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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Cristin Terrill
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absurden Furcht, er könnte mich erröten sehen.
    »Ich weiß«, erwidert er leise. Ich stelle mir vor, wie er auf der anderen Seite seine Hand an die Wand drückt. »Aber ich bin ja da.«
    Tage vergehen. Finn und ich verbringen die Zeit zwischen den drei täglichen Mahlzeiten mit Gesprächen über das, was ich entdeckt habe.
    »In welche Zeit sollen wir zurückgehen?«, fragt er schließlich. Wir beide haben das Thema bisher vermieden. Es ist mit Schmerzen verbunden, und davon haben wir hier drin schon reichlich.
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sage ich. »Wir müssen am vierten Januar dort sein. Vor vier Jahren.«
    Schweigen.
    »Wirklich?«
    Ich verstehe sein Zögern. Es ist ein Tag, den auch ich nicht noch einmal erleben will.
    »Wir können es nicht tun, bevor er die Formel gefunden hat«, sage ich. »Die Paradoxie wäre so gewaltig, dass wir nicht voraussagen könnten, was passieren würde. Es muss danach sein.«
    »Okay«, sagt er. »Aber warum am vierten?«
    »Weil er uns dort nicht vermuten wird«, sage ich. »Erinnerst du dich daran, wann ich die Aufzeichnungen erhalten habe?«
    »Natürlich. An diesem Tag.«
    »Aber der Doktor weiß das nicht«, sage ich. »Er glaubt, ich wäre irgendwann später darauf gestoßen. Weißt du warum?«
    »Warum?«
    »Weil er sich nicht daran erinnert , an diesem Tag die Formel gefunden zu haben«, sage ich. »Er glaubt, dass er sie drei Tage später zum ersten Mal niedergeschrieben hat. Am siebten.«
    »Wenn wir also zum vierten zurückgehen«, sagt Finn, »haben wir mindestens drei Tage, bis er mit uns rechnet.«
    »Genau.« Ich seufze. »Außerdem wird er noch geschwächt sein von dem, was gerade passiert ist. Ein bisschen später, und er könnte schon zu stark sein. Zu gut geschützt.«
    Finn pflichtet mir bei. Er weiß so gut wie ich, dass es keinen anderen Zeitpunkt gibt, der uns eine solche Chance bietet. Wir gehen noch einmal alles durch und tüfteln jede Kleinigkeit aus, die wir im Voraus planen können. Am Ende kenne ich jedes durchgestrichene Wort auf dem Zettel auswendig und glaube, die Ereigniskette zu kennen, die ihn in meinen Besitz gebracht hat. Ich erinnere mich nicht mehr an die Ereignisse, die mich dazu gebracht haben, diese Zeilen zu schreiben, aber jene vergangenen Versionen meiner selbst – Kopien von mir, die nicht mehr existieren – haben mir genug Anhaltspunkte hinterlassen, um es mir auszumalen.
    Irgendwann gibt es nichts mehr zu besprechen, und auch der Abfluss hält nicht mehr als Obsession her, daher bleibt mir nichts weiter übrig, als an die Decke zu starren. Das schlechte Essen, die Schmerzen, selbst die Visiten des Doktors kann ich aushalten. Aber diese Langeweile? Dieses Warten darauf, dass irgend etwas passiert? Ich bin sicher, dass mich das um den Verstand bringt.
    »Finn, bist du wach?«, frage ich, während ich mich auf die Seite rolle.
    Keine Antwort. Seine Begabung, unter allen nur denkbaren Umständen zu schlafen, erstaunt mich immer wieder. Er schläft wohl sechzehn Stunden am Tag, nur um die Langeweile zu vertreiben.
    »Scheißkerl«, flüstere ich.
    Ich starre eine Weile die Tür an, um der Zimmerdecke eine Verschnaufpause zu gönnen. Irgendwann muss ich einfach aus dieser Zelle kommen. Zumindest ist mir das schon vorher gelungen. Jede frühere Version von mir konnte fliehen und hat dem Zettel unter meiner Matratze etwas hinzugefügt. Wie schaffe ich das nur? Ich wünschte, ich könnte mich an das erinnern, was jene anderen Ems erlebt haben, denn eine Flucht erscheint mir unmöglich. Ich gehe zum hundertsten Mal im Geiste jede Alternative durch. Ich könnte die Wache überwältigen, die mir mein Essen bringt, oder den Doktor bei einer seiner mitternächtlichen Visiten in meine Gewalt bringen und als Geisel benutzen. Das würde mich aus meiner Zelle bringen und vielleicht auch Finn aus seiner. Aber selbst wenn ich dazu in der Lage wäre – und seien wir ehrlich, das ist ein riesiges Wenn –, ist da immer noch ein weitläufiger Regierungskomplex jenseits meiner Zelle, auf den ich vor Monaten nur einen kurzen Blick erhascht habe, an jenem Tag, als sie mich hier hereinschleppten. Er ist voller bewaffneter Soldaten, die zwischen mir und Cassandra stehen, selbst wenn ich wüsste, wohin ich gehen muss, was ich definitiv nicht tue. Jeder Plan, den ich aushecke, führt in eine Sackgasse – oder zu einer Kugel im Kopf.
    Wie alles andere wird am Ende auch das Nachdenken über meine Flucht und/oder meinen Tod langweilig. So
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