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Zeit der Finsternis

Zeit der Finsternis

Titel: Zeit der Finsternis
Autoren: Tanja Rauch
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die Verbindung zu den anderen zu erhalten.
Als ich so über Tamaras besondere Fähigkeit nachdachte, wurde mir plötzlich eiskalt!
Ein fürchterlicher Verdacht beschlich mich und befiel meine Gedanken, wie ein sich rasend schnell ausbreitender Virus!

Zitternd fummelte ich mein Handy aus der Hosentasche und suchte nach der Nummer des Flughafens in Madrid. Die Dame am Ende der Leitung bestätigte mir freundlich die Buchung eines Direktfluges nach New York City und ich legte auf. So schnell ich konnte, rannte ich zurück zum Hotel und warf die wichtigsten Sachen in meinen kleinen Koffer. Ein Glück, dass Tamara und ich gestern Nachmittag noch jagen gewesen waren. Hungrig ins Flugzeug zu steigen, würde mir jetzt absolut nicht in den Kram passen. Ich ließ den Mietwagen an den Eingang des Hotels vorfahren und warf meinen Koffer auf den Beifahrersitz. Kaum saß ich hinter dem Steuer, trat ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und schoss aus der Einfahrt. Im Rückspiegel sah ich noch das verdutzte Gesicht des Parkwächters.

Zweieinhalb Stunden später erreichte ich endlich den Flughafen von Madrid. Am Gate musste ich noch eine Stunde warten, dann wurde endlich zum Boarding des Fluges 743 nach New York aufgerufen. Die Stunde zog sich endlos dahin.
Ich stand die gesamte Wartezeit am Fenster und starrte auf die Start- und Landebahn. Äußerlich wirkte ich ruhig, doch in meinem Inneren tobte es. Wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag, war Tamaras Leben ernsthaft in Gefahr - wenn sie denn noch am Leben war! Ich musste schlucken und meine Augen brannten.

Im Flugzeug wurde es noch schlimmer. Zwar hatte ich First Class gebucht und musste zum Glück nicht zwischen hundert Menschen eingepfercht sitzen, doch die schrecklichen Gedanken, die in meinem Kopf wüteten und meinen Verstand lähmten, konnte mir niemand nehmen.
Auch nicht die überfreundliche, rothaarige Flugbegleiterin, die dank meiner Erscheinung alle zehn Minuten nach dem Rechten fragte. Ich lächelte, nickte und bestellte mir Alkohol - viel Alkohol! Der konnte mich wenigstens ein bisschen betäuben und das war genau dass, was ich gerade brauchte. Ich wollte nur eins - den Schmerz über Tamaras Verschwinden lindern.
Es fühlte sich an, als ob man mir ein Bein oder einen Arm abgesägt hatte. Ich fühlte körperliche und seelische Schmerzen. Also trank ich mich quer durch das alkoholische Sortiment, dass die Crew für einen sechsstündigen Flug aufgefahren hatte.
Die Stewardess stand brav sofort parat, sobald mein Glas leer war. Als sie sich allerdings zu wundern begann, warum ich nicht sternhagelvoll wurde (das muss so nach meinem sechzehnten Glas Whiskey gewesen sein) befahl ich ihrem Verstand, jedes Mal sofort zu vergessen, dass sie mir nachgeschenkt hatte.

Endlich, nach 5 Stunden, 46 Minuten und 38 Sekunden ertönte das erlösende "Ping" der Anschnallleuchte über mir und eine angenehme Frauenstimme aus dem Lautsprecher informierte uns, dass wir uns nun im Landeanflug auf den JFK-Airport in New York City befanden. Ich stürzte den letzten Schluck aus meinem Glas hinunter, ehe die Rothaarige kam, um das restliche Geschirr einzusammeln. Mit einem strahlenden Lächeln nahm sie mir mein Getränk aus der Hand und wackelte davon, um ihren Geschirrwagen aufzuräumen, ehe auch sie auf einem der Behelfssitze Platz nahm und sich anschnallte.

Kaum war das Fugzeug am Boden und endlich zum Stehen gekommen, war ich schon auf den Beinen und zerrte meinen Koffer hinter mir her. Ich stand als Erster vor der verschlossenen Kabinentür und trippelte von einem Bein aufs andere, bis Rotschopf endlich kam und die Tür öffnete. In Windeseile sauste ich durch die Gangway in das Flughafengebäude und folgte den Schildern zur Autovermietung.
Ich lief gerade an den Toiletten vorbei, als mich eine ungeheure Kraft zu packen schien und in die Herrentoilette bugsierte. Bevor ich überhaupt zum Nachdenken kam, blickte ich in ein altbekanntes, grimmig dreinschauendes Gesicht.

Vor mir stand Andrew, die Hände vor der Brust verschränkt und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
Mist! Der Alkohol hatte meine Sinne so betäubt, dass ich Benjamin nicht kommen gehört hatte. Er musste mich gepackt und durch die Tür gezerrt haben. Jetzt stand er neben mir und hielt mich mit stählernem Griff an der Schulter fest.
Ich wollte gerade abwehrend die Arme heben, als ich einen schmerzhaften Stich spürte und zusammenzuckte. Meine Glieder wurden schwer wie Blei und ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen
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