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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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keine Männer aus Letherington kommen lassen, dafür reicht die Zeit nicht aus. Und es kann sein, dass sie nicht allein ist. Es könnte jemand bei ihr sein - und der ist bewaffnet.«

    Aber er hielt es für wahrscheinlicher, dass sie ihre Leiche finden würden und ihr Mörder sich längst aus dem Staub gemacht hatte.
    Er ging wieder in Hensleys Haus, weil er die Absicht hatte, Grace Letteridge in das Wäldchen mitzunehmen. Falls dort etwas nicht stimmte, wollte er sie in Reichweite haben.
    Sie war da, stand zitternd in der Tür und hatte ihren Blick auf das Haus gegenüber gerichtet.
    »Wo ist Mrs. Channing?«
    »Sie ist ins Haus gegangen. Sie hatte das Gefühl, jemand müsste verletzt sein. Sie wollte helfen.«
    »Der Teufel soll sie holen!«
    Hatte sie das Blut in der Eingangshalle gesehen und voreilige Schlussfolgerungen gezogen oder war sie in den Keller von Mrs. Ellisons Haus gestiegen, um Leichen zu suchen?
    Er überquerte die Straße und rief vor Mrs. Ellisons Haustür: »Mrs. Channing?«
    Sie antwortete ihm leise und in ihrer Stimme schwang eine Warnung mit. Dort stimmte etwas nicht. »Ian? Könnten Sie bitte in die Küche kommen?«

34.
    Rutledge stand in der Tür und erwog seine Möglichkeiten. Aber er hatte keine. Ihm blieb gar nichts anderes übrig als auf Mrs. Channings Warnung zu vertrauen.
    Hamish wütete in seinem Hinterkopf und drängte ihn, bloß niemandem zu trauen.
    Er betrat das Haus, lief mit sicheren Schritten durch das Esszimmer zur Küche und bemühte sich gar nicht erst, sein Näherkommen zu verbergen. Und dann öffnete er die Tür, die zur Küche führte.
    Mrs. Channing stand mit dem Rücken zum Herd und hatte ihr Gesicht der Kellertreppe zugewandt. Sie sah ihn nicht an. Ihre Aufmerksamkeit galt etwas, das er nicht sehen konnte.
    Rutledge ging langsam auf die Kellertür zu und fand sich Frank Keating gegenüber, der Mrs. Ellison ein Küchenmesser an die Kehle hielt. Ihr Gesicht war weiß, ihre Augen weit aufgerissen und verzweifelt.
    Eine Hand blutete, als hätte sie versucht, sich zu schützen. Meredith Channing hatte ihr ein Geschirrtuch gegeben, damit sie es um die Wunde wickeln konnte. Blut sickerte durch das Tuch.
    In Kent war es zu einer Geiselnahme gekommen. Aber er war gut auf die Situation vorbereitet gewesen und der dortige Inspector hatte die Beteiligten gekannt und wusste, womit zu rechnen war und wie man sich dem zornigen Mann am besten näherte. All das war sehr hilfreich gewesen. Hier war er auf sich allein gestellt.

    Frank Keating war nicht zornig. Von ihm ging eine Kälte aus, die bei Weitem gefährlicher war. Er roch nach Alkohol, und die Luft in der Küche war dick von schalem Bier und zu viel Whiskey in seinem Atem, aber falls er am früheren Abend tatsächlich betrunken gewesen war, dann war er es jetzt mit Sicherheit nicht mehr.
    »Keating. Was bedeutet sie Ihnen? Ihnen kann doch egal sein, was sie getan hat.«
    »Waren Sie schon in diesem Keller, Rutledge?«
    »Ja.« Seine Stimme klang betont ruhig, und seine Arme hingen weiterhin lässig an seinen Seiten hinunter. Er erhaschte einen flüchtigen Blick auf Mary Ellisons Gesichtsausdruck, während er Keating antwortete, und entdeckte dort eine Trostlosigkeit, die sogleich wieder überspielt wurde.
    »Dann wissen Sie ja, was sich dort unten verbirgt.«
    »Ich glaube es zu wissen. Ja.«
    »Fragen Sie mich nicht, was diese Frau mir bedeutet. Sie haben geschrieben, Sie hätten keine Beweise. Ich habe den Beweis für Sie gefunden.«
    »Keating - ich habe inzwischen ein Beweisstück. Deshalb war ich in Northampton. Jetzt habe ich es vorliegen. Sie hätten das nicht zu tun brauchen.«
    »Tischen Sie mir keine Lügen auf. Welche Beweise könnte man in Northampton finden? Hier im Keller sind sie, Ihre Beweise, nicht in Northampton!« Er bewegte das Messer, und die scharfe Spitze berührte jetzt Mary Ellisons Kehle.
    »Sagen Sie es ihm. Sagen Sie ihm, was Sie getan haben!«
    »Keating«, setzte Rutledge an. »Ein erzwungenes Geständnis kann ich nicht geb…«
    »Sagen Sie es ihm!«
    Aber Mary Ellison stand mit dem Messer an der Kehle da und sagte kein Wort.
    »Es sind Zeugen anwesend, Rutledge. Sie und Mrs. Channing. Und ich. Und der Beweis ist dort unten.« Er riss
seinen Kopf zum Keller herum. »Wenn sie nicht reden will, werde ich dafür sorgen, dass sie trotzdem stirbt, ich schwöre es!«
    »Dafür wird man Sie hängen.«
    »Was ändert das schon für mich? Ich bin bereits ein Toter. Welchen Unterschied könnte das für
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