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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster
Autoren: Jodi Picoult
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die Laune der Natur zu bestaunen.

    »Pennys.« Curtis Warburton drehte die Münzen, die Ross ihm gegeben hatte, in der Hand. »Sonst noch was?«
    Ross schüttelte den Kopf. Drei Stunden waren vergangen, und selbst bei einem wütenden Gewitter draußen, das reichlich Energie lieferte, war die paranormale Aktivität bestenfalls minimal gewesen. »Einmal hab ich gedacht, ich hätte was gesehen, aber das war dann doch nur ein Rauchmelder ganz hinten im Speicher.«
    »Tja, ich hab nicht das Geringste gespürt«, seufzte Curtis. »Wir hätten besser den Fall in Buffalo nehmen sollen.«
    Ross steckte eine Filmkassette zurück in ihre Hülle und schob sie sich in die Tasche. »Übrigens, die Frau, Eve, sie hat eine kleine Schwester erwähnt, die gestorben ist, als sie sieben Jahre alt war.«
    Curtis sah ihn an. »Interessant.«
    Die beiden Männer gingen nach unten. Maylene saß mit einem Infrarotthermometer auf der Couch im dunklen Wohnzimmer. »Hast du was?«, fragte Curtis.
    »Nein. Dieses Haus ist ungefähr so aktiv wie ein Komapatient.«
    »Wie läuft’s?«, mischte Eve O’Donnell sich ein. Sie stand in der Tür zum Wohnzimmer, eine Hand am Kragen ihres Bademantels.
    »Ich denke, wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass Sie nicht allein im Haus sind. Die hier …«, Curtis hielt ihr die Pennys hin, die Ross ihm gegeben hatte, »hab ich oben gefunden.«
    »Ja … manchmal liegen da Münzen rum. Das habe ich Ross erzählt.«
    »Ach ja?«
    Ross drehte sich stirnrunzelnd um. Doch bevor er Curtis fragen konnte, warum er sich dumm stellte, sprach sein Boss schon weiter. »Geister treiben manchmal ihren Schabernack. Vor allem der Geist eines Kindes, beispielsweise.«
    Ross spürte die Anspannung in der Luft, als Eve O’Donnell ihr ganzes Vertrauen in Curtis setzte. »Ich muss Ihnen sagen«, fuhr Curtis fort, »dass ich hier sehr starke Einflüsse spüre. Es gibt eine Präsenz, aber es ist jemand, den Sie kennen, jemand, der Sie kennt.« Curtis neigte den Kopf zur Seite und zog die Stirn kraus. »Es ist ein Mädchen … ich spüre, dass es ein Mädchen ist, und ich empfange eine Zahl … sieben . Hatten Sie vielleicht eine jüngere Schwester, die verstorben ist?«
    Ross stand wie angewurzelt da. Ihm war eingeschärft worden, sich stets vor Augen zu halten, dass es sich bei 85Prozent der Fälle, die sie untersuchten, um Schwindeleien von Leuten handelte, die entweder ihre Zeit vergeuden, ins Fernsehen kommen oder beweisen wollten, dass die Beschäftigung mit übersinnlichen Phänomenen alles andere als eine Wissenschaft war. Er wusste schon nicht mehr, wie oft sie in einer stöhnenden Wand versteckte Lautsprecher gefunden hatten oder wie oft an einem wackelnden Kronleuchter eine Angelschnur befestigt gewesen war. Aber er hätte nie gedacht, dass auch die Warburtons eine Show abzogen.
    »Es würde natürlich zusätzliche Kosten bedeuten«, sagte Curtis gerade, »aber ich denke, hier eine Séance abzuhalten wäre angebracht.«
    Ross dröhnte der Schädel. »Curtis, könnte ich Sie kurz sprechen?«
    Sie zogen ihre Mäntel über und gingen nach draußen unter das Garagenvordach, während der Regen niederprasselte. »Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund dafür«, sagte Curtis. »Ich hatte sie praktisch schon am Haken, als Sie mich unterbrochen haben.«
    »Ich glaube nicht, dass es hier einen Geist gibt. Das mit der Schwester wissen Sie doch nur von mir.«
    Curtis zündete sich eine Zigarette an. Die Spitze glimmte wie ein rotes Auge. »Na und?«
    »Sie können die Frau doch nicht anlügen, nur um ein paar Dollar zu verdienen und ihre Reaktion zu filmen.«
    »Ich erzähle den O’Donnells bloß das, was sie hören wollen. Die beiden glauben, dass sie einen Geist im Haus haben. Sie wollen glauben, dass sie einen Geist im Haus haben. Selbst wenn wir heute Nacht nicht viel Aktivität empfangen, heißt das nicht, dass kein Geist da ist. Vielleicht hält er sich bloß bedeckt, weil Besuch da ist.«
    »Es geht hier nicht bloß um irgendeinen Geist«, sagte Ross mit bebender Stimme. »Es geht um jemanden, der ihr etwas bedeutet hat.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so ein Purist sind. Ich dachte, Sie wüssten inzwischen, wie die Sache läuft.«
    »Ich weiß allerdings, wie die Sache läuft. Ich wusste nur nicht, dass das alles Schwindel ist.«
    Curtis schleuderte die Zigarette auf den Boden. »Ich bin kein Schwindler. Der Geist meines Großvaters ist mir erschienen, Ross. Ich habe sogar ein Foto von ihm gemacht, wie er
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