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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens
Autoren: Cecelia Ahern
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leer – aus seiner Mappe zurück und verkündete etwas niedergeschlagen: »Patterson Developments.«
    Verärgert nahm Lou die Verwirrung über die Stockwerknummerierung zur Kenntnis. Es war sein Vorschlag gewesen, dass es auf dem Bedienfeld keinen Knopf mit einer Dreizehn geben sollte, aber natürlich existierte der dreizehnte Stock trotzdem. Zwischen dem zwölften und dem vierzehnten Stock war ja keine Lücke, kein luftleerer Raum. Der vierzehnte Stock kauerte auch nicht auf irgendwelchen unsichtbaren Mauersteinen. Genau genommen
war
der vierzehnte Stock der dreizehnte, und dort lag auch Lous Büro. Man nannte diesen Stock nur nicht bei seinem Namen, sondern bezeichnete ihn als vierzehnten. Warum das die Leute häufig so durcheinanderbrachte, konnte Lou nicht nachvollziehen. Für ihn war die Sache sonnenklar. So stieg er im vierzehnten Stock aus, trat auf den Korridor, und sofort versanken seine Füße in dem dicken weichen Plüschteppich.
    »Guten Morgen, Mr Suffern«, begrüßte ihn seine Sekretärin, ohne von ihren Papieren aufzublicken.
    Er blieb an ihrem Schreibtisch stehen und sah sie verwundert an. »Alison, nennen Sie mich doch bitte Lou, wie immer.«
    »Selbstverständlich, Mr Suffern«, erwiderte sie munter, wich aber gezielt seinem Blick aus.
    Dann stand sie auf, um etwas zu holen, und Lou versuchte, einen Blick auf ihre Schuhe zu erhaschen. Als sie zurückkam, stand er immer noch an ihrem Schreibtisch, aber sie weigerte sich weiterhin, ihm in die Augen zu sehen, setzte sich rasch und begann eifrig zu tippen. So unauffällig wie möglich bückte sich Lou, als wollte er seine Schnürsenkel binden, spähte dabei aber verstohlen unter Alisons Schreibtisch.
    Alison runzelte die Stirn und schlug ihre langen Beine übereinander. »Alles in Ordnung, Mr Suffern?«
    »Nennen Sie mich Lou«, wiederholte er, immer noch verwundert.
    »Nein«, gab sie ziemlich barsch zurück und sah schnell wieder weg. Dann griff sie nach dem Kalender, der auf ihrem Schreibtisch lag. »Sollen wir die heutigen Termine durchgehen?«, fragte sie, stand auf und kam um den Schreibtisch herum.
    Enganliegende Seidenbluse, enger Rock. Sein Blick wanderte über ihren Körper, bis er schließlich bei den Schuhen landete.
    »Wie hoch sind die?«
    »Warum?«
    »Zwölf Zentimeter?«
    »Keine Ahnung. Wer misst Absätze denn so genau?«
    »Weiß ich nicht. Manche Leute. Gabe zum Beispiel«, {48 } erklärte er lächelnd, während er ihr in sein Büro folgte und dabei ihre Schuhsohlen nicht aus den Augen ließ.
    »Wer zum Teufel ist denn Gabe?«, brummte sie.
    »Gabe ist ein Obdachloser«, lachte Lou.
    Als sie sich umdrehte, um ihrem Befremden Ausdruck zu verleihen, erwischte sie ihn dabei, wie er sie mit seitlich geneigtem Kopf betrachtete. »Sie starren mich genauso an, wie sie sonst immer die Gemälde an der Wand anstarren«, bemerkte sie frech.
    An den Wänden hing moderner Impressionismus, den Lou noch nie besonders gemocht hatte. Trotzdem blieb er regelmäßig davor stehen und starrte die Bilder an, aber sosehr er sich auch anstrengte, was er auf der Leinwand sah, blieben einfach nur Kleckse, Spritzer und Striche. Vermutlich hatte der Maler gute Gründe und wollte etwas damit ausdrücken. Aber nach Lous Meinung hätte man sie genauso gut umgekehrt aufhängen können, und er wäre daraus auch nicht schlauer geworden. Manchmal dachte er daran, wie viel Geld für derartige Kunstwerke ausgegeben wurde – und verglich die Gemälde dann insgeheim mit den Bildern, die bei ihm zu Hause am Kühlschrank hingen. Heimkunst seiner Tochter Lucy. Mit schiefgelegtem Kopf – wie vorhin bei Alison – schien er ganz in die Betrachtung versunken, hing aber in Wirklichkeit nur dem Verdacht nach, dass es irgendwo auf der Welt eine Kindergärtnerin gab, die Millionen scheffelte, während ihre vierjährigen Schutzbefohlenen mit Farbe an den Fingern und konzentriert in den Mundwinkel geklemmter Zunge hart für sie arbeiteten und anstelle ihrer rechtmäßigen Beteiligung hier und da ein paar Gummibärchen zugesteckt bekamen.
    »Haben Sie vielleicht rote Schuhsohlen?«, fragte er {49 } Alison, während er zu dem riesigen Ledersessel ging, in dem problemlos eine vierköpfige Familie Platz gefunden hätte.
    »Warum, bin ich in was reingetreten?« Auf einem Fuß balancierend kontrollierte Alison ihre Schuhsohlen, und Lou musste unwillkürlich an einen Hund denken, der seinen Schwanz jagt.
    »Nein, nein, vergessen Sie’s.« Müde ließ er sich an seinem Schreibtisch
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