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Zieh dich aus, du alte Hippe

Zieh dich aus, du alte Hippe

Titel: Zieh dich aus, du alte Hippe
Autoren: Helge Schneider
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mit schweren Schritten durch den Forstweg. Seine Jacke ist die Jacke eines Jägersmannes, dazu trägt er Knicke rbocker. Ein Paar geschnürte Halbschuhe tragen ihn mit seiner Last durch einen morastigen Boden. Er biegt vom Feldweg ab und geht auf eine Straße zu. Die Gegend hier ist der Stadtteil, in dem Kommissar Schneider sein Zuhause hat. Die Stadt ist wie leergefe gt, die Menschen sind unmittelbar nach der Aussprechung der Evakuierung sofort geflohen. Dicke Schlösser hängen an den Türen und Toren. An Kommissar Schneiders Haus hält der Mann an und legt die Leiche vorsichtig, ohne unnötige Geräusche zu machen, vor di e Fußmatte. Er klingelt und haut ganz schnell ab. Kommissar Schneider tritt zur Türe hinaus und wundert sich zunächst, daß überhaupt jemand noch in der Stadt zu sein scheint. Er läßt seinen Blick umherschweifen. Dann erblickt er die zu sammengekrümmte Gestalt auf dem kleinen Weg, der zu seiner Haustür führt. Noch einmal sieht er sich um, dann bückt er sich und horcht an der Person. Es ist ein Mann, kein Zweifel. Er wendet ihn, da erschrickt er sich fast. Der Mann ist eine Frau! Ganz klar, sie hat sich als Mann getarnt. Und sie ist, so kann der Kommissar schnell untersuchen, erwürgt worden. Es kann sich hierbei nicht um den Serienmörder handeln. Doch bei der weiteren Untersuchung stellt sich für Kommissar Schneider die Frage: Woher kennt er die Person? Als e r in der Manteltasche eine abgesägte Hundefutterdose findet, bekommt er einen Geistesblitz! Na klar, das ist die Frau, die er sucht! Der Mörder, besser gesagt die Morden n! Da schellt im Wohnzimmer das Telefon. Seine Frau ist auch evakuiert worden, deshalb muß der Kommissar selbst dran gehen. »Hier Kommissar Schneider?« Der Kommissar steht mit Matsch an den Schuhen auf dem hellen Teppich. Am an deren Ende ist ein merkwürdiger Mann. Er behauptet, zu wissen, daß eben wieder eine Frau umgebracht wurde. Die Tel efonzelle, in der der Mann steht, ist ganz in der Nähe. Der Mann trägt Handschuhe und einen angeklebten Bart. Er sieht aus, als wolle er erpressen. »Herr Kommissar! Sie haben gerade eine Frau erwürgt! Schauen Sie mal an den Hals der Frau und nehmen Sie di e Fingerabdrücke. Vergleichen Sie sie mit Ihren eigenen.« Der Anrufer legt auf. Kommissar Schneider kann nichts dagegen unternehmen. Er hätte gerne länger mit dem Anrufer gesprochen, dann hätte er nach ei ner Weile den Ort ausmachen können, von wo der Anru f herkommt. Er hatte schon die Verbindung zum Dezernat aufgenommen. Zu spät. Die ganze Aktion gerade war nur ein Ablenkungsmanöver, denkt der Kommissar. Er ist sehr schlau. So schnell legt man ihn nicht rein. Und als der Kommissar wieder nach draußen kommt, ist die Leiche wieder weg. Genau das hatte sich der Kommissar gedacht. Es war wahrscheinlich ein Pärchen, das aus dem Fall »Zieh dich aus, du alte Hippe« Kapital schlagen will. Die beiden hatten sich abgesprochen, der eine spielt die vermeintliche Leiche , der andere den Er presser. Quatsch. »Nicht mit mir, Freunde! Neeee!« Der Kommissar schlägt seinen Mantelkragen hoch und geht weg.
    Kommissar Schneider geht zu Fuß in die Stadt. An den Geschäften vorbei, durch die Fußgängerzone, dann kommt der Bahnhof. Menschenleer. Er ist der einzige Bürger. Da fällt ihm der Meister der Bürger ein, der Bürgermeister. Was macht der eigentlich so? Der Kommissar könnte ja mal gucken, ob er zu Hause ist. Er geht in Richtung Bürgermeistervilla. Ein Hund kommt ihm entgegen, er ist ziemlich groß. Nur nicht nervös werden, Herr Schneider. Sie sind auf gleicher Höhe, da wechselt das Vieh die Straßenseite und kommt rüber. Seine Zunge hängt zwanzig Zentimeter aus dem Hals heraus. Er ist total durstig. Es herrscht Wasser knappheit in der Stadt. Auch Tiere sind betroffen. Der Hund wirbelt urplötzlich einmal um sich selbst und zerfällt zu Hausstaub. Der Kommissar hat eine Hausstauballergie und muß erstens niesen, und dann bekommt er große juckende Ekzeme überall. Er eitert bereits. Mühsam schleppt er sich in eine Apotheke, deren Besitzer geflohen sind. Hier hat er freie Auswahl. Doch er weiß nicht genau, was er nehmen muß, so holt er sich eine Mischung von irgendwelchen Ta bletten aus den verschiedenen Regalen. Er spült sie mit Speiche l runter, muß sich fast übergeben. Das Zeug hilft nicht gut, es ist nicht das Richtige. Der Kommissar verzweifelt fast. Dicke rote Quaddeln umschließen sein Gesicht, er er kennt sich im Spiegel selbst nicht wieder.
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