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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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umdrehst, hast du den Zenit überschritten. In zwanzig Jahren wird es eine Fernsehserie über uns geben: Die Sliškos. So wie Die Sopranos. Aber ich werde dann wahrscheinlich so aussehen wie unser Freund Shaking Trigger, mit Dauerwelle und dauernd auf Viagra.
    Munita sage ich immer, dass es mir bei dieser Sixpack-Geschichte um die Umwelt geht. Ich möchte in dieser ohnehin schon lauten Stadt einfach keine unnötigen Schüsse abfeuern. Das habe ich ihr bei unserem dritten Date gesagt, nachdem sie mich zum dritten Mal gefragt hat, was ich beruflich mache. Um sie zu einem vierten Date zu bekommen, musste ich ihr vier Wochen hinterhertelefonieren und einen kleinen Einbruch machen.
    Sorry, ganz vergessen: Ein packer zu sein, bedeutet, dass man ein Sixpack geschafft, also mit sechs aufeinanderfolgenden Schüssen je einen unter die Erde gebracht hat. Sechs Kugeln, sechs Beerdigungen. Mit flennenden Witwen, Blumen und allem.
    Dikan hätte mich längst befördern sollen, aber der Sack ist störrischer als ein Esel mit Kopfschmerzen. Das Einzige, was dieser Fingerlutscher sagt, ist:
    »Toxic ist ein verlässlicher Kellner. Die Leute sind bedient.«
    Ich freue mich schon darauf, wenn von Bilič der Befehl kommt, den Fingerlutscher umzulegen. Sein Spitzname kommt übrigens daher, dass er seine kurzen fetten Finger nach jeder Mahlzeit ablutscht.
    Wir versuchen, so unauffällig zu sein, wie es geht. M WA ist unsere Spezialität: Möglichst Wenig Aufsehen. Daher bemühe ich mich, meine Aufträge im privaten Rahmen abzuwickeln; bei den Leuten zu Hause, im Auto oder im Hotel. Am liebsten ohne Zeugen. Wenn das nicht klappt, laden wir das Opfer auch gern mal zum Essen in unser Restaurant ein. Zum letzten Abendmahl, wie wir immer sagen. Nach dem Essen präsentiere ich dem Gast eine Rechnung, die so hoch ist, dass er sie nur mit seinem Leben begleichen kann. Dann geleiten wir ihn in ein spezielles Hinterzimmer, das Rotes Zimmer heißt, obwohl es grün gestrichen ist.
    Im The Zagreb Samovar gibt es keine Stammgäste.
    Ehe ich es vergesse: Der Name von dem Laden ist komplett bescheuert, ein Samowar ist eine Teemaschine, die nicht das Geringste mit kroatischer Kultur zu tun hat, aber Dikan findet gerade das total smart.
    »Sich dumm stellen, ist die beste Tarnung«, sagt er dauernd.
    Obwohl ich in unserer Hierarchie immer noch ziemlich weit unten stehe, kann ich mich nicht beklagen. Die Bezahlung ist gut und das Essen natürlich auch. Ich habe eine fantastische Wohnung auf der Wooster Ecke Spring, eine Immobilie, für die Munita sich niederlegt. Ich liebe dieses Noisy York, obwohl ich meine Heimat natürlich an jedem einzelnen Scheißtag vermisse. Doch seit wir vor einigen Monaten ein bisschen an der Kabelbox herumgeschraubt haben, kann ich nun wenigstens HRT und Hajduk Split auf meinem Flachbildfernseher sehen. Meine Mutter ruft jedes Jahr an und fragt, wann ich wieder zu studieren anfange. Das ist kroatischer Slang für »Geld alle«. Sobald sie auflegt, überweise ich ihr über das Internet zweitausend Dollar, und dann habe ich ein Jahr Ruhe.
    Sie lebt allein mit meiner kleinen fetten Schwester. Mein Bruder und mein Vater sind im Krieg gestorben. Meine Vorfahren väter- und mütterlicherseits waren Jäger. Mein Opa war der Oberjäger von Tito. Und Tito war das Oberhaupt meines ehemaligen Vaterlandes, Jugoslawien. Das kurz nach ihm gestorben ist wie eine alte trauernde Witwe. Tito liebte Braunbären. Besonders tote. Einen Bären habe ich zwar nie geschossen, aber zur Wildschweinjagd hat mein Vater mich als Junge oft mitgenommen. »Mit den Wildschweinen ist es wie mit den Frauen. Du darfst nie so tun, als hättest du auch nur das geringste Interesse an ihnen. Wir warten hier einfach nur so.« Auch mein Vater war ein waiter.
    Und auch ich verstehe mich als Jäger. Ich lebe davon, Schweine zu erschießen.
     

2. VERKACKT
    Nun habe ich ein Problem. Zum ersten Mal im Laufe meiner makellosen Karriere. Unser Firmenwagen überquert die Williamsburg-Bridge, Manhattan im Rückspiegel, und ich sitze hinten, habe Munita im Ohr, ihren Körper im Kopf und meine Augen auf den Nacken von Radovan gerichtet, unserem altgedienten Fahrer. Kaum eine Kugel würde durch seinen Stiernacken hindurchkommen. Die Abendsonne wirft Wolkenkratzerschatten auf die blaugrüne Oberfläche des Flusses.
    »Ich werde dich so vermissen, Schatz«, flüstert sie mir von ihrem Schreibtisch im 26. Stock des Trump Towers zu. Keine zwei Jahre ist es her, dass sie angefangen hat,
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