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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition)
Autoren: Marleen Reichenberg
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Furchtbar gerne hätte ich ihr das laut und
deutlich sagen wollen, aber die beiden waren in Gedanken schon fast Zuhause und
würden sich nicht die Mühe machen, auf mein mühsames Geflüster zu hören. Sie
wünschten mir eine gute Nacht und eilten in Richtung Ausgang. Ich hörte, wie
die Jüngere fragte:
    „ Glaubst du, die erholt sich wieder?“
Gespannt lauschte ich der Antwort, die niederschmetternd ausfiel. Bevor die
Türe zufiel, schnappte ich noch folgende Worte auf:
    " Naja, man weiß ja nicht, wie
WEITsie sich wieder erholt. Und ich
frage mich, wie viel Geduld dieser gut aussehende junge Mann mitbringt, der
fast täglich kommt. Meistens schaut er ja erst spätabends vorbei."
     
    Das musste Mark sein. Scheinbar war er
immer dann da gewesen, wenn ich schon schlief, was in den ersten Tagen ohnehin
meine Hauptbeschäftigung war. Ich wusste, dass er beruflich sehr eingespannt
war. Als aufstrebender junger Anwalt in einer renommierten Wirtschaftskanzlei
musste man bereit sein, sein Privatleben dem Beruf völlig unterzuordnen. Nur so
kam man weiter und konnte es bis zum Teilhaber schaffen. Und Mark war verdammt
gut in seinem Job.
    Ich ebenfalls. Ich war auch
Volljuristin   (klingt so ähnlich wie
Vollidiot, ich weiß. Aber Volljuristen sind solche, die beide Staatsexamen
absolviert haben und somit die Befähigung zum Richteramt, Staatsanwalt oder
Anwalt haben. Im Gegensatz zu "Juristen", so dürfen sich alle
bezeichnen, die das Jurastudium nach dem ersten Examen hingeschmissen haben.
Ich würde ja der Klarheit halber dafür plädieren, dass sie sich nur
"Halbjuristen" nennen dürfen, aber mich fragt ja keiner), konnte mich
einigermaßen gut ausdrücken, darüber hinaus fließend Englisch und Französisch
sprechen und hatte bereits an Schule und Uni an den jeweiligen Zeitungen als
Redakteurin mit gearbeitet.
     
    Direkt nach dem Studium bekam ich
aufgrund dieser Fähigkeiten und Kenntnisse in der deutschen Niederlassung eines
weltweit agierenden Unternehmens, welches neben Medikamenten medizinische
Ausstattung und Geräte an Krankenhäuser, Arztpraxen und Gesundheitszentren
verkaufte, eine gutbezahlte Stelle in der Presseabteilung. Ich war dafür
verantwortlich, dass die Firma nach außen in den Medien und bei den Kunden gut
rüber kam und organisierte unter anderem Tagungen und Kongresse. Mittlerweile
war ich sogar zur Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit ernannt
worden und   eine persönliche Assistentin
stand mir zur Seite.
      Ich
korrigierte mich: Ich WAR gut gewesen, momentan besaß ich den ökonomischen
Nutzen einer Fliege an der Wand.
     
    Mark und ich hatten uns im Jura-Studium
kennen gelernt, welches wir mit großem Ehrgeiz und sehr guten Abschlüssen
absolvierten und seitdem waren wir ein Paar, hatten uns zusammen in
München   eine schicke Wohnung gekauft
(dank des unerwarteten Geldsegens meiner verstorbenen Oma war ich in der Lage
gewesen, mich hälftig zu beteiligen) und waren seit sechs Monaten auch verlobt.
Im Sommer dieses Jahres sollte unsere Hochzeit am Tegernsee stattfinden.
     
    Das alles erschien mir jetzt unendlich
weit entfernt. Meine Welt hatte sich schlagartig auf dieses etwa acht
Quadratmeter große Intensivzimmer mit dem darin stehenden Bett und den stetig
piepsenden Gerätschaften reduziert. Ich, die immer so großen Wert auf ihre Unabhängigkeit
gelegt hatte, war völlig abhängig von Maschinen, den Ärzten und dem
Pflegepersonal. Konnte nicht essen, nicht aufsitzen, und für jede Kleinigkeit
brauchte ich Unterstützung. Nicht mal über meine Verdauung hatte ich Kontrolle:
auf die Toilette gehen wurde vom Blasenkatheder ersetzt   und nun von der Bettpfanne sowie der täglichen
Darmentleerung mittels Einlauf und Bauchmassage, die ich hasste wie die Pest. Ich
weiß, es klingt eklig und ich erwähne das nur der Vollständigkeit halber, damit
Sie eine Ahnung haben, mit was für entwürdigenden Prozeduren sich unsereiner herumschlagen
musste.
      Ich war ein kompletter Pflegefall und das mit
knapp Dreißig! Wenn ich mit meinen Überlegungen soweit gediehen war, dass es
für mich unerträglich wurde, ließ ich mich   in einen Dämmerschlaf sinken. Aber die Schlafphasen
wurden kürzer.
     
    Immer öfter war ich jetzt tagsüber wach
und - obwohl ich immer noch ganz und gar nicht den Eindruck nach außen
vermittelte - völlig klar im Kopf. Interessanterweise hatte ich aber bisher
noch keinerlei seelischen Zusammenbruch oder eine Depression gehabt. Aus meiner
Teenagerzeit und
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