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Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
Autoren: Matti Rönkä
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gelbliche Sonnenbrille, die er hochgeschoben hatte.
    »Überflüssige SMS. Schick mir doch gleich noch eine, hallo, ich steh vor dir«, begrüßte ich ihn barsch.
    Der Skiläufer nahm die Sonnenbrille ab, kaute auf dem Bügel herum und wirkte verlegen. »Na, hast du das Zeug?«, fragte er. Unter der städtischen Sprechweise schimmerte ein ländlicher Dialekt durch.
    »Nein. Es ist unterwegs.«
    Der Skiläufer kletterte in seinen Wagen und stellte den Motor ab. Er trank Wasser aus einer Plastikflasche, ließ sich von seinem hohen Sitz herab und warf die leere Flasche in einen metallenen Müllcontainer, an dessen Vorderseite Sondermüll stand. Ich merkte an, das ökologische Gleichgewicht in Tohmajärvi komme jetzt erheblich ins Schwanken, zumindest werde es Störungen beim Recycling geben. Eine Plastikflasche sei energetischer Abfall, das müsse er doch wissen. Der Skiläufer sah mich unsicher an, suchte in meinem Gesicht nach unterdrücktem Lachen oder wenigstens einem kleinen Lächeln als Signal dafür, dass ich einen Witz gemacht hatte. Ich blieb ernst.
    Ein alter weißer Mercedes-Kleintransporter erlöste den Skiläufer von seinem grünen Schuldgefühl. Der Motor lief stotternd. Mit großem Kraftaufwand rollte der Fahrer das Fenster herunter. Ich dachte mir, dass es leichter wäre, die Tür zu öffnen und einfach auszusteigen. Doch ich behielt den guten Rat für mich.
    »Viktor Nikolajewitsch?«, fragte der Mercedesfahrer, ein bereits ergrauter, untersetzter Mann mit Wurstfingern. Seine Miene war müde und irgendwie im Voraus enttäuscht, als sorge er sich bereits jetzt über die Probleme des morgigen Tages oder den Nachtfrost im nächsten Frühjahr.
    Ich bestätigte, der sei ich. Dann winkte ich den Skiläufer heran und sagte auf Finnisch und Russisch, der Bote habe vielleicht eine Ware für diesen Mann. Ich wollte das Zeug nicht anfassen, ich war kein Zwischenhändler.
    Der Mann im Kleintransporter nahm eine Packung in der Größe einer Pralinenschachtel vom Boden. Sie war in durchsichtige Plastikfolie gepackt und enthielt acht kleinere Pappschachteln.
    »Und das ist also dieses … Darbepoietin?«, vergewisserte sich der Skiläufer. Er wirkte übereifrig, als könne er es kaum erwarten, sich die erste Spritze zu setzen.
    »Na, das steht jedenfalls drauf«, sagte ich barsch. Ich mochte weder den Skiläufer noch den Hormonhandel. »Das Geld«, mahnte ich.
    »Ach ja, richtig.« Der Skiläufer erwachte aus seiner Verzückung. Er trug die Packung zu seinem Wagen, legte sie auf die Rückbank, überlegte es sich dann aber anders und versteckte die Hormone in einem herausziehbaren Kasten unter dem Fahrersitz.
    »Hier.« Er hielt mir einen Umschlag hin.
    »Nicht an mich«, erinnerte ich ihn, und er gab dem Fahrer des Kleintransporters den Umschlag. Der Grauhaarige rollte das Fenster hoch und setzte sorgsam zurück, nahm am Kreisverkehr die Straße zur Grenze.
    Ich riet dem Skiläufer, ebenfalls gleich abzufahren, aber in eine andere Richtung. »Und achte auf die richtige Dosierung«, spielte ich den Pharmazeuten.
    »Ja, ja. Er hat das Geld gar nicht nachgezählt«, wunderte sich der Skiläufer.
    »Nein. Wenn etwas fehlt, kommt er es sich holen. Nun fahr schon los, ich will hier nicht länger rumstehen. Und ruf mich nicht mehr an. Abgemacht.« Es war kein Vorschlag, sondern ein Befehl.
    »Okay, okay … danke. Und tschüss.«
    Der Skiläufer verzog sich in seinen Wagen und brauste forsch davon.
    Ich wartete noch eine Weile. Eine Zigarettenlänge, dachte ich wieder.
    Auf dem Parkplatz hielt ein Wagen. Ein Mann mittleren Alters stieg aus und ging in das Tankstellengebäude. DieFrau blieb sitzen. Sie war dunkelhaarig und schön und deutlich jünger als der Mann. Eine nach Tohmajärvi verheiratete Russin, dachte ich und spürte ein Stechen in der Brust, als ich mich an Julija erinnerte. Und an Bekari. Die Frau musterte mich prüfend, blätterte dann weiter in ihrer Illustrierten.
    Bald darauf kam der Mann mit Pizzakartons zurück. Er grüßte mich, als wären wir alte Bekannte.
    »Schönes Wetter. Morgen soll es sogar fast heiß werden. Aber die Nächte sind schon ziemlich kühl«, sagte er.
    Ich stimmte ihm zu.
    »Wie macht sich der Citroën? Es heißt ja, dass die ziemlich störanfällig sind. Gerade ist ein neues Modell herausgekommen, sieht ganz schön tückisch aus«, plapperte der Mann weiter.
    Ich sagte, ich hätte keine Probleme mit dem Wagen, bisher jedenfalls nicht. Der Mann wünschte noch einen schönen Tag,
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