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Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
Autoren: Matti Rönkä
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bedeuten«, seufzte Ripatti und setzte endlich seinen Namen doch noch unter den Kaufvertrag. Auch seine Handschrift war übergroß. »Ich hätte kapieren müssen, wer hier auf Uferwälder aus ist. Geld im Rücken und einen Mercedes unter dem Hintern. Fragen hätte ich sollen, wer dieser V. Kärppä ist … oh, oh zum Teufel, Viktor«, sagte er eher gequält als fluchend.
    Ich hätte gern erwidert, Sie haben aber nicht gefragt, doch ich wollte den Bauern nicht weiter beschämen. Er hörte in Gedanken bereits das Gerede der Nachbarn, das Gewisper der Lions-Brüder und des Vorstands der Handelsgenossenschaft oder wer weiß welcher Viehprüfungsgesellschaft, dem Vernehmen nach habe nun auch der Viljo Ripatti seine Halbinsel an die Reichen aus Russland verkauft. Und dann wäre man bald bei den Abwehrkämpfen von Tali-Ihantala im Krieg gegen die Sowjetunion angelangt und würde sich darüber auslassen, dass das Opfer der gefallenen Helden vergeblich war, weil manche Menschen heutzutage aus Geldgier ihr Vaterland verschacherten.
    Andererseits hätte ich mich auch verteidigen und den Bauern fragen können, bin ich wirklich ein schlechterer Mensch, nur weil ich jenseits der Grenze geboren und aufgewachsen bin? Und wenn ich euch gut genug bin, fast ein Finne, wo will man die Grenze ziehen? Genau wie ihr legen sich auch die Russen abends ins Bett und träumen, schauen am nächstenMorgen zum Fenster hinaus, wieder ein neuer gesegneter Tag und derselbe alte Himmel.
    Doch ich schwieg und ließ Viljo Ripatti mit seinem Gram alleine. Die traurige Miene und die gekrümmte Haltung hatte ich schon einmal an ihm gesehen, als er mir erzählt hatte, wie er seine Kühe aufgeben musste, wie er und seine Frau auf den Wagen vom Schlachthof gewartet hatten und ins Haus geflohen waren, als die letzte Färse verladen wurde.
    »Hätte ich das gewusst, dann hätte ich nicht verkauft«, klagte Ripatti.
    »Viljo, Geld stinkt nicht«, versuchte der Bankdirektor ihn mit den falschen Worten zu trösten. Ich dachte bei mir, dass ich diesen jungen Schnösel ohne Gewissensbisse schlagen könnte. Oder seine Frau vögeln, während sie am Telefon besprachen, was einzukaufen war. Vergiss den Käse und den Rucola nicht.
    Ich schlug nicht zu und verteidigte mich nicht, sondern packte den Kaufvertrag in meine Aktentasche, gab dem Landwirt und dem Filialleiter die Hand und marschierte hinaus.

2
    Die Fernstraße sechs in Richtung Norden war fast leer. Ich beschloss, zu fahren, wie es mir gefiel, ohne Eile. Höflich ließ ich eine Horde Motorradfahrer passieren, die in einer nicht ganz ungefährlichen Kurve dröhnend vorbeizogen. Ich war beinahe stolz auf mich, weil ich die Geduld aufbrachte, eine sichere Gerade abzuwarten, als ich hinter zwei Lastern hing.
    Gleich hinter Lappeenranta hielt ich an einer großen ABC-Station, um zu tanken und Lebensmittel zu kaufen. Ich traf in Kitee ein, bevor die minimale Abenddämmerung einsetzte.
    Meine Bauarbeiter-Crew errichtete am Rand des Ortszentrums eine Reihenhaussiedlung, in der ich bereits zwei Dreizimmerwohnungen an Abnehmer in St. Petersburg verkauft hatte. Die Käufer waren keine Geldprotze, aber wohlhabend genug, um Wert auf eine Zweitwohnung in Finnland, in sauberer Umgebung zu legen.
    Ich machte mir keine Sorgen über die unverkauften Wohnungen, die Bruttomarge der Firma oder das Tempo des Kapitalumlaufs, obwohl auch in diesem Geschäftsbereich die ersten Anzeichen der Rezession zu sehen waren. Aber ich arbeitete hier nicht auf eigenes Risiko. Und nicht mit eigenem Geld.
    Die Euros kamen aus St. Petersburg. Von dem Geld kaufte ich auf meinen Namen Parzellen, Baugrundstückeund auch alte Häuser und Eigentumswohnungen. Auf den leeren Grundstücken errichtete ich nach den Wünschen der Abnehmer Blockhauspaläste oder Häuser im amerikanischen Stil mit umlaufender überdachter Terrasse. Bei den fertigen Häusern und Reihenhausteilen renovierten meine Leute die Wände und Fußböden, verlegten etwas dunklere Kacheln und buntes Parkett. Ich befasste mich mit Präzisionsbau, auf Bestellung, und wurde in der Regel im Voraus bezahlt.
    Ich wusste sehr wohl, dass ich in erster Linie mein vertrauenerweckendes Gesicht vermietete, das den Kaufabschluss gewährleistete. Nicht alles in dieser Businesswelt schmeckte mir, doch ich konnte immerhin sagen, dass es sich um ehrliche Geschäfte handelte. Oder um legale, nach den in Finnland geltenden Paragraphen. Nach der Herkunft der russischen Gelder fragte ich nicht.
    Die Bauleute
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