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Zeit Des Zorns

Zeit Des Zorns

Titel: Zeit Des Zorns
Autoren: Jutta Ditfurth
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Wohlstand, und ich sah, dass unsere Nation nichts unternimmt, um die Probleme der Schwarzen zu lösen.« 14 Immer schärfer stellte er sich gegen den Vietnamkrieg. King wurde am 4. April 1968, zu Beginn der Poor People’s Campaign, ermordet. Er war erst 39 Jahre alt. In 110 Städten kam es zu Aufständen. Die Auftraggeber seines Mörders wurden bis heute nicht gefunden.
    * * *
    Kapitalismus enthält immer Rassismus. Man stelle sich vor, in Berlin oder New York explodierte eine hochgiftige Produktionsanlage und einige zehntausend Menschen stürben sofort und viele Tausende an den Spätfolgen. Würde das nicht einige Aufregung verursachen? Vielleicht sogar Folgen haben? Als 1984 im indischen Bhopal eine Chemiefabrik des US-Unternehmens Union Carbide explodierte und einige zehntausend Menschen starben, manche sofort, manche Monate später, sprach niemand in den kapitalistischen Zentren von einer »Krise des Kapitalismus«. Es betraf ja auch nur Inder, noch dazu arme. Hunderttausende Menschen sind bis heute schwer krank. Das Gelände wurde nicht saniert, die Verantwortlichen von den USA nicht nach Indien ausgeliefert, die Opfer kaum entschädigt, Der US-Konzern Dow Chemical kaufte den Betrieb und erklärte sich für das Vergangene für nicht zuständig. Union Carbide drückte die Forderungen desindischen Staates auf 470 Millionen Dollar herunter, was weniger als 5 Prozent des Umsatzes entsprach. Versicherungen zahlten 250 Millionen US-Dollar. Vor zwei Jahren, mehr als 25 Jahre nach dem Unglück, wurden acht leitende Angestellte von einem indischen Gericht zu jeweils zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 1 800 Euro verurteilt.
    Sie ist so riesengroß, die Zahl von Menschen, die in Afrika an Krieg, Hunger und Aids sterben, so unvorstellbar das Ausmaß, in dem sie ohne Bildung bleiben, Sklavenarbeit leisten, so mächtig die Gewalt, die ihren Freiheitsdrang und ihre Zukunftshoffnung an den Mauern der EU zerschellen lässt. Wenn sie »Glück« haben, landen sie lebend in Auffanglagern in Afrika oder Europa, für die auch Deutschland viel Geld ausgibt. Sie ertrinken in Scharen im Mittelmeer, gejagt von Frontex-Schiffen, auf denen auch deutsche Bundespolizisten Dienst tun. 15 Das System ertränkt sie, indem es ihre lächerlichen Boote von der rettenden europäischen Küste weg in Richtung Afrika zurückjagt. Ihr Menschenrecht auf ein gutes Leben in Europa oder Afrika, sogar ihr Recht auf ihr nacktes Leben, verloren sie auch in Zeiten, in denen sich der Kapitalismus höchstoffiziell in überhaupt keiner Krise befand. Diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind »normal«.
    Als 2005 der Hurrikan Katrina der Upper Class von New Orleans half, endlich die Schwarzen und die Armen loszuwerden, funktionierte der Kapitalismus bestens. Niemand sprach von seiner Krise. Die Stadt New Orleans wusste das Naturereignis für ihre Sozialpolitik und Stadtplanung zu nutzen. Als das Wasser gewichen war, durften etwa 20 000 Menschen nicht zurück in ihre größtenteils unbeschädigten Wohnungen, denn die standen ja in den überschwemmten und angeblich schwer zu schützenden Zonen. Die Behörden nagelten Fenster und Türen zu und zogen Zäune um die Grundstücke. Das waren die Fernsehbilder, in denen uns weisgemacht wurde, dass es in New Orleans Verrückte gab, die man zu ihrem eigenen Schutz davon abhalten musste, in einstürzende, seuchengefährdete Häuser zurückzukehren. Dave Eggers beschreibt in seinem Buch Zeitoun 16 , die Geschichte von Abdulrahman Zeitoun, der mit seinem Kanu durch die überschwemmte Stadt fährt und Menschen und Tiere rettet, bis er vonder Polizei festgenommen wird. Sie sperren ihn in ein riesiges Freiluftgefängnis, wo er von Männern mit Sturmgewehren, Pfeffergas und Hunden bedroht und gequält wird. Er verliert alle bürgerlichen Rechte, es ist Guantánamo II. Dann verschwindet er in Isolationshaft. Seine Familie hielt ihn für tot. Menschen wie er, die in New Orleans bleiben wollten, aber die falsche Hautfarbe oder einen »fremden« Namen trugen, galten als »auffällig«.
    Wie hätten diese Menschen ihre Wohnungen zurückerobern sollen? »Ihre« Stadt stellte bewaffnete Polizisten vor die Eingänge. Dann kamen Interessenten, denen die Polizei gern wich. Private Immobiliengesellschaften rissen einige dieser Siedlungen ab und errichteten schmucke, staatlich subventionierte teure Apartmenthäuser.
    Heute leben die meisten der 20 000 nicht von Katrina, aber von den herrschenden
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