört zum Spiel!«, sagt Max und zieht die Oberlippe nach oben. Es soll ein Lächeln sein, doch es erinnert an das Zähnefletschen eines Raubtiers. »Jetzt müssen wir ein bisschen warten, Herr Pastor. Er kommt gleich.«
    »Wen meinst du? Um Himmels willen, ich will jetzt wissen, was hier vor sich geht!« Giese wird ungeduldig. »Wir werden jetzt gehen, Max. Dann erklärst du mir in Ruhe, was passiert ist. Wir überlegen gemeinsam und finden eine Lösung! Und jetzt nimm gefälligst diesen albernen Strick ab, du tust dir noch weh!«
    Der Priester greift nach dem Strick, will ihn über den Kopf des Jungen ziehen.
    »Finger weg«, zischt Max.
    Giese schüttelt wortlos den Kopf, zerrt weiter energisch an dem Strick. Er weiß, dass er stärker ist als der Junge.
    Max hebt die Pistole.
    Der Priester erstarrt.
    »Wo hast du die her?«
    »Ich sagte, Sie sollen mich loslassen.«
    Erschrocken weicht Giese zurück. Der Lauf ist direkt auf seinen Bauch gerichtet. Ungläubig wandert sein Blick zwischen der Waffe und dem Gesicht des Jungen hin und her.
    »Sie sind ein netter Kerl«, sagt Max heiter. »Ein bisschen leichtgläubig vielleicht, aber nett. Ich will nicht schießen, aber Sie können mir glauben, dass ich’s tun werde, wenn Sie nicht machen, was ich sage. Haben Sie verstanden?«
    Giese schluckt. Dann nickt er.
    »Gut.« Max nickt ebenfalls. »Wir müssen jetzt leise sein, sonst funktioniert das Spiel nicht.«
    Ein Käuzchen schreit.
    Am Fuß des Berges knacken Äste, ein leiser
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