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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes
Autoren: Britta Orlowski
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Schätzchen, möchtest du ein Glas Saft? Dieses Küsschen schickt dir Flo und das hier ist von mir.«
    Rosie kicherte beglückt.
    Das erste Wochenende ohne Flo überstand er durch diesen Besuch gut, doch danach lastete etwas Schweres auf seiner Brust. Er schickte Flo E-Mails, die sie kurz beantwortete, aber er vermisste persönliche Worte. Bildete er sich nur ein, dass sie Distanz zu ihm halten wollte? Zum ersten Mal erfasste ihn Angst, dass Flo nicht zurückkommen würde. Marc erinnerte sich an den Streit, den er im letzten Monat mit Kevin gehabt hatte. Flo hatte ihrem Sohn erzählt, dass sein Dad wieder heiraten würde. Kevin hatte die Türen geworfen und schließlich Marc angegriffen. »Nur deinetwegen kommt Dad nicht zurück. Weil du Mom nicht in Ruhe lässt. Du bist wieder gesund, also kannst du dir woanders eine Wohnung suchen.«
    »Hast du zu lange in der Sonne gelegen?« Marc tat, als würde ihn das nicht berühren.
    »Kevin« , versuchte Flo es mit Ruhe. » Mit Marc hat das nicht das Geringste zu tun. Außerdem sind er und ich befreundet, weiter nichts.«
    Wieso begriff er jetzt erst, was sie gesagt hatte? Er liebte sie, das wusste sie doch. Verdammt, er hatte es ihr unzählige Male bewiesen. Oder etwa nicht? Seine Laune sank weiter gen Gefrierpunkt. Scheiße.
    Verbissen ackerte er sich durch den Garten. Das Unkraut wuchs schneller, als er gedacht hätte. Seine miese Stimmung schien bereits auf Bertha abzufärben. Missbilligend zog sie sich zurück.
    Am Abend betrat er Flos Wohnung und erschrak. All ihre Sachen waren fort. Lediglich die Winterklamotten und ihre Quiltstoffe hatte sie zurückgelassen, allerdings waren diese Dinge bereits in Kartons verpackt, bereit zum Versand. Nach Deutschland etwa? Ließ sich Flo den Kram nachschicken?
    Plötzlich wurde ihm eiskalt. Er fuhr seinen PC hoch und recherchierte nach dem deutschen Telefonbuch. Marc gab die Suchbegriffe Rathenow und Amsel ein. So viele schräge Vögel konnte es ja in einer Kleinstadt nicht geben. Bingo, nur ein einziger Eintrag. Er notierte sich die Nummer für alle Fälle in sein Telefon. Wie war das eigentlich mit dem Zeitunterschied? War es jetzt mitten in der Nacht in Deutschland? Er konnte die Familie schlecht aus dem Schlaf klingeln, nur weil er unbedingt Flos Stimme hören wollte.
    Rasch drückte er auf die Austaste. Es war nicht nur ihre fröhliche Plapperei, die ihm fehlte. Auch ihr Mund und ihre Hände – Himmel, ihre Hände waren Gold wert. Er setzte sich wieder an den PC und schrieb ihr eine ellenlange Mail. Nur, was er wirklich sagen wollte: Komm zurück, ich liebe dich , ließ er weg. Er wollte ihr das persönlich sagen. Doch was, wenn er nie mehr die Gelegenheit dazu bekommen würde? Marc beschloss, die Nacht in ihrem Bett zu verbringen. Das Kissen verströmte ihren Duft. Gleichermaßen beglückt und traurig drückte er es auf sein Gesicht. Floriane fehlte ihm entsetzlich.

12. Kapitel
     
     
     
    F lo starrte aus dem Fenster der Neubauwohnung im fünften Stock. Nun war sie also wieder in Deutschland. Sie sah ihre alte Schule, den Pausenhof, den Spielplatz und das Wäldchen vor dem Wohnblock. Sie vermisste St. Elwine, wo es so ganz anders aussah. Vor allem das Meer fehlte ihr.
    Als streifte ein leiser Hauch ihren Rücken, wusste Flo instinktiv, dass ihre Mutter hinter ihr stand.
    »Du weißt selbst am besten, dass etwas nicht stimmt, Flo.«
    Sinnlos, ihr länger etwas vormachen zu wollen. Auf dem Gesicht ihrer Mutter spiegelte sich Sorge. Gern würde sie diese ein wenig zerstreuen, doch sie konnte nicht. Dankbar, dass sie wieder in Ruhe gelassen wurde, lauschte sie auf die Musik im Radio, die den ganzen Morgen vor sich hin gedudelt hatte. Bis dato war sie sicher gewesen, keine Schlager zu mögen, aber Stimme und Textpassage, die gerade zu hören waren, berührten etwas tief in ihrem Inneren. Gänsehaut überzog ihren Rücken. »Wenn du denkst, du bist verlassen und kein Weg führt aus der Nacht, fängst du an, die Welt zu hassen, die nur andere glücklich macht.«
    Jetzt fing sie auch noch an zu heulen, grundlos. Okay, das war gelogen, doch wenn sie aufspüren wollte, was sie quälte, musste sie ihre Gedanken ordnen. Und das tat weh. Vor Kurzem noch war sie in St. Elwine gewesen, einem kleinen Küstenstädtchen in Maryland, USA. Hatte im Garten gewerkelt, mit den Blumen gesprochen und war ihrer Arbeit nachgegangen. Jetzt war alles anders gekommen. Gut, ihren Job, das Verfassen von Texten für Bildbände oder Gartenzeitungen,
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