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Zerrissen

Zerrissen

Titel: Zerrissen
Autoren: Elena Eckert
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schließlich hatte ich nicht den Drang danach, an einer geplatzten Blase zu sterben.
    In meinem eigenen Saft lag ich dann trotzdem. Nach der ersten Nacht hat er mich geschlagen. Weil er es ekelhaft fand. Er lernte daraus, denn ab sofort durfte ich mich im Keller, mal abgesehen von den Händen auf meinem Rücken, frei bewegen.
    Meine Klamotten waren nur noch Fetzen an meinem Körper, so wie ich auch aufgefunden wurde.
    An einem Abend musste ich zuhören, wie er oben mit einigen Menschen lachte. Vorsorglich knebelte er mich, damit ich ja nicht auf mich aufmerksam machen konnte.
    Jedoch erinnere ich mich auch an einen Abend, an dem ich Schüsse hörte und davon aufgeschreckt bin. Erst später merkte ich, dass er einen Film sah – und die Schüsse besonders laut gewesen waren. Ich war enttäuscht, hatte auf eine Rettung gehofft!
     
    Dass er mich am Ende aussetzte und mich in diesen Busch legte, und dann auch noch so tat, als habe er mich dort gefunden, finde ich unglaublich. Hätte er mich gebrochen, dann wäre nur Schweigen über meine Lippen gekommen. Dass ich ihn verraten würde, damit rechnete er wohl nicht. Irgendwie erfüllt der Triumph mich mit Stolz, auch wenn ich mich im gleichen Moment wieder frage, was zur Hölle die Ärzte und Schwestern vor mir geheim halten.
    Irgendwann kommt dann doch wieder eine Person zu mir. Eine Ärztin, die meinen Blutdruck messen möchte und dann schweigend neben mir sitzt, sich Notizen macht.
    „Können Sie mir irgendetwas sagen?“, frage ich nun genauso leise, wie ich schon seit dem Vorfall spreche.
    Warum kann ich nicht meine Stimme erheben und in unmissverständlichem Ton verlangen, dass man mir endlich mal sagt, was hier Sache ist.
    Sie sieht mich prüfend an.
    „Sie haben keine Gehirnerschütterung.“
    „Wo … woher die … also, wer bin ich?“
    Ihre Lippen verziehen sich kurz, sonst bleibt sie eher emotionslos.
    „Das können wir Ihnen nicht sagen. Auch nicht, woher ihre Amnesie kommt.“
    Das wird ja immer schöner! Aber ich bin nicht dumm und merke, dass das noch nicht alles ist.
    „Und weiter?“, hake ich dann entschlossen nach.
    „Weitere Informationen können wir Ihnen noch nicht geben.“
    Wie gut sie lügen kann! Ich glaube es ja nicht!
    Meine Lippen pressen sich fest aufeinander.
    „Gut.“, sage ich nur noch und drehe mich weg.
    Ja, ich bin wütend. Ich habe Angst, dass etwas passiert sein könnte … vielleicht kann ich keine Kinder mehr kriegen?
    Oder … oh mein Gott. Mit einem Mal fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich drehe mich abrupt um, rufe schon: „Ich bin schwanger?“, bevor ich überhaupt bemerke, dass ich wieder alleine im Raum bin.
    Das muss ich sickern lassen.
    Schwanger.
    Ein Horrorszenario. Ein Kind von einem Vergewaltiger. Ich verstecke mich soweit es geht unter der Decke und ziehe sie über meinen Kopf. Meine Tränen fließen unaufhaltsam, während ich ihn nackt vor mir sehe, seinen bewundernden Blick und dann diese lüsternen Worte. Ich spüre, wie der Mann sich voller Gier nach mir sehnt, danach, mich zu nehmen, wie er es möchte. Ob auf dem schäbigen alten Bett, auf dem steinharten Boden, oder mit Ketten an ein Andreaskreuz gefesselt. Seine Methoden waren stets hart. Sein Level 26 stellte sich, wie zu erwarten war, als purer Horror heraus.
    Zu all den Fesselspielchen gehörte die Vergewaltigung dazu, als wäre es ein Rollenspiel, bei dem ich mich an der Opferrolle erfreuen sollte. Dann seine Fingernägel, die sich fest in mein Fleisch bohrten, das Kerzenwachs, das er viel zu grob und großflächig verteilte, mir deshalb die Haut am Rücken verbrannte.
    Ich schluchze laut auf.
     
    Wieder ein Blackout. Ich blinzele und schüttele den Kopf. Wann hört das endlich auf? Die Ärzte können mir viel erzählen, aber woher soll die Amnesie denn sonst kommen? Wenn er meinen Kopf auf den Boden geknallt hat, um sich an meinen hilflosen Schreien aufzugeilen, dann muss es doch Spuren davon geben.
    Die Frage, ob ich tatsächlich schwanger bin, traue ich mich nicht zu stellen. Zu viel Angst hab ich vor der Antwort. Als ich wieder die Augen öffne, sehe ich niemandem im Raum, jedoch liegt auf dem Tisch neben mir ein MP3-Player. Das muss meiner sein. Er kommt mir zumindest sehr bekannt vor. Rotmetallisch lackiert, ein Exemplar von Sony. Mit zittrigen Händen greife ich danach. War er in der Tasche meiner zerrissenen Hose gewesen?
    Ich bin froh, mich ein wenig ablenken zu können. Ich weiß, dass ich meine Aussage aufschreiben sollte, aber
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