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Zerrissen

Zerrissen

Titel: Zerrissen
Autoren: Elena Eckert
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habe.
    Einerseits erschreckt mich die Dunkelheit, lässt mich in alte Muster fallen und daran denken, wie er mich auf den Steinboden gepresst hat. Anderseits weiß ich, wie oft ich durch die dunkle Nacht gegangen bin und mich rundum wohl gefühlt habe.
    Weil die Nacht für mich wie eine heilende Salbe ist, man kann in Ruhe über alles nachdenken ohne von anderen Menschen und Geräuschen unterbrochen zu werden.
    Wenn man sich die richtigen Orte aussucht.
    Mein letzter Spaziergang erwies sich als perfekt – es war alles mucksmäuschenstill und keine Menschenseele war zu sehen. Bis er auftauchte. Dieser Mistkerl! Er hat meine Idylle zerstört, mich gepackt, in sein Auto gezerrt.
    Wie aus dem Nichts ist er aufgetaucht.
    Erklärte mir noch mit ekelhaft sülzender Stimme, wie gerne er immer wieder Grenzen austestet. Jegliche Erlebnisse mit seinen Untertanen hat er mir im Einzelnen aufgezählt, sogar sein eigenes System hat er mir dargelegt.
    Wie er seine Spielchen in verschiedenen Level aufteilt. Level der Grausamkeit, wie er sie voller Stolz nennt.
    Mir wird schlecht bei der Erinnerung daran. Ich weiß noch wie seine Augen funkelten, während er mir erläuterte, dass Level 26 seine absolute Grenze sei. Er hätte sogar noch ein 27. Level in Petto, das sei ihm jedoch zu extrem.
    Aus Angst, dass alles noch viel schlimmer werden würde, wenn ich schwieg, fragte ich sogar nach, was Level 26 beinhaltete.
    Doch er lächelte nur. In diesem Moment wusste ich, dass ich mir mit meiner Frage ins eigene Fleisch geschnitten hatte.
    „Das wirst du herausfinden.“
     
    Mein Herz schlägt heftiger in meiner Brust und ich merke, wie die Realität langsam wieder zu mir durchsickert. So stelle ich fest, dass ich längst im Krankenhaus angekommen bin. Schon seit Minuten versuchen sie zu mir durchzudringen. Jetzt langsam dringt die Stimme eines Arztes zu mir durch.
    „Sie sagen, sie wusste Ihren Namen nicht mehr, richtig?“
    Die Bestätigung kam von der Polizistin, die wohl die Aufgabe hatte, meine Aussage aufzunehmen.
    Wo soll ich denn nur anfangen? Sie wird mir hoffentlich Anweisungen geben. Bekomme ich überhaupt alles wieder zusammen? Meine Gedanken wirbeln wild durcheinander, während ich flatternd die Augen öffne.
    „Sie kommt wieder zu sich.“
    Ich war doch gar nicht bewusstlos, oder?! Aber darum kümmere ich mich nicht weiter.
    „Ist er … haben Sie ihn festgenommen?“, frage ich vorsichtig.
    „Er ist im Moment in Untersuchungshaft.“
    Das war doch schon einmal etwas.
    „Jedoch müssen Sie uns helfen, damit wir auch die Genehmigung bekommen, ihn länger festzuhalten.“
    Doch bevor sie weitere Fragen stellt, sieht sie zu dem Arzt, der mich kurz mustert und dann nickt.
    „10 Minuten! Und wenn es der Patientin schlechter geht, bitte ich Sie darum, abzubrechen!“
    Daraufhin geht der Arzt aus dem Raum und die Polizistin lässt sich auf einen Stuhl neben meinem Bett nieder.
    „Nun, erzählen Sie mir doch alles von Anfang an, okay?“
    Ich bin ihr sehr dankbar für ihre vorsichtige Stimme. Egal wie viel Stress sie vermutlich in ihrem Job hat, sie denkt daran, wie ich mich fühlen muss. Jede Frau hat einen gewissen Grad an Einfühlungsvermögen, der es leichter macht, sich in solche Momente und Gefühle hinein zu versetzen.
    Ich versuche meine Gedanken zu ordnen, stelle aber fest, dass mir immer wieder neue Geschehnisse entgleiten, vor allem wenn ich sie gerade in Worte fassen will.
    „Ich …“, beginne ich stammelnd und verfluche mich selbst.
    Mein Kopf begreift nicht, wie ernst die Lage ist. Ich weiß sehr wohl, dass jetzt alles davon abhängt, dass ich die Erlebnisse detailliert schildere. Mein Kopf scheint sich darauf aber nicht einlassen zu wollen.
    „… mir fehlen ganze Momente. Ich weiß sie nicht zu ordnen.“
    Die Polizistin hat geduldig ihre Hände über den Beinen verschränkt und sieht mich aufmerksam an.
    „Die Ärzte haben keine Gehirnerschütterung festgestellt.“
    Es ist eine wertneutrale Aussage. Zumindest denke ich das. Oder sie will mir damit sagen, dass ich ihr eine bessere Erklärung für mein Schweigen liefern soll.
    Mein Kopf fühlt sich auch nicht verletzt an. Ich bin nur vollkommen verwirrt. Klare Gedanken sind mir fremd.
    „Ich … kann ich es ihnen – aufschreiben?“
    Ich fühle mich so jämmerlich, möchte am liebsten im Erdboden versinken.
    Die Polizistin greift nach einem Zettel, notiert mir ihre geschäftliche E-Mail Adresse und Postanschrift, sodass ich sie über ihre Polizeistelle
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