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Zeltplatz Drachenloch

Zeltplatz Drachenloch

Titel: Zeltplatz Drachenloch
Autoren: Othmar Franz Lang
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ihn fragen, was sie wollten, er wußte sofort und überall Bescheid.
    Hans, Georg und Max gingen auch auf dem Heimweg ein Stück miteinander.
    »Ich hätte es ihm sagen wollen«, begann Hans, »daß ich mit bei denen war, die Georg eingesperrt haben. Aber er ließ mich ja gar nicht reden .«
    »Er ist vom Scheitel bis zur Sohle ein Gentleman«, pflichtete Georg bei.
    »Ich hätte es ihm ja auch sagen wollen, daß ich der mit den Dingern auf der Tafel war. Aber — es ging nicht, das war alles zu äufregend für mich. — Wie der nur >bitte, entschuldige und >bitte, setzt euch< gesagt hat. Noch jetzt bekomme ich die Gänsehaut .«
    Georg und Hans lachten.
    »Habt ihr gemerkt ?« fragte Georg, »er hinkt ein wenig.«
    »Hinken?«
    »Nichts bemerkt .«
    »O ja, ich hab’ es ganz genau gesehen, er hinkt ein wenig; vielleicht ist das vom Krieg .«
    »Wenn das stimmt«, sagte Hans, »und ich höre, daß einer ihn ausspottet, dann hat es der mit mir zu tun. Dem leg’ ich meine gezischte Linke ans Kinn.«
    Die »gezischten Linken« von Hans waren nicht nur eine Klassenberühmtheit, sie waren sogar in der ganzen Schule bekannt. Sie waren eine Spezialität.
    »Meine Unterstützung ist dir sicher«, sagte Max nebenbei. »Aber das wird doch niemand tun«, meinte Georg, »den Lehrer ausspotten, weil er hinkt. Das tut bestimmt niemand, vielleicht .«
    »Wenn du dir nur dieses >vielleicht< abgewöhnen könntest«, brummte Max. »Wenn etwas ganz bestimmt ist, dann kann es nachher nicht >vielleicht< sein, verstanden ?«
    »Laß ihn«, nahm Hans Georg in Schutz.
    Sie trennten sich. Hans ging die Sperlingstraße hinunter zur Bergstraße. Georg ging die Sperlingstraße hinauf zur Rosenallee. Nur Max mußte geradeaus weitergehen.
    Als Hans die Tür öffnete, stand seine Mutter am Herd. Die Küche war dunkel, das Fenster ging auf den Gang hinaus.
    »Wir haben einen neuen Lehrer, einen netten Kerl«, berichtete Hans begeistert.
    »Und der Lehrer Hamm?«
    »Den hat der Schlag getroffen, er liegt im Krankenhaus .«
    »Und da freust du dich so ?«
    Daran hatte Hans noch gar nicht gedacht. Bestimmt, keiner wird an ihn gedacht haben, an den alten Lehrer Hamm, der manchmal so müd’ gewesen war.
    »Siehst du, so undankbar seid ihr .«
    Hans schwieg.
    »Geh zu Vater in das Zimmer hinein, ich bringe dann gleich das Essen .«
    Der Vater las die Zeitung. Er hörte kaum, daß Hans ihn grüßte.
    »Mutter bringt gleich das Essen«, sagte Hans.
    Der Vater nickte und blätterte um.
    »Wir haben einen neuen Lehrer«, begann Hans wieder. Der Vater nickte bloß.
    »Und den Lehrer Hamm hat der Schlag getroffen .«
    Der Vater nickte wieder. Dann fuhr er auf. »So? Ist er... ?«
    » Nein, er liegt im Krankenhaus. Und der neue Lehrer heißt Immerfroh .«
    »Komischer Name.« Vater blickte auf: »Daß dir nicht einfällt, irgendeinen Blödsinn zu machen, ich meine, wegen des Namens .«
    »Daran hab’ ich überhaupt nicht gedacht .«
    »So gehört es sich auch .« Vater faltete die Zeitung zusammen und steckte sie in die Tasche.
    Hans stand am Fenster und sah in den Hof hinunter. Es war ein enger Hof mit höckerigen Pflastersteinen. Die Pflastersteine wußten nicht, daß es eine Sonne gab. Da unten war immer nur Schatten.
    »Was gibt es heute zu Mittag ?« hörte Hans den Vater fragen.
    »Dicke Gemüsesuppe.«
    »Na ja, riecht man auch schon. Gemüsesuppe — mehr gibt’s nicht ?«
    »Omeletten«, sagte Hans.
    Unten im Hof spielten zwei kleine Mädchen. Sie warfen Steinchen in eine Pfütze. Hans summte das Lied, das Immerfroh mit ihnen gesungen hatte.

    »Bub, wie siehst du nur wieder aus !« rief Frau Brenner, Georgs Mutter. »Du bist ja weiß wie eine Gipswand .«
    »Mir ist aber nicht schlecht .« Georg versuchte zu lachen. »Was haben sie bloß mit dir wieder getrieben ?«
    Georg erzählte die Geschichte mit dem Schrank.
    »Na also, da haben wir’s wieder! Immer bist du das Opfer. Daß du es weißt, heute nachmittag gehen wir Fußball spielen .«
    Das war nun etwas, worüber Georg sich gar nicht freute. Er spielte nicht gern Fußball. Und er schämte sich vor allem, mit seiner Mutter und seiner Schwester zu spielen. Nicht, weil die beiden schlecht spielten. Nein, sie spielten viel besser als er.
    Unten hupte es. Das war Florian oder besser gesagt: Papsch . Georgs Vater wurde nur Papsch gerufen, und Florian war das Auto von Papsch . Es war nicht besonders neu, aber es hatte vier Räder, ein lautes Boschhorn, Kilometerzähler, Bremse, und, was das
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