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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Cristin Terrill
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langweilig, dass ich fast erleichtert bin, als sich die Tür öffnet und den Blick auf den Doktor sowie den Mann freigibt, den Finn und ich den »Direktor« getauft haben – jener Strippenzieher, der den Doktor steuert.
    Fast.
    Ich tue, als ob ich gähnen muss, weil ich weiß, dass es ihn ärgert, doch mein Herz hämmert. »Ist es schon wieder Zeit?«
    Der Direktor gibt einem Soldaten ein Zeichen, und er tritt vor, um mich hochzureißen und auf den metallenen Klappstuhl zu stoßen, den sie mitgebracht haben. Er fixiert meine Hände auf den Armlehnen mit der gleichen Art Kabelbinder, die unser Gärtner für die Rosensträucher benutzt hat.
    »Die Füße auch«, sagt der Direktor. Ich bin zufrieden, dass er sich an das letzte Mal erinnert.
    Sobald das wehrlose, von Männern mit Maschinengewehren umgebene Mädchen ordentlich festgeschnallt ist, beginnt die Befragung. Früher habe ich mitgezählt, wie oft der Doktor und der Direktor mich zu einer unserer kleinen Plauderstündchen besuchen kamen – ich dachte stets, es könnte das letzte Mal sein, weil ihnen der Geduldsfaden reißen und sie mich endlich doch umbringen würden. Irgendwo in den Zwanzigern habe ich den Überblick verloren. Das war vor einigen Wochen.
    »Wo sind die Aufzeichnungen?«, fragt der Direktor.
    »Sie wollen nicht einmal wissen, wie mein Tag war? Hat Ihnen Ihre Mutter keine Manieren beigebracht?«
    Der Direktor schlägt mir ins Gesicht. Anders als der Doktor schert es ihn nicht, wenn er sich die Hände blutig macht. Meine Sicht verschwimmt. Kein Film und kein Buch hat mich darauf vorbereitet, wie weh es tut, geschlagen zu werden, und auf gewisse Art und Weise ist es immer noch ein Schock.
    »Ich habe heute keine Zeit für deine Spielchen«, sagt der Direktor. »Wir müssen jetzt wissen, wo die Aufzeichnungen sind. Wem hast du sie ausgehändigt? China? Indien?«
    »Davon hängen Leben ab«, sagt der Doktor ruhig aus seiner Ecke, als würde es ihn einen Dreck kümmern.
    Ich werfe dem Direktor eine Kusshand zu, so gut das mit gefesselten Händen geht. Ich weiß, dass in dem Augenblick, in dem ich ihnen sage, wo sich die Aufzeichnungen befinden, mein letzter Trumpf verspielt ist. Dass ich diese Information habe und sie nicht, ist das Einzige, was Finn und mich so lange am Leben gehalten hat. Selbst wenn ich am liebsten aufgeben und das Sterben endlich hinter mich bringen würde, lässt mich das Wissen, dass auch Finns Leben in meinen Händen liegt, den Mund halten. Egal, was sie tun.
    Und sie tun verdammt viel.
    Ich bin mir sicher, dass meine Schreie Finn aus seinem Nickerchen reißen, aber wenigstens verrate ich uns nicht.

DREI
    Em
    Ein weiterer Tag vergeht. Ich bin nur halb wach, starre an die Decke und versuche, in dem spärlichen blauen Licht vom Gang die Risse zu erkennen, von denen ich weiß, dass sie da sind. Ich betaste träge meine Blutergüsse. So wie sie sich anfühlen, wenn ich darauf drücke, haben sie wahrscheinlich eine ähnlich lila-rote Farbe wie die Bettbezüge in unserem alten Gästezimmer. Meine Mutter mochte diese Farbe immer. Ich vermute, es hatte etwas mit ihrer Schwäche für einen guten Cabernet zu tun.
    Ich höre Stiefel auf dem Gang und ziehe die Stirn in Falten. Ich habe keinen Hunger. Ist es schon Zeit fürs Frühstück? Aber nein, das Licht ist ja noch immer aus.
    Meine Tür öffnet sich langsam, der Wärter dahinter ist ein Mann, der erst seit Kurzem zu unserer Bewachung abgestellt ist. Ich mag ihn. In seinen Augen kann ich noch einen Schimmer menschlichen Anstands erkennen, und anders als Kessler reicht er mir meine Mahlzeiten immer und sagt manchmal sogar Danke , wenn ich ihm das Tablett zurückgebe. Ich bin mir nicht sicher, wie er heißt. Connor? Cooper?
    »Als du klein warst«, sagt er, während er unruhig in der Tür stehen bleibt, »hattest du einen imaginären Freund namens Miles. Er war ein lila Känguru.«
    Ich fahre hoch. »Was?«
    »Komm schon. Wir müssen gehen.«
    »Wovon redest du?«
    »Ich hole dich hier raus.«
    Mein Mund wird trocken, und plötzlich fühlt sich meine Zunge zu groß für meinen Mund an. Das ist es, worauf ich gewartet habe. Der Ausweg. Ich habe noch nie jemandem von Miles erzählt, in meinem ganzen Leben nicht.
    Außer offenbar diesem Wachposten.
    »Was ist mit Finn?«, frage ich.
    »Ihn auch. Und jetzt beeil dich.«
    Ich springe auf, und meine Beine sind überraschend standfest unter mir. Ich greife unter meine Matratze, ziehe den Zettel in dem Plastikbeutel hervor und stopfe ihn in
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