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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition)
Autoren: Daria Verner
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ihn entgeistert an. »Was soll das denn heißen?« Langsam wurden ihr die Geheimnisse um Kirt zu viel. Alles an ihm wirkte rätselhaft – bis zum Schluss. »Es war kein gewöhnlicher Tod, wissen Sie?« Nein, wusste sie nicht: Ganz im Gegenteil – sie verstand gerade gar nichts. Der Polizist suchte nach den richtigen Worten. »Gestorben ist Ihr Freund an einer hypotonen Hyperhydration… einer Wasservergiftung.«
    Gloria starrte den Polizisten an. Ihre ohnehin schon schlechte Laune wurde dadurch nicht gerade besser! »Machen Sie´s kurz und knapp! Was zum Teufel ist eine Wasservergiftung?« Sie ahnte schon, dass Kirt alle Register gezogen haben musste… »Ihr Freund hat binnen kürzester Zeit sieben Liter Wasser getrunken und so seinen Natriumwert derart verdünnt, dass es zu einer sogenannten Elek-trolytverschiebung kam. Dass ein Mensch zum Großteil aus Wasser besteht, ist den meisten bekannt. Aber das normale Wasser zum Trinken hat nicht die gleiche Zusammensetzung wie die, die der menschliche Organismus benötigt. Der Mensch braucht auch Mineralien wie Calcium, Kalium und Magnesium; also auch normales Kochsalz: Natrium.«
    Gloria sah ihn entgeistert an, doch sie wollte ihn nicht unterbrechen, also fuhr er fort: »Wenn man innerhalb kürzester Zeit mit sechs, sieben Litern Wasser die Salze im Körper verdünnt, versuchen die Zellen, diesen Mangel auszugleichen… Der Pathologe sagte mir, dass dies ‹Osmose› genannt wird.« Gloria versuchte dem Mann zu folgen. Das ganze erinnerte sie stark an den letzten Biounterricht in der Schule. Wobei sie kaum glauben konnte, dass das langweilige Thema Osmose mit Kirts Tod zu tun haben sollte… als der Polizist erneut den Faden aufnahm:
    »Wenn der Körper gezwungen ist, so viele Wassermengen auf einmal auszugleichen, gelangt durch den Zellaustausch das Wasser in die Blutgefäße und die platzen irgendwann… auch im Gehirn.« Wie vor den Kopf gestoßen sah Gloria den Mann an, der seine Rede rasch zu Ende führen wollte, um das Thema endgültig erklärt zu haben: »Wenn man also sehr viel Wasser trinkt, aber wenig oder gar kein Salz zu sich nimmt, haben außerdem die Nieren keine Chance, das Wasser loszuwerden. Das alles nennt man Wasservergiftung und Ihr Freund muss dies ganz genau gewusst haben! Die Folge: Herzstillstand.«
    Der Mann atmete tief durch und sah in Glorias dunkle Augen. Ungläubig starrte Gloria ihn an. Stille. Sie konnte es nicht fassen. Um das Schweigen zu unterbrechen, ergriff der Polizist erneut das Wort: »Ein ähnlicher Fall ist in England einmal vorgekommen: Damals hatte ein geistig behinderter Mensch sechs Liter Wasser innerhalb von fünfzehn Minuten getrunken. Er hatte aus unerklärlicher Weise Panik, zu verdursten und trank… Die Todesursache war dieselbe.« Der Mann hielt inne und fügte noch hinzu: »Für einen normalen Menschen ist es fast unmöglich, eine derart große Menge Wasser innerhalb so kurzer Zeit zu trinken. Es gehört sehr viel Willenskraft dazu, denn der Eigenschutz des menschlichen Körpers besteht darin, sich zu erbrechen.« Gloria drehte es den Magen um. Auch wenn es sich um schieres Wasser drehte… Wie hatte Kirt es nur geschafft, sich einem so grausamen Tod auszusetzen?! Gloria starrte auf ihre Schnürsenkel.
    »Wie hat er das gemacht?« Ihre Stimme klang so leise, dass man sie kaum hörte. Die Augen des Mannes sahen sie mitfühlend an. »Jede Gefängniszelle besitzt ein kleines Waschbecken mit einem Wasserhahn. Er hatte alles, was er brauchte!« Gloria starrte ihn an. »Sie wollen mir erzählen, er hat sich mit bloßem Wasser ertrunken?! Das geht doch gar nicht!« Der Mann schaute Gloria ernst an. »Hätte die Obduktion es nicht bestätigt – ich hätte es auch nicht für möglich gehalten. In den USA gab es früher sogar Wassertrink-Wettbewerbe, bei denen Menschen gestorben sind.« Bitter füllten sich Glorias Augen erneut mit Tränen und sie dachte an die Todesanzeige mit dem Palmenblatt über dem Kreuz – genauso wie es das Buch gezeichnet hatte.
    Doch Kirt ersetzte ihren Namen durch seinen; nur dass es für Kirt sicherlich keinen Grabstein mit eingemeißeltem Palmenblatt geben würde – er hatte niemanden außer ihr. Damit waren der Polizist und sie auch schon beim nächsten Thema: Herr Falks sprach die Beisetzung an und schnell war klar, dass es eine anonyme Bestattung geben würde. Niemand außer Gloria kannte Kirt, niemand – noch nicht mal sie – wusste, wie alt er überhaupt ganz genau gewesen war. Sie
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